Flucht nach vorn

Vier Jahre lang hat die Bezeichnung „Industriekraftwerk“ ihren Zweck erfüllt und die Bevölkerung um Rüdersdorf eingelullt. Erst mit der beantragten „Anpassung“ (Einstellung der Annahmekontrolle des angelieferten Mülls) bildete sich eine BI (siehe Müllverbrennung durch die Hintertür – klick). Nun hat Vattenfall die Flucht nach vorn angetreten, die von uns zitierte Selbstdarstellung „verschwinden“ lassen und gibt freimütig zu: Das IKW Rüdersdorf ist schlicht und ergreifend eine Müllverbrennungsanlage (die auch Strom liefert). Von dem „Industriekraftwerk“, unter dem Beantragung, Genehmigung, Bau und Förderung liefen, blieb nur die Abkürzung IKW übrig. Mit dem jetzt aktuellen Text („Seit Januar 2009“) wird darüber hinaus der Eindruck suggeriert, dass damit die Bürger nie getäuscht wurden.

IKW-2

Quelle: Vattenfall (https://web.archive.org/web/20160313132432/http://corporate.vattenfall.de:80/uber-uns/geschaftsfelder/erzeugung/Energie-aus-Abfall/ikw-rudersdorf); 10.12.2013

Nebenbei wurde durch die Neugestaltung der Vattenfall-Seite der Link zu der Selbstdarstellung des IKW obsolet. Damit ist das Zitat in unserem oben zitierten Beitrag vom 4.9.13 nicht mehr direkt nachprüfbar und so entsteht der Eindruck, dass die Darstellung zumindest zweifelhaft sein könnte – eine beliebte Methode, Kritiker zu diskreditieren. Doch ganz so einfach ist das nicht:

IKW

Das Internet vergisst eben nie.

Wenn der der Vorsitzende der BI, Alfred Possin, auf der Pressekonferenz am 26.8.2013 noch sagte: „Mülltourismus ist vorprogrammiert“, dann bestätigt das der Konzern in seiner neuen Imagebroschüre
„Abfälle im Griff – zur Schonung der Ressourcen“ auf Seite 8:

„Der unterbrechungsfreie Betrieb der Anlage setzt eine kontinuierliche Beschickung mit Abfällen voraus. Die angelieferten Ladungen aus Abfallaufbereitungsanlagen im Raum Berlin-Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern werden im Abfallbunker gesammelt und von dort direkt der Verbrennung zugeführt.“

Vattenfall versucht, dem Vorwurf der Täuschung keinen Raum zu geben und Transparenz zu demonstrieren. Das geht sogar so weit, dass der Konzern das zugibt, was die erfahrenere Müllverbrennungslobby immer bestrebt ist, unter dem Deckel zu halten: Wenn Müllverbrennungsanlagen erst einmal existieren, benötigen sie Müll.

Müllverbrennungsanlagen führen daher tendenziell zu geringerer Trennung und Sortierung, schlechteren stofflichen Recyclingraten, zu weniger Abfallvermeidung und erhöhten Transporten. Eine Ökobilanz, die all diese Faktoren erfasst, gibt es (noch) nicht. Daher ist Vattenfalls Behauptung

„Die VE ECO [1] leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Erreichung des Konzernziels der Vattenfall Gruppe, die Energieerzeugung auf CO2-arme Energieproduktion umzustellen.“

leeres Greenwashing. Der Aussage wäre nur dann zuzustimmen, wenn Müll gewissermaßen ein „jungfräulicher“, CO2-unbelasteter Energieträger wäre und außerdem konkurrierende alternative Entsorgungs-/Recyclingwege ausgeblendet werden.

Vattenfalls CO2-arme Energieproduktion – des Kaisers neue Kleider

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Montage unter Verwendung von „Wolkenmacher“ (yetdark; CC BY-SA 2.0; http://www.flickr.com/photos/yetdark/6059159167/sizes/m/in/photostream)


[1↑] Vattenfall Europe New Energy Ecopower GmbH