Klimaschutz

Linke Perspektiven für die Zukunft Berlins

Klimatagung 07. Juni 2008 , Max-Taut-Schule

Thesen der LAG Umwelt der LINKEN Berlin

Der Klimawandel und die daraus erwachsenden globalen Probleme machen die Energie- und Klimaschutzpolitik zum Schwerpunkt der Umweltpolitik auch in Berlin. Klimaschutz und Klimafolgenmanagement können nicht auf später vertagt werden. Nachhaltigkeit als Leitlinie der Stadtpolitik erfordert auch von den Linken eine aktive Klimaschutzpolitik in allen Politikfeldern und folgt dem Beschluss zur Lokalen Agenda 21 Berlin von 2006.

Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit
Die Lebensqualität in der sozialen Metropole Berlin wird wesentlich von der Umweltqualität bestimmt und kann auf Dauer nur erhalten und verbessert werden, wenn die Stadt ihrer Verantwortung auch im Klimaschutz genügt. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit sind kein Gegensatz. Die Balance herzustellen und zu wahren ist auch Voraussetzung für eine breite gesellschaftliche Akzeptanz notwendiger Veränderungen. Deshalb muss bei allen umweltpolitischen Forderungen und Aktivitäten auf Sozialverträglichkeit geachtet werden. Dies bedeutet zum Beispiel, dass bei der ökologischen Umgestaltung des Stadtverkehrs die Mobilität aller – vorrangig mit umweltfreundlichen Verkehrsträgern – gesichert werden muss. Auch die notwendige energetische Sanierung von Wohngebäuden darf nicht zu Lasten der Mieterinnen und Mieter forciert werden. Es sind zum Ausgleich von zusätzlichen Belastungen geeignete Instrumente zu entwickeln. Tarife für Strom, Wärme, Wasser etc. müssen gleichermaßen Anreize zum sparsamen Gebrauch bieten und sozialverträglich sein.

Klimaschutz und Stadtpolitik
Berlin hat national und international eine Vorreiterrolle im Klimaschutz erreicht, die es zu behaupten und auszubauen gilt. Berlin als Stadtstaat muss im Klimaschutz in erster Linie auf Energieeinsparung setzen. Die größten Potenziale liegen in der energetischen Gebäudesanierung, in einer effizienten und umweltschonenden Energieerzeugung sowie in der Stadtplanung und Verkehrsgestaltung.

Mit dem Landesenergieprogramm von 2006 liegt ein Konzept vor, das bundespolitischen Vorgaben und EU-rechtlichen Anforderungen nicht nur genügt, sondern darüber hinaus geht. Die ehrgeizige Zielstellung, den CO2-Ausstoß in Berlin bis 2010 um 25% – gemessen am Niveau von 1990 – zu reduzieren, ist erreichbar (Stand 2005: rd. 20%). , erfordert aber verstärkte Anstrengungen in den oben genannten Bereichen. Im nächsten Schritt muss bis 2020 die CO2-Einsparung mindestens 40% betragen.

Klimaschutz und Zukunftstechnologien
Klimaschutz ist schon heute ein Motor für Wirtschaft und Beschäftigung in Berlin.
Deshalb ist die weitere und verstärkte Förderung von Umwelttechnologien ein zentrales Handlungsfeld der Klimaschutzpolitik. Ein neues Kompetenzfeld Energie und Umwelt soll die Technologiepolitik Berlins ergänzen. Die Instrumente der Technologieförderung, der Wirtschaftsförderung und der Umweltförderung müssen gebündelt werden, um größere Erfolge in den Bereichen Solartechnik, Energieeffizienz, dezentrale Energieerzeugung, energetische Gebäudesanierung und innovative Verkehrskonzepte zu erreichen. Dies ist Voraussetzung für die breite Anwendung neuer Technologien zu gesellschaftlich tragfähigen Kosten. Die vorhandenen Kapazitäten der Berliner Forschungs- und Wissenschaftslandschaft sind stärker als bisher in die Entwicklung von modernen und nachhaltigen Technologien einzubeziehen.

