Deutsch-polnisches Treffen zum Thema Energie: CO2-Endlager in Polen auch eine Gefahr für Ostbrandenburg

Über die Notwendigkeit, den Protest gegen CCS länderübergreifend zu organisieren, wurde hier bereits geschrieben. Die folgende Pressemitteilung berichtet über den aktuellen Stand:

Auf Initiative des deutsch-polnischen Netzwerkes Nowa America trafen sich am vergangenen Wochenende mehr als 50 Mitglieder der AG „Energie“ zu einem gemeinsamen Austausch im polnischen Radnica, welches etwa 35 km östlich von Guben direkt an der Oder liegt. In den verschiedensten Referaten ging es um die  Energieversorgung der Gegenwart und Zukunft. Neben zahlreichen Einwohnern waren auch Bürgerinitiativen gegen CO2-Verpressung aus Ostbrandenburg, Vertreter aus Berlin sowie  Tagebaugegner aus der Lausitz vor Ort. Symbolisch übergab der Bürgermeister von Neutrebbin, Siegfried Link, seinem polnischen Amtskollegen ein eines jener gelben Kreuze, wie sie bereits vielerorts in  Deutschland  als  sichtbares Zeichen Symbol des Widerstandes gegen eine menschen- und umweltschädliche Energieerzeugung aufgestellt sind. Das zur Stadt Krosno Odrzańskie gehörige Dorf Radnica, nordöstlich von Guben ist im Gespräch für eine potentielle Verpressung des Klimagases aus polnischen Kohlekraftwerken. Laut einer Untersuchung des polnischen Energiekonzernes Polska  Grupa  Energetyczna (PGE) gehört Radnica im Lebuser Land zu einer von drei potentiellen Endlagerstätten.

Viele Einwohner von Radnica bemängelten vor allem die Informationspolitik von öffentlichen Stellen in Polen und den Energiekonzernen.  Mit besonderer Sorge wird auch ein altes Bohrloch in der Nähe betrachtet. Wenn hier CO2 verpresst würde, bestünde die akute Gefahr einer Leckage, berichtetet ein Anwohner.  Seit der letzten großen Flut im Jahr 1997 roste eine Testbohranlage vor sich hin und niemand fühle sich verantwortlich. Die Vertreter der deutschen Bürgerinitiativen machten den Polen ihren polnischen Nachbarn Mut: „Auch in Beeskow und Neutrebbin waren die Information von offiziellen Stellen mangelhaft.  Aber durch Aufklärung der Bevölkerung über die Folgen, Beharrlichkeit und massiven Protest konnte man schlussendlich eine Verpressung in Brandenburg bislang verhindern“, sagte Ute Lein von der Bürgerinitiative „CO2-Endlager stoppen“ aus Beeskow.  Dennoch müsse man weiterhin wachsam sein: „Sollte PGE in Radnica das Klimagas verpressen, bestünde auch für Ostbrandenburg zwischen Guben und Frankfurt (Oder) die Gefahr einer Trinkwasserversalzung durch die enorme Druckerhöhung im Untergrund“, warnte  Lein.

Damit die Braunkohleverstromung in Brandenburg  noch eine Perspektive hat, setzen Vattenfall und die Brandenburger Landesregierung auf ein europäisches Pipelinenetz zum Transport des abgeschiedenen Kohlendioxids. „Die Pipeline könnte schon  im 60 km entfernten Radnica enden, denn nach Zeitungsberichten spekuliert der Energiekonzern Vattenfall ebenfalls auf die dortige Möglichkeit der Endlagerung. Ein von Vattenfall genutztes Kohlendioxid-Endlager in Radnica würde in Brandenburg ein neues Kraftwerks Jänschwalde und neue Tagebaue bedeuten. Damit wird die Energiewende behindert“ so Thomas Burchardt, Sprecher der „Klinger Runde“. Erschüttert waren alle Teilnehmer nach seinem Vortrag über die Auswirkungen  der geplanten Tagebaue westlich der Neiße bei Gubin. Auch auf polnischer Seite sind gegen den Widerstand der Bevölkerung neue Tagebaue bei Brody und Gubin geplant.

Michael Kurzwelly vom Netzwerk Nowa Amerika werte das Treffen als Erfolg: In Zukunft wolle man den Austausch noch weiter vertiefen. Ziel sei es, links und rechts von Oder und Neiße ein von unten organisiertes bürgergesellschaftliches Netzwerk aufzubauen, das sich in wichtige Belange einmischt. Dazu gehört auch eine gemeinsamer Protest gegen Dinge, die ohne unser Wissen und über unsere Köpfe hinweg beschlossen werden, so Kurzwelly.

Kontakt für Rückfragen
Michael Kurzwelly
Koordinationsbüro NOWA AMERIKA
Güldendorfer Str. 13
15230 Frankfurt (O)
Mobil: 0171-2668747

Folgende zusätzliche Informationen lieferte uns dazu der
Sprecher der Klinger Runde, Thomas Burchardt:

  1. Interessant ist die Reaktion von Vattenfall:
    In der Lausitzer Rundschau stand am 1.8.2012 ein Dementi der Planungen.
  2. Zu der Äußerung von Christoffers: „CCS nur international machbar“ stellt er fest: „Auch eine Vepressung in Polen wäre international!!!!“
  3.  Speicherabgabe für die Gemeinde???
    „Der CCS Grundlagenentwurf enthielt einige bemerkenswerte Punkte: 60 Prozent der Speicherzinsen sollen in den Gemeinden verbleiben, in denen die Lagerstätten liegen, während 40 Prozent in einen nationalen Umweltschutz- und Wasserfonds fließen. Als Speicherzins werden 5,06 Zloty (ca. 1,25€) je Tonne CO2 veranschlagt.“
    … Das wären umgerechnet 0,75 €/t
  4.  Speicherpotentiale in Polen
  5. CCS und Vattenfall in Polen: SZ online am 10.2.12:
    „Vattenfall hat gestern angekündigt, enger mit den Polen an diesem Projekt (Belchatow) zusammenzuarbeiten…“
    Interessant, denn nach EU CO2Europipe Consortium 2009-2011 ist das projekt Belchatow auf 100 km Radius begrenzt und Radnica damit sozusagen frei für Vattenfall. Im Bericht (CO2Europipe – Executive Summary) steht auf S.61:
    „The project (Belchatow) consists of three phases: CO2 capturing, transportation and storage in aquifers located within a range of 100 km from Bełchatów.