Bio-Bluff

Mit freundlicher Genehmigung der Kleine(n) Zeitung GmbH & Co KG; 8010 Graz, Schönaugasse 64 geben wir hier eine Rezension wieder:

Die Geschichte von den gestressten Bio-Hühnern

Eines scheint klar: Es wird wieder für Aufregung sorgen, das neue Buch von Clemens G. Arvay.
Wie schon in „Der große Bio-Schmäh“, scheut der Grazer Agrarbiologe auch in „Friss oder stirb“ den Kampf mit den großen Handelsketten in keiner Weise.

Arvay berichtet von Irreführung der Konsumenten, falscher Landwirtschaftsidylle und dreistem Etikettenschwindel im Lebensmittelhandel. Aktueller denn je, möchte man meinen – wenig verwunderlich ist dahin gehend, dass der ursprüngliche Erscheinungstermin des Buches nach vorne verlegt wurde.

Elf Wochen lang reiste Arvay quer durch Europa und besuchte Landwirte in Österreich, Deutschland, Wales oder England – am Ende der Reise stehen 210 Seiten, geprägt von abwechselnden Textgattungen und Schauplätzen. In Interviews lässt der 33-Jährige Bio-Bauern von der „Überschwefelung im Bio-Apfelbau“ erzählen – in reportageartigen Sequenzen schildert er, wie ihm mit fadenscheinigen Ausreden der Zutritt zu Stallungen von „Bio-Hühnern“ verweigert wurde.

Kosmetische Normen für Karotten, Federnkannibalismus bei gestressten Hühnern, falsch deklarierte Bio-Lebensmittel in österreichischen Supermärkten. Arvay schreibt schonungslos, bleibt dabei aber präzise und umfassend. Viele Kritikpunkte kennt man aus seinem Vorgängerwerk, neu ist der lösungsorientierte zweite Teil des Buches.

Der Autor verfasst ein Plädoyer für ein dezentrales Lebensmittelsystem und beschwört das Modell einer solidarischen Landwirtschaft. Weg von fixen Abnahmepreisen und weg von Supermärkten und Discountern, die für Arvay neben dem unkritischen Konsumenten das Problem darstellen. Die Hoffnung auf wirklich ökologisch produzierte Nahrungsmittel geht nach der Lektüre nicht verloren. Im Gegenteil: Viele positive Beispiele hat der Steirer gefunden – manchmal musste er halt länger suchen.

MARKUS ZOTTLER

Trailer zum Buch:


Clemens G. Arvay: Friss oder strirb; Ecowin Verlag GmbH, 232 Seiten, 21,90 €, ISBN 978-3-7110-0030-9