Programmdiskussion: Änderungsvorschläge.1

Der Erstentwurf des LINKEN Bundestagswahlprogrammes 2017 ist veröffentlicht.
Er kann eingesehen werden unter: 2017-01-14_bundestagswahlprogramm2017_erster_entwurf.

Uns erreichten erste Meinungsäußerungen und Änderungsvorschläge, die wir als Anregung zur Diskussion auf der Sitzung des Koordinierungsrates gern bekannt geben.

Bemerkungen zum Wahlprogramm der LINKEN 2017

(Einige Diskussionspunkte zum Koordinierungsratstreffen am 11.2.2017)

Das Problem der Erderhitzung wird in seiner Bedeutung und Dimension völlig unterbelichtet und z.T. falsch dargestellt. „Mächtige Konzerninteressen verhindern, dass die Zerstörung des Klimas gestoppt wird“ (S. 6). „Die dringende Klima- und Energiewende wird blockiert“ (S. 44). Klima kann man nicht zerstören. Es wird immer da sein, wenn auch für die Menschen nicht mehr zuträglich. Es werden die neoliberalen kapitalistischen Begriffe verwendet, die den Sachverhalt falsch darstellen. Statt „Klimawende“ sollten wir „Erderhitzung“ oder besser noch „Selbstverbrennung“ (Schellnhuber) wählen. Es muss im Wahlprogramm dargelegt werden, welche Konsequenzen die zukünftige Erderhitzung für uns und die Welt hat. Es ist eine zentrale bedeutende politische Aufgabe der LINKEN, diese zu verhindern, mindestens zu begrenzen. In diesem Zusammenhang muss der Begriff der „Dekarbonisierung“ der Wirtschaft auftauchen als wichtigste wirtschaftliche Maßnahme.

Die Wirkung des Kapitalismus wird einseitig auf den Menschen bezogen: „Der Kapitalismus zerstört die Gesundheit der Menschen, den sozialen Zusammenhalt und die Demokratie“ (S.6). Schon Marx hatte erkannt, dass der Kapitalismus den Menschen und die dem menschlichen Leben zuträgliche Natur zerstört. Die LINKE bleibt hinter dieser Erkenntnis zurück. Das muss breiter ausgeführt werden.

Beim Verkehr wird das Problem der individuellen Mobilität ausgeklammert. „Wir verbessern die Ausstattung (warum nur die?) des öffentlichen Nahverkehrs“ (S. 24). Erforderlich sind „intelligente und für alle zugängliche Mobilitätssysteme“ (S.50). Es wird Programm nur auf den ÖPNV und das Radfahren orientiert. Warum wird hier nicht wenigstens gesagt, dass der individuelle Autoverkehr ab 2030 nicht mehr fossil betrieben werden darf? Warum wird nicht eine elektrische und materialsparende individuelle Mobilität verlangt? Warum wird nicht verlangt, die Infrastruktur der Städte fahrradgerecht zu gestalten? Verlangt wird auf S. 50 den „CO2– Grenzwert für Neuwagen in Europa ab 2025 auf maximal 60 g CO2/km“ festzulegen. Da sollte man doch gleich sagen, dass ab dann nur noch Kleinwagen produziert werden dürfen. Das Dienstwagenprivileg soll nach CO2-Ausstoß differenziert werden (S.50) aber es soll nicht abgeschafft werden. Das sind alles Forderungen, mit der eine „ökologische Mobilität“ (S. 48) nicht erreicht werden kann.

Auf Seite 44 wird postuliert: „Menschen vor Profite“. Hier sollte an gleicher Stelle gesagt werden, dass auch die Natur vor Profite gehen sollte. „Die Macht der Großkonzerne brechen, um den notwendigen ökologischen Umbau der Wirtschaft zu gestalten“ (S. 44). Der Umbau wird definiert „als die Art und Weise, wie und was produziert, verteilt und verwendet wird“ (S.44). Das reicht nicht aus. Wir sollten schon sagen, dass nur langlebige, reparaturfreundliche, material- und enrgiesparende und für das Leben unbedingt notwendige Produkte hergestellt werden dürfen.

Das Problem der Flüchtlinge wird nicht klar genug dargestellt (S. 36). Es muss schon unterschieden werden zwischen Asylanten (gem. Flüchtlingskonvention), Wirtschaftsflüchtlingen, Klimaflüchtlingen und Kriegsflüchtlingen. Es muss schon etwas dazu gesagt werden, dass Deutschland nicht alle diese Flüchtlingsarten aufnehmen kann und es nur für Asylanten keine Obergrenze gibt.

Für mich ist das Wahlprogramm eine Forderung nach einer gerechten Verteilung des Proviants auf dem sinkenden Schiff. Kein Lotse, kein Hafen, kein Leuchtturm in Sicht.

Götz Brandt
25.1.2017