Briefe, E-Mails

Gravierende Probleme in der PDS-Parteitagsregie

Zu: Parteiwahlen. PDS kennt kein Nein

Man muß wohl dem Parteienrechtler Christian Pestalozza recht geben darin, daß die beschnittene Möglichkeit bei Kandidaturen für Parteiämter mit „Nein zu stimmen revidiert werden muß. Das betrifft speziell den Fall, wo keine Gegenkandidatur vorliegt. U.a. dieser Punkt hatte auch in der Ökologischen Plattform zu kritischen Diskussionen geführt, wie das einzuschätzen sei.

Allerdings haben die Wahlen beim Cottbusser Parteitag weiterhin Bestand, da auch eine entsprechende Anzahl von Enthaltungen zur Nichtwahl geführt hätten.

Gravierender sind sicher andere Einschnitte bei der Parteitagsgestaltung. So wurde der Leitantrag auf dem Cottbusser Parteitag kurz vor Abschluß der Tagung behandelt, wo klar der sozialpsychologische Effekt hervortritt, daß er im Eiltempo abgehandelt wird, weil jeder nach Hause will. Das war natürlich volle Absicht und dies ist für den innerparteilichen demokratischen Meinungsbildungsprozeß sehr problematisch. Wenn die Änderungsanträge zum Leitantrag im Konsens mit den Antragstellern auf sechs Punkte zusammengefaßt werden im Sinne der Zeitersparnis kann man das sicherlich begrüßen. Tatsache ist jedoch auch, eine Vielzahl von Anträgen wurde erst gar nicht behandelt bzw. es wurde abgestimmt, daß sie nicht mehr behandelt werden und der vorgegebene unveränderte Text des Leitantrages gilt. Dies ist zwar formal korrekt, weil die Mehrheit die Hände oben hatte, bringt aber mit Sicherheit den Vorwurf ein, daß sich die PDS eine extrem demokratiefeindliche Form der Parteitagsregie leistet.

Neu sind solcherart Irritationen übrigens nicht. Schon auf dem Münsteraner Parteitag gab es erhebliche Probleme bei der Behandlung der Veränderungen im Statut. Von der Bundesschiedskommission mußte dem Verhandlungsführer eine schwere Rüge für sein unsolidarisches und manipulatives Vorgehen erteilt werden und in einem Minderheitenvotum wurde festgestellt, die Beschlüsse zum Statut seien inhaltlich völlig verquer zudem beschlossen worden, was eigentlich Anliegen der Delegierten war. Die entsprechenden Beschlüsse müßten faktisch aufgehoben werden. Diese wenigen Hinweise zeigen, wie sehr die Kultur der Parteitagsregie in der PDS zu überprüfen wäre.

Bei den Grünen z.B. wurde der Stil und die Anlage ihrer Bundesversammlungen (das Analog zum Parteitag) immer wieder manipulativ dafür verwendet, um die Meinungsminderheit etwa der Berufspolitiker in entsprechende Mehrheitsbeschlüsse zu verwandeln. Die mehrheitlich pazifistische Basis wurde beim Thema Kriegseinsätze durch solche Regievorlagen regelrecht ausgetrickst. Paul Tiefenbach hat dies auch an anderen Fallbeispielen in seinem Buch „DIE GRÜNEN. Verstaatlichung einer Partei“ außerordentlich exzellent und lehrreich beschrieben. Viele der darin aufgezeigten Problemstellungen treffen auch auf die PDS zu. Es ist zunehmend in der PDS zu beobachten, daß kritisch-emanzipatorische Politikinhalte durch die Betriebsamkeit der parlamentarisierten Parteimaschinerie überrollt werden.

Die Parteibasis der PDS sollte sehr viel genauer beobachten und darauf reagieren, welche Veränderungen sich im Überbau und in den strukturellen Beziehungen der Partei vollziehen.

