WBGU-Gutachten: „Welt im Wandel, Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation“

Rezension von Götz Brandt

Jährlich ein oder zweimal erstellt der Wissen­schaftliche Beirat der Bundesregierung (WBGU) ein Hauptgutachten. Im Gutachten des Jahres 2011 wird ein neuer Gesellschafts­vertrag gefordert, der die „Große Transforma­tion“ zu einer naturverträglichen Produktion und einem naturverträglichen Lebensstandard bewir­ken soll. Unklar bleibt, wer diesen Vertrag mit wem abschließen soll. Gefordert wird näm­lich nicht weniger als ein „Weltgesellschafts­vertrag für eine klimaverträg­liche und nachhal­tige Wirtschaftsordnung“, für die alle Men­schen und Regierungen die „kollek­tive Verantw­ortung“ übernehmen sollen. Der „gestaltende Staat“ soll das alles richten sowie ein neu einzu­rich­ten­der „UN-Rat für nachhal­tige Entwicklung“ neben dem Sicherheitsrat. Warum eigentlich nicht gleich der Sicherheits­rat? Die Sicherheit des Weiterle­bens der Menschheit ist jeden­falls gefährdet.

Erkannt wird, dass das „kohlenstoffbasierte Wirtschaftsmodell…ein…unhaltbarer Zustand“ ist“. Dieser unhaltbare Zustand soll durch eine „2 °C-Klimaschutzleitplanke durch Schaffung eines nachhaltigen Ord­nungsrahmens“ erhalten werden. Festge­stellt wird auch, dass die Blockaden der Wirtschaft gegen die bisherigen Leitplan­ken zu steigenden Schadgasemissio­nen geführt haben und wahrscheinlich die 4 °C-Grenze der globalen Temperaturerhöhung erreicht wird. Dann würden „kaum beherrsch­bare Folgen für Natur und Gesell­schaft“ entste­hen. Betont wird, dass die notwendige „Dekar­bonisierung“ bis 2050 auch ohne Atomenergie aber weiterhin mit Kohle und CCS-Technologie sowohl tech­nisch als auch wirtschaftlich und finanziell möglich sei. Das alles soll bei einem Wirt­schaftswachstum von 2-3 % jährlich reali­siert werden.

Mit den vorgeschlagenen „10 Maßnahmebün­deln mit großer strategischer Hebel­wirkung“ hinkt der Beirat hinter der 2008 veröffentlichten Studie des Wuppertal-Insti­tuts „Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt“ hinter­her. Dort wird umfassender, präziser und detail­lierter dar­gelegt, was in den nächsten 10 Jah­ren zu tun ist, bevor es zu spät ist.

Wer das Zusammenspiel von Wissen­schaft, Regierung und Wirtschaft bei der Erhaltung des Status Quo studieren will, der könnte das Gut­achten lesen. Empfoh­len wird dagegen, die Veröffentlichung des Wuppertal-Instituts als Grundlage für ein Nachdenken über einen neuen Gesell­schaftsvertrag zu nutzen.

Download der Vollversion oder der Zusam­menfassung (34 Seiten) aus dem Inter­net hier.

Juli 2011