Brandenburgs Wirtschaftsminister Christoffers: „CCS ist nur international machbar“

Ein Versuch, zurück zu rudern, ohne das Gesicht zu verlieren?

Am Wochenende bekräftigte der LINKE Ralf Christoffers, dass er an CCS aus technischer Sicht nicht zweifelt. Allerdings sieht er eher Chancen unter dem Meeresgrund als an Land und die Notwendigkeit, die Technologie in enger internationaler Zusammenarbeit zu entwickeln und zu nutzen. Das begründet er mit den hohen Kosten, der Dimension der Klimaschutz-Problematik und regional unterschiedlichen natürlichen Ressourcen.

Er erklärte: „Die Strategie der EU zum Aufbau einer transeuropäischen CCS-Infrastruktur ist aus meiner Sicht ein richtiger Weg.“ Allerdings sieht er wegen der fehlenden regionalen Akzeptanz für die Technologie auf dem Festland den Schwerpunkt bei der Untersuchung von Speichermöglichkeiten unter dem Meeresgrund. Die Erkenntnisse aus weltweit mehr als 200 CCS-Projekten böten bisher keinen Anlass, an der technischen Machbarkeit zu zweifeln. Im gleichen Atemzug diffamierte er die Kritiker mit den Worten, dass die Fachwelt die CCS-Technologie für relevant bei der Bekämpfung des Klimawandels halte und ihr eine Zukunft gebe.

Christoffers wiederholte seine Formel, dass die Braunkohle so lange gebraucht werde, bis Deutschland seinen Energiebedarf sicher und zu international wettbewerbsfähigen Preisen aus erneuerbaren Energien decken kann. Voraussetzung sei, dass die Ziele zur CO2-Reduktion nicht gefährdet werden. Dies wäre beim Neubau eines Kraftwerks für den Energiestandort Jänschwalde ab Mitte der 2020er-Jahre nur unter Anwendung von CCS erreichbar.
Die Energiewende und der sozialökologische Umbau, wie ihn seine eigene Bundestagsfraktion mit ihrem Plan B skizziert, scheren ihn offenbar wenig, was er mit den Worten demonstrierte:  „Brandenburg als Stromexport- und Transitland trägt auch weiterhin Verantwortung für eine stabile, versorgungssichere und preisgünstige Energieversorgung in Deutschland für den privaten Verbraucher ebenso wie für die Industrie.“
Ein Landesgesetz, mit dem die unterirdischen CO2-Speicherung verboten wird,  lehnte er ab, da so etwas nach der Verabschiedung des Bundesgesetzes nicht zulässig sei. Statt dessen wäre eine aufwendige Einzelabwägung für jede Region nötig. „Aber dazu gibt es keinen Anlass.“ Entsprechend der gemachten Regierungszusagen werde in Brandenburg kein CO2 gespeichert.

Wenn dieser Minister verstanden hat, dass LINKE Politik nur mit betroffenen Menschen erfolgreich sein kann – warum zeigt er das nicht? Warum stößt er sie vor den Kopf, indem er ihnen „die Fachwelt“ gegenüber stellt – so, als könnten sich Fachleute nicht irren oder sogar bewusst in Dienste gegen humanistische Ziele stellen… (In 4 Tagen jährt sich der 6.8.1945.)
Gibt es eine Grenze zwischen Fachleuten, die nur ihr enges Fachgebiet („technische Machbarkeit“)  sehen, und Bürgern in verschiedenen Bewegungen, die sich das notwendige Fachwissen angeeignet haben und demokratische Mitsprache einfordern? Eine Grenze, die es gestattet, eindeutig in richtig und falsch zu unterscheiden? Und wenn ja, wo/wie ist diese zu ziehen?

Im „Plan B –  Das rote Projekt für einen sozial-ökologischen Umbau“ können wir lesen:

„… Die Kohleverstromung ist die klimaschädlichste Form der Stromgewinnung. Heute ans Netz gehende Kohlekraftwerke stoßen auch im Jahr 2050 noch Millionen Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxids aus. Auch vermeintlich »saubere« Kohlekraftwerke mit CCS-Technologie sind nicht zukunftsfähig. Denn die Abscheidung und unterirdische Verpressung von CO2 (CCS) ist nicht nur teuer und unsicher, sondern zementiert das Grundlast-Konzept von gestern. CCS ist damit schon lange vor seiner großtechnischen Anwendbarkeit eine überholte Technologie.
Kurzum: Es dürfen keine neuen Kohlekraftwerke mehr gebaut werden, wenn wir es ernst meinen mit Energiewende und Klimaschutz. Vage preisliche Anreize über den Emissionshandel werden dies nicht garantieren können. Wir brauchen ein Kohleausstiegsgesetz. Dies regelt feste Restlaufzeiten für die bestehenden und verbietet den Bau neuer Kohlekraftwerke. …“

 Tritt Ralf Christoffers für den sozial-ökologischen Umbau ein, der Bestandteil des Parteiprogramms der LINKEN ist?

 

Wolfgang Borchardt; 2.8.2012