Konfliktpunkt Wirtschaftswachstum

Ökologische Plattform der Linkspartei will Versorgungsnetze in Staatshand

Steffen Schmidt

Mitte Juni hat sich die Ökologische Plattform bei der Linkspartei in Wernigerode zu ihrem Bundestreffen versammelt. Die Ergebnisse der Debatten um umweltpolitische Vorschläge für das künftige Programm der Linkspartei und über aktuelle Probleme der Versorgungsinfrastruktur flossen in zwei abschließende Erklärungen ein.
Trotz der Bemühungen einzelner Politiker in der Linkspartei.PDS, insbesondere im Land Mecklenburg-Vorpommern, zählt die Umwelt in der öffentlichen Wahrnehmung der Linken nicht unbedingt zu den zentralen Kompetenzfeldern. Dass sich daran Grundsätzliches ändern könnte, glaubt auch innerhalb der Ökologischen Plattform kaum jemand. Dennoch bemüht sich die Plattform schon seit Jahren darum, Umweltforderungen sowohl in das Grundsatzprogramm als auch in Wahlprogramme der bisherigen PDS zu bringen. Dies gelang nur in Einzelfällen, wie beim Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2005.
Und so kritisiert die abschließende Erklärung zu einem „Ökosozialistischen Manifest“, dass in der Linkspartei.PDS das Programm noch zu sehr mit untauglichen kapitalistischen Lösungsansätzen verbunden sei. Plattform-Sprecher Manfred Wolf sieht die linken Umweltaktivisten vor allem bei den Vorstellungen vom Wirtschaftswachstum im Widerspruch zu tonangebenden Autoren der wichtigen programmatischen Texte der Linkspartei. Dabei werde den Umweltpolitikern oft unterstellt, sie sähen nicht, dass es durchaus ökonomisches Wachstum ohne steigenden Ressourcenverbrauch geben könne.
Dennoch geht die Hauptkritik der Plattform an die herrschenden Verhältnisse und die Regierenden im Lande. Schuld an der ökologischen Krise mit Klimaerwärmung, extremen Wettererscheinungen, Verknappung und Verseuchung der Wasservorräte – so die Abschlusserklärung – sei die kapitalistische Profitwirtschaft in allen Industrieländern.
Angesichtes der jüngsten Auseinandersetzung sowohl um die Versorgung mit Gas, Wasser, Öl und Strom wie auch den beabsichtigten Börsengang der Deutschen Bahn AG verabschiedeten die Teilnehmer des Bundestreffens überdies eine Erklärung zu den Versorgungsnetzen. Darin werden die sofortige Überführung der Strom- und Gasnetze in Gemeineigentum oder Treuhandschaft der Kommunen, der Länder oder des Bundes gefordert, da sie derzeit einzig der Preistreiberei durch die Versorgungsunternehmen dienten. Deshalb gehören nach Ansicht der Ökologischen Plattform auch die Leitungsnetze der Telekommunikation in öffentliches Eigentum. Die Erklärung wendet sich gegen jegliche Privatisierung der Verkehrsnetze von Schienen-, Straßen- und Wasserverkehr.
Offen bleibt ebenso, wie weit solche Forderungen es bis ins Programm der Linkspartei schaffen als auch, was davon in Koalitionen durchsetzbar ist. In Berlin oder Dresden jedenfalls war der Widerstand der Linkspartei gegen Privatisierung bislang eher verhalten.

Neues Deutschland, 19.06.2006