Wahlprüfsteine – Vorurteile oder Oberflächlichkeiten?

Beschämende Einzelergebnisse bei „Wahlprüfsteinen“ für DIE LINKE

Ein „Nein“ DER LINKEN ist das Fazit, wenn die Albert Schweitzer-Stiftung unsere Positionen an ihrer Forderung „Fleischkonsum reduzieren“ misst (siehe http://albert-schweitzer-stiftung.de/tierschutzinfos/wahlpruefsteine/tierschutz-bundestagswahl-2013).

Hier ist der (inzwischen entfernte) Originaltext:

„Der Verzicht auf oder die Reduzierung des Fleischkonsums kann nur durch freiwillige Entscheidungen der Verbraucherinnen und Verbraucher stattfinden. Die Aufklärung der Verbraucherinnen und Verbraucher über gesunde Ernährung, Verbesserung der schulischen Bildung zur Ernährung und die Einführung der auch von der EU vorgesehenen Qualitätskennzeichnung tiergerechter Erzeugung sind durch die Politik zu gestaltende Maßnahmen, die zu geringerem Fleischkonsum beitragen können. Diese Maßnahmen zum Beispiel in der Initiative Ernährung und Bewegung des Bundeslandwirtschaftsministeriums unterstützt die LINKE, wobei ein besonderer Fokus auf sozial benachteiligte Haushalte zu legen ist.

Ein geringerer Fleischkonsum in Deutschland bedeutet nicht zwangsläufig eine Reduktion der einheimischen Tierhaltung. Den insbesondere in Schwellenländern wachsenden Fleischkonsum versucht beispielsweise die deutsche und europäische Fleischindustrie mit politischer Unterstützung zum verstärkten Export zu nutzen. Daher müssen aus Sicht der LINKEN die Anreize zum regionalen Konsum verstärkt werden. Besondere Qualitäten tier- und umweltgerechter Erzeugung lassen sich glaubwürdig und verbrauchernah mit gerechten Erzeugerpreisen am effektivsten regional vermarkten. Für spezielle tierische Erzeugnisse ist sogar aus ökologischen und sozialen Gründen eine Erhöhung des Verbrauchs in Deutschland wünschenswert. So könnte ein etwas höherer Durchschnittsverbrauch von Lammfleisch aus regionaler Erzeugung den vergleichsweise zu hohen Verbrauch an Schweinefleisch ersetzten. Ökologisch und sozial wären die Auswirkungen positiv für die Naturlandschaften und die an die Schäferei gebundenen Arbeitsplätze.

Der Tierschutz in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung ist prinzipiell unabhängig von der Anzahl der gehaltenen Tiere und von der Betriebsgröße. Tierschutzrechtliche Belange gelten für alle Betriebe, unabhängig von Größe und Ausrichtung.“[1]

Hier steht weder „ja“ noch „nein“. Die Antwort passt nicht in dieses einfache Schema. Das ist das Problem. Im Wahlkampf sind einfache Antworten gefragt; die Bürger wollen/müssen sich entscheiden. Für oder wider diese oder jene Partei – das ist die Frage. Dass bei denjenigen, die die Antworten der Parteien auswerten, ihre persönliche Lesart eine Rolle spielt, ist wahrscheinlich nicht zu vermeiden. Seriöse Darstellungen ermöglichen es den Seitenbenutzern – die das wollen -, die Originalantworten zu lesen.
Auffällig ist jedoch, dass Positionen DER LINKEN in manchen Übersichten zu Wahlprüfsteinen nicht dem Programm entsprechen, aus Sicht der Abfragenden leicht schlechter bewertet werden.[2] Warum? Sind unsere Antworten zu komplex, werden sie nicht gründlich gelesen oder steht das Ergebnis schon vorher fest?

Die Probleme sind komplizierter als Alternativfragen. Beim sozial-ökologischen Umbau (wie auch auf einigen anderen Politikfeldern) sind Abwägungen zwischen verschiedenen Zielen erforderlich. Und:  Strategisches Ziele und praktische Schritte stimmen nicht überein. Daher ist es auch durchaus normal, dass in Wahlprogrammen konkretere, aber nicht so weit reichende Aussagen zu finden sind, wie im Parteiprogramm.

Wahlprüfsteine können eine Entscheidungshilfe sein. Es besteht aber die große Gefahr, dass vereinfachte Darstellungen (die darüber hinaus keine Möglichkeit bieten, die Originalantworten zu lesen) einfach unkritisch übernommen werden.
Wahlpruefsteine


[1↑] Alle beantworteten, agrarpolitisch relevanten Wahlprüfsteine finden sich auf Kirsten Tackmanns Homepage: http://kirsten-tackmann.de/tag/wahlpruefsteine/.

[2↑] Auch Eva Bulling-Schröter kann ein Lied davon singen. In einer E-Mail schreibt sie:

„… wir, d.h. mein Büro und ich haben uns jetzt schon einige Male darüber geärgert, wie bei Wahlprüfsteinen oder bei Einschätzungen des Programms beurteilt und eingeschätzt wird. Hier schicke ich euch ein Beispiel mit Antwort als Beispiel.

Wir haben uns aber sehr auch über die Antwort aus Ihrer Partei auf unsere Wahlprüfsteine gefreut und werden, sobald uns auch aus allen anderen Parteien Rückmeldungen vorliegen, eine Auswertung der Antworten vornehmen und diese veröffentlichen. Diese Auswertung wird deutlich mehr ins Detail gehen und sicherlich einige der von Ihnen genannten Vorschläge der Linken genauer beleuchten.

Zu Ihren Anmerkungen im Einzelnen:

– Steuerliche Vergünstigungen: Hier erwähnen Sie die Forderung der Linken, unberechtigte Industrierabatte, darunter auch bei der Ökosteuer abzuschaffen. Im Wahlprogramm der Linken wird dieses Thema jedoch nicht unter dem Energieeffizienzaspekt betrachtet, d.h. hinsichtlich der Frage, inwieweit solche Vergünstigungen an Effizienzgegenleistungen gekoppelt werden sollen. Daher haben wir hierzu nur die Position der Grünen und der SPD aufgenommen.
– Emissionshandel: Als Alternative zum Emissionshandel schlägt die Linke im Wahlprogramm ein Kohleausstiegsgesetz vor. Auch hier sehen wir keinen direkten Zusammenhang zum Thema Energieeffizienz. Auch betrifft das vorgeschlagene Gesetz nur einen kleinen Teil der derzeit vom Emissionshandel betroffenen Unternehmen. Wir werden den Vorschlag der Linken jedoch in die Übersicht aufnehmen.
– EnEV: Die gewählte Formulierung zur EnEV kann in der Tat missverstanden werden. Diese werden wir anpassen.
– Energieeffizienzrichtlinie: Wir entschuldigen uns vielmals, dass wir den Vorschlag für eine Versorgerverpflichtung nicht aufgenommen haben, dies ist uns in der Tat bei der Durchsicht entgangen.
– KWK: Das Thema BHKW/ KWK haben wir bewusst auch bei der Auswertung der anderen Programme außen vorgelassen, da es sich um eine Technologie zur Energieerzeugung handelt. Jedoch nehmen wir dieses der Vollständigkeit halber gerne auf.