Deshalb lehnen wir den Entwurf ab.

Mit diesem auch noch nach zwanzig Jahren hochaktuellen Satz zum Freihandel (damals war es GATT/WTO) schließt die

Erklärung der Abgeordneten Friedhelm Julius Beucher, Monika Ganseforth, Detlev von Larcher, Michael Müller (Düsseldorf), Horst Peter (Kassel), Dr. Hermann Scheer (Original siehe hier)

nach § 31 der Geschäftsordnung zu TOP 3 b) in der 237. Sitzung des Deutschen Bundestag
„Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation“ [1]

Auch die Argumente haben für TTIP und CETA Gültigkeit. Damals (12. Deutscher Bundestag) war die SPD noch in der Opposition….

„Wir stimmen dem Gesetz nicht zu, weil wir es für unverantwortlich halten, dass diese wichtige Entscheidung über die Zukunft der Weltwirtschaft ohne sorgfältige Beratung im Parlament und in den Ausschüssen durchgezogen wird. Wir stellen fest, dass der Vertragstext bisher nicht in deutscher Sprache vorliegt. Wichtige Ausschüsse hatten nicht die Möglichkeit, dieses Gesetz der Bedeutung entsprechend zu beraten.

Zwei Jahre nach dem Erdgipfel von Rio ist das Übereinkommen vom 15.4.1994 ein falsches Signal. Es ist nicht glaubwürdig sich auf der UN-Konferenz zu einem Kurswechsel in Richtung auf eine dauerhafte Entwicklung zu verpflichten, aber schon kurze Zeit später mit dem GATT Entscheidungen zu treffen, die darauf keine Rücksicht nehmen und die Fehlentwicklungen sogar verschärfen.

Das ausgehandelte Übereinkommen verfestigt die krisenhaften Strukturen der Weltwirtschaftsordnung und ist nicht in der Lage, die großen sozialen, ökologischen und ökonomischen Probleme der Weltgemeinschaft zu lösen: Die ökologische Krise wird insbesondere durch das exponentielle Wachstum der Verkehrsströme und des Energieumsatzes verschärft, in der Entwicklungszusammenarbeit wird die Kluft zwischen arm und reich vertieft, ökonomisch wird an den Strukturen festgehalten, die für die zunehmende Instabilität auf den Weltmärkten verantwortlich sind. Insgesamt ist das GATT-Abkommen nicht in der Lage, die existenziellen Herausforderungen der Weltgemeinschaft, die zunehmend aus dem Gleichgewicht gerät, zu bewältigen. Im Gegenteil wird die soziale und ökologische Zerstörungsdynamik weiter beschleunigt.

Es hat sich historisch als ein Irrtum erwiesen, dass die Orientierung am maximalen Produktionswachstum, an den Methoden der expansiven Industrialisierung und den bisherigen Formen des Freihandels zu allgemeinem Wohlstand und dauerhafter Stabilität führt. Tatsächlich werden im GATT zentrale Fragen wie die Verteilung wirtschaftlicher Macht, die Zerstörung der Natur und die Zwänge der Geldwirtschaft ausgeblendet. Die GATT-Vereinbarunqen weisen keinen Weg zur Herstellung von Chancengleichheit und zum Schutz der Umwelt, sondern helfen denen, die über große Macht verfügen und die Märkte beherrschen. Dies ist in einer ungleichen Welt mit ungleichen Wettbewerbsbedingungen, endlichen Rohstoffen und störanfälligen Öko-Systemen unverantwortlich.

Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich Verhandlungen über weltweit wirksame Sozial- und Umweltklauseln in Weltwirtschaft und Welthandel aufzunehmen. Negative Effekte zu Lasten der Umwelt und sozial schwächerer Gruppen dürfen nicht langer externalisiert werden. Alle verantwortlichen Positionen fordern eine lnternalisierung der sozialen und ökologischen Kosten in die Preisbildung. Das GATT-Abkommen provoziert das Gegenteil: Sozial- und Umweltdumping. Diese Form des Freihandels zwischen Ländern und Unternehmen mit großen unterschiedlichen Kosteninternalisierungen ist sozialpolitisch äußerst ungerecht, verzerrt den Wettbewerb und führt zum Raubbau an der Natur. Sie schränkt letztlich demokratische Handlungsmöglichkeiten ein und verbaut wirtschaftlich sinnvolle Entwicklungsspielräume. Deshalb lehnen wir den Entwurf ab.“


[1↑] Bei diesem Wortungetüm handelte es sich um die
„Aufforderung an die Bundesregierung zur Entwicklung eines in sich geschlossenen Konzepts für die künftige Welthandelspolitik auf der Grundlage des Ergebnisses der GATT-Uruguay-Runde: Konkretisierung der Bestimmungen über die WTO bzw. Aufnahme neuer GATT-Verhandlungen über die Aufnahme von Mindeststandards in den Bereichen Umweltschutz und Sicherung sozialer Grundrechte, u.a. Reinhaltung von Luft und Gewässern, Vermeidung des Einsatzes umwelt- und gesundheitsgefährdender Stoffe, Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, Regelungen zum Schutz der Frau, besonders der Mütter, Garantie der Gewerkschafts- und Tarifvertragsfreiheit gemäß den ILO-Konventionen“