Rückgang der Schlachtzahlen in Deutschland

Die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt hat Daten des Statistischen Bundesamtes ausgewertet und festgestellt, dass die Schlachtzahlen in Deutschland 2012 erstmals seit 1997 rückläufig sind.
Das betrifft vor allem Masthühner, Schweine und Legehennen. Auch bei fast allen anderen Nutztierarten sind die Zahlen gesunken. Einzig die Schlachtung der Enten hat zugenommen.

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Der weltweite Fleischverbrauch hat sich in den vergangenen 50 Jahren von 70.000.000 Tonnen im Jahr 1961 auf mittlerweile 283.000.000 Tonnen pro Jahr vervierfacht.
Wenn der hohe Fleischkonsum der Industrieländer gleich bleibt und sich städtische Mittelschichten in China und anderen Schwellenländern diesem Niveau weiter annähern, wird der Trend anhalten.[1]

Über die negativen ökologischen Auswirkungen der Tierzucht ist schon viel geschrieben worden (z.B. hier) – ohne dass „eingefleischte“ Landwirte die Fakten zur Kenntnis nehmen und für sich, die eigene Produktions- oder gar Lebensweise Schlussfolgerungen ziehen.
Statt dessen begegnen wir „Argumenten“ wie

  • „Die Landwirtschaft muss die Bevölkerung ernähren.“ (Deutschland ist Netto-Fleisch-Exporteur.) oder
  • „Ich will auf meinen Braten nicht verzichten“. (In Deutschland waren 2011 67,1 % der Männer und bei 53,0 % der Frauen übergewichtig – Tendenz steigend.)

Im Prinzip sind das die gleichen Verdrängungsmechanismen, wie bei bei Autofahrern, die sagen: „Auto fahren macht Spaß, schnell fahren macht noch mehr Spaß.“ oder „Mein SUV ist schon sparsam. Es verbraucht pro kg Eigengewicht gaaanz wenig Sprit.“

Fakt ist, dass die Viehhaltung enorme Auswirkungen auf die Umwelt hat. Auf ihr Konto gehen 18% der gesamten Treibhausgas-Emissionen und 9% aller von Menschen verursachten CO2-Emissionen. Weltweit verursacht sie etwa 8% des menschlichen Wasserverbrauchs, vor allem für die Bewässerung beim Anbau von Futtermitteln. 26% der globalen Landfläche sind Weideland, 33% des Ackerlandes dient der Futter-Produktion. 70% der landwirtschaftlichen Nutzfläche und 30% der globalen Landfläche werden so von der Tierhaltung beansprucht.
In den USA verursacht die Tierhaltung 55% der Bodenerosion und Sedimentation, 37% des Pestizid-Einsatzes, 50% des Antibiotika-Verbrauchs und ein Drittel der Süßwasser-Belastung mit Stickstoff und Phosphat. (Global, S. 518)

Die Tierärztin Anita Idel, Mitbegründerin der Gesellschaft für Ökologische Tierhaltung und des gen-ethischen Netzwerkes,  hat ein Buch herausgebracht mit dem Titel „Die Kuh ist kein Klima-Killer. Wie die Agrarindustrie die Erde verwüstet und was wir dagegen tun können“.[2]
In ihrem Artikel „Eine Kuh ist kein Auto – Warum Kühe keine Klima-Killer sind“ schreibt sie zu ihrem Buch auf der Seite des BUND:

„In der öffentlichen Diskussion ist alles ganz einfach: Die Kuh ist ein Klima-Killer, Punkt! Das Rindvieh rülpst riesige Mengen Methan in die Atmosphäre und gelegentlich furzt es auch noch. Wegen dieser Emissionen werden Kühe gern mit Autos verglichen – und verlieren: Denn ihr Ausstoß besteht nicht aus Kohlendioxid, sondern aus Methan, das vielfach schädlicher ist fürs Klima als CO2.

Doch was ist an dieser Diskussion falsch? Beinahe alles. Erstens wirft man einen sehr oberflächlichen Blick auf die Landwirtschaft, statt zwischen den verschiedenen Agrarsystemen zu unterscheiden – von nachhaltig und ressourcenschonend bis energieaufwändig industrialisiert. Zweitens beschränkt sich der Blick auf nur ein Klimagas, das Methan, ohne das viel relevantere Lachgas einzubeziehen und über den Tellerrand zu schauen. Denn drittens zählen zum Gesamtbild auch die positiven Effekte grasender Wiederkäuer. Ihr Beitrag für die Humusbildung und damit für die Klimaentlastung wird in Gänze unterschlagen.

Ja, Kühe rülpsen Methan. Dennoch sind Rinder unverzichtbar für die Welternährung — durch ihren Beitrag zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit und zur Begrenzung des Klimawandels in nachhaltiger Weidehaltung. Deshalb müssen wir nicht nur Kuh und Co rehabilitieren, sondern auch die Frage nach dem richtigen System stellen, Die Entscheidung, ob wir mit Kühen das Klima killen oder das Klima schützen, liegt bei uns.“

Wenn zur Fütterung Pflanzen verwendet werden, die zur direkten menschlichen Ernährung nicht geeignet sind, wird das Lebensmittelangebot gesteigert. Tiere liefern Dünger, können zur Bodenbearbeitung beitragen, als Zug- und Lasttiere arbeiten, Abfälle verwerten und die Ernährungssicherheit stabilisieren.
Das Problem der industriellen Landwirtschaft ist aber: Die Masttiere fressen nicht mehr Gras, sondern Mais, Soja, Weizen und anderes Getreide. Dafür werden Ackerflächen benötigt, die der direkten Lebensmittelproduktion verloren gehen.

Weitere Artikel zur Frage „Bio-/industrielle Landwirtschaft – Klimaschutz“


[1↑] siehe Weltagrarbericht

[2↑] Metropolis-Verlag, 2012; 210 Seiten;· 14,50 EUR; ISBN 978-3-89518-820-6