Auch Großstädte können zu 100% mit erneuerbarer Energie versorgt werden

Inter Press Service berichtet von einer Studie [1], in der gezeigt wird, dass New York bis 2030 zu 100% aus erneuerbaren Energien versorgt werden kann.

Der Energieexperte an der Stanford University Mark Jacobson ist sicher, dass sich der gesamte Energiebedarf des Bundesstaates New York mit Wind-, Wasser- und Sonnenkraft decken lässt. Im Interview mit IPS hat er erklärt:

„New York mit grüner Energie zu betreiben ist nicht nur machbar, sondern nachhaltig und preiswert und würde Menschenleben retten und die Gesundheitskosten verringern.“

Gegenwärtig sterben im Bundesstaat New York 4.000 Menschen pro Jahr an den Folgen der Luftverschmutzung. Die Gesundheitskosten betragen 33 Milliarden Dollar jährlich.

„Auf Wind-, Wasser- und Sonnenkraft umzustellen, würde die Energiekosten stabilisieren und Arbeitsplätze schaffen. Gleichzeitig ließen sich die Klimaschäden verringern.“

Lokal lassen sich 40 Prozent des New Yorker Energiebedarfs durch Wind- und 38 Prozent durch Solarenergie decken. Der Rest kann durch eine Mischung aus Wasser-, Geothermie-, Gezeiten- und Wellenstrom abgedeckt werden.

Die Fahrzeuge können mit Batteriestrom und/oder Brennstoffzellen angetrieben, Privathaushalte und Büros durch Luft-Wasser-Wärmepumpen wahlweise beheizt oder gekühlt werden. Solarbetriebene Warmwassererhitzer erzeugen warmes Wasser, geothermische Wärmepumpen, Wärmetauscher und elektrische Heizungen machen Erdgas und Erdöl überflüssig. Die in Industrieprozessen benötigten hohen Temperaturen lassen sich mit Strom und oder Wasserstoffverbrennung erzeugen.

Für all diese Energiegewinnungsprozesse sind die notwendigen Technologien vorhanden. Neueste Elektroautos haben Reichweiten von 300 Kilometern. Angesichts sinkender Gesundheits- und Benzinkosten amortisieren sich die Kosten für den Bau von Biogasanlagen, Wärmepumpen und andere Ausrüstungen innerhalb von zehn bis 15 Jahren. Außerdem können die Verbraucher mit einem Rückgang der Strompreise um 37 Prozent rechnen, weil der grüne Strom weitaus effizienter ist.

„Auch Elektroautos sind fünf Mal energieeffizienter als benzinbetriebene Autos und Busse, denn sie setzen 90 Prozent in Antriebsenergie um, die herkömmlichen Verbrennungsmotoren hingegen nur 20 bis 25 Prozent. Die Energieeffizienz von Kraftwerken, die mit Kohle und Erdöl betrieben werden und zu allem Übel die Luft verpesten und die Erde erwärmen, liegt bei 33 Prozent.“

Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass die Kosten der Verschmutzung durch fossile Brennstoffe weitgehend unterschätzt werden. Kanadische Wissenschaftler gehen davon aus, dass jeder einzelne Pkw und jeder Lastwagen pro Jahr Gesundheitskosten in Höhe von 300 bis 800 Dollar verursacht. Amir Hakami von der ‚Carleton University‘ in Ottawa sagt dazu:

„Nicht nur die Verringerung der Emissionen, die von Fahrzeugen und Kraftwerken verursacht werden, sondern auch die Nicht-Reduzierung der Emissionen kostet Geld. Unsere Untersuchungen legen nahe, dass es auf lange Sicht viel teurer kommt, die Verschmutzung zu ignorieren.“

Für Zeiten ohne Sonnenschein und Wind gibt es mehrere Alternativen. In allen Stromnetzen existieren mehrere Stromquellen. Das bietet schon gegenwärtig die Möglichkeit, konventionelle Kraftwerke und AKWs zu Reparatur- oder Wartungszwecken zum Teil monate- oder jahrelang abzuschalten.

Die Umstellung New Yorks auf grünen Strom wird nicht einfach, „denn die Produzenten fossiler Brennstoffe und Energie sind gleichzeitig die weltweit größten Konzerne, die über einen enormen politischen Einfluss verfügen“, meint Jacobson. Sie behindern vor allem Bemühungen um Energieeinsparung und -effizienz, weil sie dadurch Einkommenseinbußen erleiden. Die Verringerung des Energiebedarfs ist jedoch wesentlich für die Energiewende. Hierbei sind die Anstrengungen zu gering, denn die Mehrheit der Forschungsmittel fließt  in Projekte, die nicht auf Energieeinsparung, sondern -gewinnung setzten. Dagegen könnten die Stromkosten und die CO2-Emissionen durch die Herstellung von kostengünstigen und hocheffizienten Kühlschränken deutlich gesenkt werden. Ein großes Energieeinsparpotenzial gibt es auch bei Gebäuden. Aber Politiker sind an der energetischen Gebäudesanierung wenig interessiert. Deshalb unterstützen sie lieber neue Kraftwerke mit öffentlichen Geldern.

Jacobson:

„Führungsstärke ist notwendig, um bis 2030 für ein sauberes, gesundes und schadstofffreies New York zu sorgen. Ich bin mir sicher, dass die Öffentlichkeit zu 100 Prozent hinter der Idee stünde, wüsste sie Bescheid.“

Anthony Ingraffea, Professor für Ingenieurswissenschaften an der Cornell University und Mitautor der Studie stellt fest:

„Wirtschaftlich macht der Plan auf jeden Fall Sinn. Jetzt ist die Politik am Zuge.“


[1↑] „Visions of a Sustainable, Pollution-Free New York by 2030“