Klimaschutz und energetische Gebäudesanierung
Mehr als ein Drittel des Energieverbrauchs entfällt in Berlin wie in allen hoch verdichteten städtischen Regionen auf den Gebäudesektor, insbesondere auf die Raumheizung. Deshalb ist es eine vordringliche Aufgabe, die energetische Gebäudesanierung voranzubringen. Im Wohnungsbestand, vor allem in den Großsiedlungen, sind hier bereits durch Bundesförderprogramme, wie z. B. Stadtumbau-Ost, beachtliche Erfolge erreicht worden. In Zukunft müssen zudem verstärkt öffentliche und private Investitionen in den gesamten Gebäudebestand fließen. Dazu bedarf es aus Sicht der LINKEn weiterer Programme zur besseren Finanzierung durch die Bundesministerien. Bei der energetischen Gebäudesanierung haben Hauseigentümerinnen und –eigentümer, Vermieterinnen und Vermieter eine besondere Verantwortung, der sie sich auch bewusst sein müssen. Die gesetzlichen Anforderungen für die Nutzung erneuerbarer Energien müssen sowohl für Neubauten, als auch für den Gebäudebestand gelten.

Klimaschutz und Energieerzeugung
Berlin ist die internationale Hauptstadt der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Die Erzeugung von Strom und Nutzung der dabei entstehenden Wärme ist die effizienteste und damit auch eine umweltschonende Technologie der Energiegewinnung. Durch das bestehende Fernwärmenetz, durch zahlreiche dezentrale KWK-Anlagen und damit verbundene Nahwärmenetze hat Berlin hier besonders gute Ausgangsbedingungen.
Die Energie der Zukunft muss mit deutlich weniger CO2-Emissionen erzeugt werden als heute. Deshalb sind Alternativen zum in Rede stehenden Steinkohlekraftwerk unumgänglich.
Bei Investitionsentscheidungen mit einer Reichweite von mindestens 40 Jahren kann heute seriös nicht mehr auf stark emittierende fossile Brennstoffe gesetzt werden. Zum einen sollte dieser Zeitrahmen ausreichen, um den Energiebedarf deutlich zu reduzieren und die regionale Energieversorgung auf regenerative Quellen umzustellen und die fossilen Rohstoffe vorrangig in der Industrie einzusetzen. Zum anderen ist die Technologie der Steinkohlekraftwerke weiterhin durch hohen Schadstoffausstoß und niedrige Energieeffizienz geprägt. Das fälschlicherweise so genannte CO2-freie Kraftwerk (CO2 wird herausgelöst und deponiert) ist technologisch noch nicht ausgereift, wissenschaftlich in seiner Wirkungsweise umstritten, hat einen bis zu 30% höheren Energiebedarf und die Risiken der Deponierung sind bisher nicht eingegrenzt. Insofern ist es keine Alternative und führt in die Sackgasse. Auch für die Variante Einsatz von Erdgas sind mittelfristig Lösungen für die bei der Verbrennung wesentlich geringeren anfallenden CO2-Mengen zu finden, z. B. durch Einsatz von Biogas.

Die Nutzung erneuerbarer Energien muss deutlich ausgeweitet werden. Das Vorhaben der BSR, Biogasanlagen zu errichten, um biogene Abfälle besser zu verwerten, ist ein Beitrag in diese Richtung. Ebenso die Absicht, mehr Dächer mit Solaranlagen auszustatten als bisher. Mit der Genehmigung und Fertigstellung der ersten Windkraftanlage auf Berliner Stadtgebiet beweisen Politik und Wirtschaft in Berlin, dass frühere Hemmnisse überwunden werden können. Neue Erkenntnisse über weitere Technologien wie z. B. auf dem Gebiet der Geothermie sind in Berlin kurzfristig umzusetzen.
Berlin und Brandenburg sind auch eine gemeinsame Energieregion. Die Potenziale erneuerbarer Energien in der Region müssen verstärkt genutzt werden. Das Volksbegehren gegen die weitere Nutzung von Braunkohle in Brandenburg verfolgt daher das richtige Ziel und wird von den Linken beider Länder unterstützt.

Klimaschutz und Stadtplanung
In den Industrieländern können Städte durch ihre Nutzungsdichte zu klimafreundlichsten Lebensräume der Menschen entwickelt werden. Ökologische Planungs- und Bauleitlinien wie sparsamer Flächenverbrauch, gemischte Nutzungen und dadurch kurze Wege, vernetzte Landschaftsräume und Schutz der Artenvielfalt, lokale Ressourcennutzung und umweltverträgliche Verkehrsgestaltung sind in Berlin seit langem Aufgaben in der Stadtentwicklung. Bei der künftigen Gestaltung der zu schließenden Flughäfen Tempelhof und Tegel, sowie des Areals rund um den Hauptbahnhof müssen diese Standards weiterentwickelt werden, um CO2-arme Stadtteile anzustreben.
Städte sind Wärmeinseln, umso wichtiger sind Luftreinhaltung und –verbesserung sowie ausreichend Grünflächen für gutes Stadtklima. Die Renaturierung von Brachen, der Schutz, die Pflege und Erweiterung des städtischen Baumbestandes, die Sicherung von Kleingartenanlagen sind wichtige Beiträge zum Klimaschutz in der Stadt. DIE LINKE setzt sich für die Ausarbeitung und Umsetzung eines Stadtentwicklungsplans „Grün“ ein, der diese Aspekte berücksichtigt. Die biologische Artenvielfalt ist für das Leben in der Stadt unverzichtbar. Ausgewiesene FFH-Gebiete sind auf die Durchsetzung der Schutzmaßnahmen zu untersuchen und weitere Ausweisungen zu prüfen.