Marko Ferst
ND 28.12.2000

Frage an Gabi Zimmer

Liebe Gabi,

ein neues Parteiprogramm soll baldmöglichst verabschiedet werden – was ich sehr befürworte, wenn es ausreichend diskutiert ist und sich auf eine breite Zustimmung unter unseren Mitgliedern gründet. Dennoch ist mir nicht ganz klar, wie die Programmdiskussion strukturiert wird:

  • Welche Termine sind vorgesehen für die Ausarbeitung welcher Dokumente?
  • Wann und wie werden diese veröffentlicht?
  • Welche Zeiten stehen für die Mitglieder, BOen, AGen/IGen/Plattformen zur Verfügung für die Diskussion?
  • Wie (in welchen Zeiträumen, durch wen) werden die Ergebnisse der Diskussion verarbeitet?
  • Wann liegt die „Endfassung“ (=Beschlußvorlage) vor?
  • Wann ist vorgesehen, welche Beschlüsse zu fassen?

Die Ökologische Plattform hat ihr Positionspapier (siehe unsere HomePage) bereits vorgelegt. Jetzt geht es uns darum, an der Diskussion weiter aktiv teilzunehmen.

Mit sozialistischem Gruß

Wolfgang Borchardt,
Sprecher der Ökologischen Plattform, Berlin

Antwort:

Lieber Wolfgang,
die Landesverbände sind aufgerufen, bis Ende Februar zu inhaltlichen Teilbereichen entsprechende Zuarbeitung einzubringen. Der Parteivorstand und auch die ProgrammKommission haben beschlossen, dass bis zum 30. April Grundlinien zur programmatischen Debatte vorzulegen sind. Danach soll schnellstmöglich ein Programmentwurf vorgelegt werden. Nach unserem Parteitagsbeschluss von Münster soll der 7. Parteitag über den weiteren Verlauf der Programmdebatte beschließen. Das heißt, auf der nächsten Tagung des 7. Parteitages werden Beschlüsse über Zeit und Verlauf der Programmdebatte beschlossen werden, u.a. auch, wann die Überarbeitung des Programms beendet sein wird. Du wirst verstehen, dass ich dem nicht vorgreifen will und auch Rücksprache mit den Gremien halten möchte. Wir werden aber natürlich die IG/AG und Plattformen in die Erarbeitung und Diskussion einbeziehen. Dazu wird Peter Porsch einen Vorschlag zur nächsten Sitzung der ProgrammKommission vorlegen, der sich mit der Veranstaltungsplanung der Programmdiskussion beschäftigen wird. Im übrigen hat ja die Ökologische Plattform eine Vertreterin in der ProgrammKommission, so dass zumindest die Einbeziehung dieser Plattform sichergestellt ist.

Vernetzung von Freiwilligenprojekten von Jugendinitiativen im Ostseeraum

Ab dem 1. September 2001 wird für Jugendliche die Möglichkeit bestehen, bei einer Umweltgruppe im Ostseeraum ein Jahr mitzuarbeiten z.B. bei den schwedischen Feldbiologen oder bei der polnischen Grünen Föderation. Dort kann bei lokalen Projekten wie dem Ökomobil, in der Kampagne „Baltic Exess Fishing“ in Szczecin oder der Urwaldkampagne in Nordschweden mitgeholfen und natürlich eigene Ideen umgesetzt werden. Einmal im Jahr treffen sich alle B.Y.Co.-TeilnehmerInnen auf einem Seminar, um gemeinsame Kampagnen zu planen.

Entwicklung

Die Idee für B.Y.Co. ist im Rahmen verschiedener internationaler Treffen entstanden und vor allem während der im Sommer 2000 veranstalteten »Harbourtour 2000« konkretisiert und dieses Konzept entwickelt worden. Wir wollen mit diesem umweltpädagogischen Modellprojekt Eigeninitiative anregen, dabei ist die Hauptzielgruppe die Teilnehmerinnen an B.Y.Co. sowie Jugendliche und Erwachsene, die wir direkt durch Bildungsmaßnahmen erreichen. Hierzu ist ein hierarchiefreies Arbeitsumfeld nötig, was sich vor allem in den von Jugendlichen selbstorganisierten Umwelt-Bildungsprojekten wiederfindet.

