Umweltbewusstsein stark gewachsen; Bürger fordern mehr staatliches Engagement

Das Umweltbundesamt hat seine regelmäßige Repräsentativumfrage des Jahres 2012 vorgestellt. Diese Umfrage wird seit dem Jahr 1996 alle zwei Jahre im Auftrag des bundesweit durchgeführt. Seit 2010 haben sich deutliche Veränderungen ergeben.

Der Umweltschutz steht aus Sicht der Bevölkerung auf Platz 2 der wichtigsten politischen Aufgaben – direkt nach der Sorge um die wirtschaftliche Entwicklung im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise. Das hat die neue Umfrage ergeben (Umweltbewusstsein in Deutschland 2012. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage).

Für 35 Prozent der Befragten ist der Schutz der Umwelt eines der wichtigsten politischen Probleme der Gegenwart. Das bedeutet einen Anstieg um 15 Prozent in den letzten zwei Jahren. Die Umweltprobleme sind damit vom dritten auf den zweiten Platz der wichtigsten Probleme vorgerückt.
Außerdem verlangt die Bevölkerung mehr politische Anstrengungen beim Umwelt- und Klimaschutz. Fast zwei Drittel (64%) fordert, dass die Regierung für dem Umweltschutz mehr tun soll.

Die Sorge um die Schaffung von Arbeits­plätzen und die Wahrung der sozialen Gerechtigkeit hat zu einem deutlichen Anstieg des Anteils derjenigen Befragten geführt, die den Umwelt- und Klimaschutz zurückstellen wollen, bis in diesen Problembereichen Fortschritte zu erkennen sind.

40 Prozent der Bundesbürger (6% mehr als 2010) bewerten Umwelt- und Klimaschutz als eine der Bedingungen für die Bewältigung der  Zu­kunftsaufgaben. Für „mehr soziale Gerechtigkeit“ sehen 24% den Umwelt- und Klimaschutz als Bedin­gung an, 32% sind der Meinung, dass Umwelt- und Klimaschutz eine Bedin­gung ist, um „den Wohlstand zu sichern“.

Die Umweltbewusstseinsstudie 2012 belegt, dass eine offene Diskussion unvermeidbarer Zielkonflikte ge­rade nicht dazu führt, dass umweltpolitische Anlie­gen insgesamt an Bedeutung verlieren – eher im Gegenteil: Fast zwei Drittel der Bevölkerung (64 Pro­zent) fordern noch mehr aktives Handeln von der Bundesregierung für den Umweltschutz. Eine Verrin­gerung von Umweltschutzbemühungen verlangt nur eine kleine, wenngleich im Zeitverlauf größer wer­dende Minderheit der Befragten (6 Prozent). Im Zeit­vergleich seit 2008 ist die Forderung nach einem hö­heren Engagement der Bundesregierung stetig ge­stiegen.

Ein hoher Anteil von Bürgerinnen und Bürgern be­tont die Zielkonflikte zwischen Umwelt- und Klima­schutz einerseits und wirtschaftlichen und sozialen Belangen andererseits. Bei den Herausforderungen „Schaffung von Arbeitsplätzen“ sowie „Für mehr so­ziale Gerechtigkeit sorgen“ ist die Zahl der Befragten, die eine Einschränkung von Umwelt- und Klima­schutz fordern, bis in den genannten Gebieten hin­reichende Fortschritte erzielt sind, von 24 auf 33 Pro­zent gestiegen und liegt damit geringfügig über dem Anteil der Bevölkerung, der Kompromisse zwischen den verschiedenen Politikbereichen fordert.

Was bedeutet das für DIE LINKE?

Zunächst einmal wird durch diese Untersuchung die Wahlkampf-Orientierung DER LINKEN auf die soziale Frage [1] bestätigt:
57% der Befragten sehen die sozialen Probleme als vorrangig an oder fordern einen Kompromiss zwischen der Lösung sozialer und Umweltprobleme.
Doch diese Betrachtung würde zu kurz greifen, denn Umwelt- und Klimaschutz betrachten fast genau so viele Befragte (56%) als Bedingung für „mehr soziale Gerechtigkeit“ und „Wohlstandssicherung“. Daher ist der Plan B mit der Einheit von „Ökologie, Demokratie und das Soziale“ die bessere Antwort.

Im bisher vorliegenden Entwurf des Wahlprogramms vom 20. Februar 2013 [2] ist dieser 3Klang noch nicht harmonisch genug: Ökologie ist noch zu sehr auf die Energiewende orientiert, andere Bereiche sind dagegen unterbelichtet oder fehlen ganz. Die Beratung von GenossInnen der Ökologischen Plattform,  der BAG Umwelt/Energie/Verkehr, der AG Agrarpolitik und ländlicher Raum sowie UmweltpolitikerInnen der Bundestagsfraktion am 9.3.2013 hat eine ganze Reihe von Anregungen gebracht, die diesem Mangel abhelfen können.

Entscheidend ist jedoch nicht das Programm, sondern seine Umsetzung und vor allem, wie es den Wählern vermittelt wird.

Wolfgang Borchardt
12.3.2013

 


[1↑] „Unser Team für soziale Gerechtigkeit“ (Die Seite existiert auf dem Server DER LINKEN nicht mehr.)

[2↑] Entwurf des Wahlprogramms zur Bundestagswahl: „100 Prozent sozial“ (klick)