Götz Brandt (für den Sprecherrat der Ökologischen Plattform)
Am 26.2.10 hat sich eine offene Arbeitsgruppe „Parteiprogramm“ konstituiert. Es arbeiten Mitglieder der Bundestagsfraktion, des Parteivorstandes, der Ökologischen Plattform und der BAG Umwelt-Energie-Verkehr mit. Eine erste Einschätzung des Programmentwurfs erfolgte am 9.4.10. Es wurden folgende erste, unvollständige und persönliche Meinungen der Mitglieder der Arbeitsgruppe geäußert:
Es wird im Programmentwurf nicht angedeutet, für welchen Zeitraum das Programm gelten soll und wie viel Zeit wir noch für einen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft haben. Eigentlich ist er schon überfällig.
Erfreulich ist, dass die soziale Frage, die ökologische Frage und die Eigentumsfrage mit einander verbunden und grundsätzlich dargestellt wird. Das unterscheidet unser Programm von denen der Grü-nen und der SPD, die auch einen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft fordern. Gegenüber den vorherigen Programmen wird damit eine neue Qualität erreicht.
Der ökologische Faden durch das Programm ist aber unterbrochen und nicht durchgehend geführt und es sind zahlreiche Lücken vorhanden. Dabei muss aber positiv hervorgehoben werden, dass sich ein Abschnitt mit der „Zentralität der ökologischen Frage“ befasst und dieses erstmalig in einem Par-teiprogramm der LINKEN so formuliert wurde. Es fehlt aber im Programm die „Zentralität der ökologi-schen Antwort“ auf die formulierten Fragen im Abschnitt „Sozial-ökologischer Umbau“. Es gibt z. B. keine Antworten, wie die „drastische Reduzierung von Stoff- und Energieumsätzen“ erfolgen soll und wie weit diese gehen soll. Es wird die Frage nicht beantwortet, wie gesichert wird, dass „der Profit bei der Produktion nicht mehr die oberste Maxime hat“, welche „sozial-ökologischen Ziele“ anstelle des Profites treten und wie eine „mit der Umwelt verträgliche Lebensweise“ und ein „neuer Wohlstandstyp“ definiert wird.
Der Begriff „sozial-ökologischer Umbau“ wird auch von den Grünen und der SPD benutzt. In unserem Programm muss herausgearbeitet werden, wie sich der von uns angestrebte Umbau vom Umbauziel der anderen Parteien abhebt und verschieden ist.
Beim Abschnitt Energiepolitik fehlen wichtige Ziele, wie z. B. die Verhinderung des Baues von Kohle-kraftwerken, das Ziel der Energieautarkie von Kommunen und Regionen, die Lagerung von Atommüll, um nur einige zu nennen.
Ein wichtiger Diskussionspunkt wird die Klärung der Wachstumsproblematik sein. Einerseits wird im Programm festgestellt, dass „eine ökologisch nachhaltige Entwicklung im Widerspruch zur kapitalisti-schen Wachstumslogik steht“ und andererseits soll ein Richtungswechsel in der Wirtschaftspolitik durch „ein sozial und ökologisch gesteuertes, selektives Wachstum“ erfolgen. Eine grundsätzliche Aussage zum Wirtschaftswachstum und dem Ressourcenverbrauch fehlt im Programm.
Besser herausgearbeitet werden muss auch das Problem, dass die ökologische Frage eine System-frage ist.
Im Abschnitt Verkehr fehlt eine grundsätzliche Aussage zur Autogesellschaft, die bei uns und im welt-weiten Maßstab keine Zukunft hat.
Angesichts der Tatsache, dass sich die ländlichen Räume entleeren, der Futtermittelimport immer mehr wächst und der Fleischexport in andere Länder zunimmt, müssen die agrarpolitischen Ziele um-fangreich dargestellt werden. Es fehlt auch ein Hinweis zum Tierschutz.
Bei der Aufzählung der Bedingungen für ein Mitregieren fehlen ökologische Bedingungen.
Insgesamt muss die Brisanz der weltweiten ungelösten und anwachsenden ökologischen Probleme und der Zusammenhang zwischen fehlenden ökologischen Lebensgrundlagen und der sozialen Frage schon in der Präambel herausgearbeitet werden.
Wir sollten uns auf die zum Bundestagswahlkampf erarbeitete Broschüre „Wessen Welt ist die Welt“ bei der weiteren Qualifizierung des Parteiprogramms stützen.
Es wurde die Frage aufgeworfen, ob wir das Programm nur verbessern, erweitern und verändern sollten, also Konzentration auf die konkrete Textarbeit, oder ob wir einen umfangreichen Umweltteil ausarbeiten sollten.
PS.: Meinung der MdB Dagmar Enkelmann auf der 2. Ökologischen Konferenz des Landes Branden-burg am 24.4.10: Im Programm fehlt der durchgehende rot-grüne Faden. Noch vorhandenes Stück-werk in Form von „Abschnittsökologie“ muss überwunden werden. Das Wachstumsthema muss unter dem Blickwinkel der Zukunftsfähigkeit klar herausgearbeitet werden. Frage wie z. B. Was ist eine neue Lebensweise? Wie soll die Rekommunalisierung der Energie erfolgen? Müssen beantwortete werden und dürfen nicht als Forderungen stehen bleiben.
PS.: Antrag des KV Calw zum Parteitag: Das Parteiprogramm muss eine klare Aussage enthalten, warum die Menschheit gezwungen ist, eine postkapitalistische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu entwickeln. Gleichzeitig soll eine Vision der Grundzüge dieser neuen Wirtschafts- und Gesell-schaftsform erarbeitet werden.