Idee

B.Y.Co. steht für Baltic Youth Co-operation und soll Jugendlichen die Möglichkeit bieten, in Projekten mitzuarbeiten, die Umweltbildung praktizieren. Interkulturelle Jugendbegegnung bedeutet im Rahmen dieses Projektes nicht nur, in andere Länder zu fahren, um die Situation dort kennenzulernen, oder, daß Jugendliche kommen, um über ihre Länder zu berichten, B.Y.Co. will einen aktiven Austausch mit der Arbeit an einem Gemeinschaftsprojekt. Durch die Zusammenarbeit mit mehreren Einrichtungen in verschiedenen europäischen Ländern soll die Bedeutung für die Umweltbildung in ganz Europa gestärkt und weiter vorangebracht werden. Es sollen aber auch unterschiedliche Methoden der Umweltbildung ausgetauscht werden, wodurch ein auf Dauer angelegter intensiver Austausch mit Umweltjugendgruppen im Ostseeraum angestrebt ist. Ein Netzwerk von Umweltbildungseinrichtungen soll entstehen, so können lokale Umweltprojekte im Ostseeraum unterstützt und Berufsperspektiven für die teilnehmenden Jugendlichen aufgezeigt werden.

Durchführung

B.Y.Co. wird in den ersten beiden Modelljahren ab September je 15 Einsatzstellen, schwerpunktmäßig im Ostseeraum in den Ländern Deutschland, Polen, Dänemark, Schweden, Finnland, Estland, Luxemburg und Litauen, für eine freiwillige, möglichst einjährige Tätigkeit von Jugendlichen im Bereich Umweltbildung schaffen und vernetzen. Die TeilnehmerInnen sollen dabei selber umweltpädagogische Konzepte und Methoden kennen- und anwenden lernen und damit dauerhaft zu MultiplikatorInnen werden. Im Mittelpunkt der pädagogischen Tätigkeiten stehen dabei besonders innovative Projekte, die moderne Methoden der Umweltbildung wie Naturerlebnispädagogik, Projektarbeit oder Zukunftswerkstätten anwenden. Durch die Zusammenarbeit verschiedener Träger aus unterschiedlichen Ländern wird die europäische Dimension der Umweltbildung gestärkt. Durch Austausch der Teilnehmerinnen über Ländergrenzen hinweg erhoffen sich die InitiatorInnen von B.Y.Co. neue Impulse für die Umweltbildung in den jeweiligen Ländern. Durch Publikationen im Rahmen des Projektes wird eine weitere Verbreitung von durch Jugendliche selbstorganisierter Umwelt-, Bildungs- und Projektarbeit ermöglicht.

Stand der Dinge

Über den weiteren Verlauf von B.Y.Co. informiert in Kürze die Internetseite www.Lovis.de und Ecojobs.de. Der Gründungskongreß von B.Y.Co., zu dem VertreterInnen aus allen Einsatzstellen aus dem Ausland erwartet werden, ist vom 1.-5. März in Bad Oldesloe. Dieser Kongreß wir als vorbereitende Maßnahme mit Mitteln von der EU des Programms „YOUTH“ finanziert.

Kontakt

Gruppen die Interesse haben an B.Y.Co. mitzuwirken und Jugendliche, die Interesse haben sich ein Jahr im Ausland zu engagieren (bis 31.3.01) können sich an folgende Kontaktadressen wenden:
JUP!, Jugend-Umwelt-Projektwerkstatt, Turmstr. 14a, 23843 Bad Oldesloe,
Tel.:04531/4512, FAX: 04531/7116
Internet: www.Projektwerkstatt.de
oder
JUP-Lübeck, c/o Alternative, Willy-Brandt-Allee 9, 23554 Lübeck,
Tel/Fax: 0451/70 70 646

Buchtipp:

Das Buch „Unterwegs für die Umwelt – Ökojobs in Europa“ ist Träger des
eines Preises beim BundesUmweltWettbewerb es ist für 19,80 (+6,- DM
Porto und Verpackung) in der JUP!, Turmstr. 14a, 23843 Bad Oldesloe,
04531/4512, Fax: 04531/7116, eMail: jup@inihaus.de zu bestellen

Jörn Hartje
25.2.2001

Der Tipp für SchulabgängerInnen:
Ein Jahr freiwillig im Umweltschutz – Vielfältige Möglichkeiten!