Klimaschutz und Verbraucherverhalten
Nachhaltiges Konsumverhalten muss nicht zum Verzicht auf Lebensqualität führen. Hier müssen Bildung, Information und das Aufzeigen von Alternativen ansetzen. Unabdingbar ist die Verbindung ökonomischer Anreize mit ökologischen Zielen. Energiekosten für Wohnen und Haushaltsgeräte, individuelle Mobilität und Kaufverhalten bei Lebensmitteln, Konsumgütern und Dienstleistungen sind für Verbraucherinnen und Verbraucher zentrale Alltagsfragen. Hier können die Aufgaben der Verbraucherberatung und des Verbraucherschutzes mit den Zielen des Klimaschutzes verbunden werden.

Klimaschutz und nachhaltige Bildung
Lebensgewohnheiten werden früh erworben und sind schwer zu korrigieren. Kinder und Jugendliche sind zugleich die besten Botschafter und wichtigste Zielgruppe für nachhaltige Bildung. Ihre Zukunft wird davon abhängen, wie es gelingt alternative Verhaltensmuster zu etablieren und damit auch stärkeren Handlungsdruck für Unternehmen und Politik zu erzeugen. Hier sind Eltern, Erzieher/-innen und Lehrer/-innen, genauso wie Medien- und Freizeitanbieter/-innen in der Verantwortung. Dazu gehört auch die Sicherung einer umfassenden Aus- und Weiterbildung als Instrument zur Umsetzung einer lebenslangen Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Alternative Lebensweisen müssen nicht nur vernünftig sein und als solche vermittelt werden, sie müssen auch Spaß machen. Vielfältige Nachhaltigkeits- und Umweltbildungsprojekte in Kitas und Schulen aller Art, das jährliche Umweltfestival und weitere lokale Initiativen bilden dafür eine sehr gute, ausbaufähige Grundlage.

Klimaschutz braucht Partner
Die Politik setzt rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen für den Klimaschutz im öffentlichen Bereich, in der Wirtschaft und bei Privathaushalten. Die öffentliche Hand muss Vorbild sein – z.B. bei ihren Fahrzeugen und bei der Beschaffung. Sie kann darüber hinaus die Umsetzung der gesetzten Ziele durch Kooperationen und verbindliche Vereinbarungen forcieren. Die im letzten Jahr abgeschlossenen Klimaschutzvereinbarungen mit der GASAG, der BSR und der öffentlichen Wohnungswirtschaft sind Beleg dafür und Vorbild für weitere Vereinbarungen, z.B. mit der BVG, den Wasserbetrieben und der Messe GmbH. Der Ausbau von Umweltpartnerschaften mit der Wirtschaft und die Verbesserung des betrieblichen Umweltmanagements sind auch wichtige Förderziele im Rahmen des mit EU- und Landesmitteln finanzierten Umweltentlastungsprogramms.

Klimafolgenmanagement als Zukunftsaufgabe
Für die Aufgabe, die lebensbedrohenden Auswirkungen des Klimawandels zu mindern, bedarf es eines regionalen Klimafolgenmanagements.
So erfordern z.B. neue Gesundheitsrisiken, die Gefährdung guter Lebensbedingungen in der Stadt, zunehmende Extremwetterlagen mit negativen Auswirkungen für Infrastruktur und Umwelt ein integriertes Herangehen. Der in Berlin zahlreich vorhandene externe Sachverstand soll in die Erarbeitung von Analysen, Prognosen und Konzepten einbezogen werden. Nur gemeinsam mit allen gesellschaftlichen Kräften sind die anstehenden Aufgaben für eine nachhaltige Entwicklung Berlins zu bewältigen

Kontakt:
Landesverband DIE LINKE. Berlin – AG Umwelt,
Sprecherin: Marion Platta, Tel.-Nr. 030/2325 2550, mail: platta@linksfraktion-berlin.de