BSE, Klima oder Atomtransporte machen immer deutlicher: effektiver Umweltschutz ist noch immer ein Fremdwort, daher ist ein Engagement dafür wichtiger denn je! Wer sich nach dem Schulabschluss im Umweltschutz engagieren möchte, hat mittlerweile ein vielfältiges Angebot an Freiwilligendiensten zur Auswahl. Neben dem Freiwilligen Ökologischen Jahr können auch Zivildienst, Europäischer Freiwilligendienst oder Praktikum hierfür genutzt werden. Die Bewerbungsfristen für die im folgenden vorgestellten Möglichkeiten laufen in den nächsten Tagen ab!

Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ)

Das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) ist ein ökologisches Bildungsjahr, das Schulabgängern praktische Orientierungsmöglichkeiten im Natur- und Umweltschutz bietet. Es richtet sich an junge Menschen im Alter zwischen der Vollendung des 16. und des 27. Lebensjahres, unabhängig von ihrer bisherigen schulischen oder beruflichen Ausbildung (für ausländische TeilnehmerInnen zwischen der Vollendung des 18. und des 25. Lebensjahres). Das FÖJ in Schleswig-Holstein beginnt immer am 1. August. Für die Dauer von 12 Monaten können junge Menschen in einer von nunmehr über 100 Einsatzstellen in ganz Schleswig-Holstein für den Natur- und Umweltschutz tätig werden. Die konkreten Aufgaben richten sich dabei nach den Gegebenheiten der Einsatzstellen. In fünf über das ganze Jahr verteilten Seminaren treffen sich alle FÖJ-TeilnehmerInnen aus Schleswig-Holstein. Darüber hinaus erfahren die TeilnehmerInnen viel Wissenswertes über die unterschiedlichsten Themengebiete des Natur- und Umweltschutzes wie z.B. Ernährung, Windenergie, Verkehr und Landwirtschaft.
Infos:info@oeko.jahr.de, www.oeko-jahr.de

Weitere Informationen für Öko-Jobber

Über die verschiedenen Öko-Job Möglichkeiten in ganz Europa bietet das Buch „Unterwegs für die Umwelt – Ökojobs in Europa“ Auskunft. Dieses Buch bietet Tipps für alle, die nach dem Schulabschluss oder Ausbildung sich im Umweltschutz engagieren wollen. Wer gerne ins Ausland möchte, um Sprachkenntnisse zu vertiefen wird in diesem Buch fündig. Auch wer sich erstmal orientieren möchte, hat hier die geeignete Grundlage. Es werden die verschiedenen Möglichkeiten vorgestellt, wie mensch im Umwelt- und Naturschutz (v.a. im Ausland) aktiv werden kann. Im zweiten Teil des Buches sind konkrete Einsatzstellenbeschreibun-gen aus ganz Europa zu finden, mit Angaben zum Aufgabenfeld, Bezahlung, Versicherung und Umgebung. Darunter sind Arbeiten im praktischen Naturschutz, auf dem Bauernhof, mit Kindern oder auch Büroarbeit in (Umweltschutz-)Verbänden aufgeführt. Weiterhin sind Infos zu Workcamps enthalten. Sollten dennoch mehr Informationen zu den Einsatzstellen benötigt werden, wird ein umfangreiches Internet-Adressverzeichnis mitgeliefert. Die zentrale Suchmöglichkeit für Ökojobs im Internet stellt die Online-Datenbank www.oekojobs.de dar. Sie bietet vielfältige weitere Nutzungsmöglichkeiten, wie ein Diskussionsfo-rum, Newsletter und natürlich können hier Einsatzstellen online gesucht und kommentiert sowie neu eingetragen werden.

Jörn Hartje
25.2.2001