Es ist
- nicht einmal drei Monate her, dass sich über 40 000 Menschen in Berlin zu der bisher machtvollsten Demonstration für eine Agrarwende und gegen Massentierhaltung versammelt haben. Sie haben genug von Überdüngung und Monokulturen, Pestizideinsatz, immer neuen Versuchen gentechnisch modifiziertes Saatgut anzubauen, von Mega-Ställen, die durch weitere Fleisch-Überproduktion in Deutschland Dumping-Preise auf dem Weltmarkt schaffen und die Existenz von kleineren Erzeugern in anderen Ländern ruinieren, vom damit verbundenen Medikamenteneinsatz, der unsere Gesundheit durch resistente Keime gefährdet;
- eine Woche her, seit Brandenburgs Umwelt- und Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger mitteilte, auf die Einsetzung eines die Landesregierung beratenden Nachhaltigkeitsbeirats[1] zu verzichten.
Nach der erfolgreichen Unterschriftensammlung für die Volksinitiative Brandenburg “Stoppt Massentierhaltung” mit knapp 34 000 Unterschriften wurden die Forderungen am 4.3.2015 wiederholt im parlamentarischen Ausschuss für ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft behandelt: Die Volksinitiative fordert: Brandenburg soll nur noch artgerechte Tierhaltung fördern und das Abschneiden von Schnäbeln und Schwänzen in der Tierhaltung verbieten. Ein Verbandsklagerecht und die Stelle eines Tierschutzbeauftragten sollen den Tierschutz wirksam umsetzen. Zudem soll über Bundesratsinitiativen der Antibiotikaeinsatz stark eingeschränkt und Immissionsschutzgrenzwerte verschärft werden.
Bis auf Bündnis 90 / die Grünen haben alle Fraktionen dem Landtag empfohlen, die Volksinitiative abzulehnen.
Damit setzt die rot-rote Landesregierung nur konsequent ihren antiökologischen Kurs fort. Von der SPD, die den brandenburgischen Chef-Lobbyisten der (konventionellen) Landwirtschaft, den Präsidenten des Landesbauernverbandes Brandenburg e.V. und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes Udo Folgart zu ihrem agrarpolitischen Sprecher gemacht hat, war wohl nichts anderes zu erwarten. Aber DIE LINKE? War der Verzicht auf das Umweltministerium – der Bereich wurde jetzt dem Landwirtschaftsminister zugeordnet – der Preis für die Aufnahme in die Regierung? Vor allem: Was kann sie bewirken? Was will sie? Auf die Menschen hören, die ihre Sorgen und Nöte vortragen oder weiterhin auf abstraktes Wirtschaftswachstum setzen?
Kommentar
`Was will die Linke und was kann sie bewirken`? Es ist geradezu lächerlich – die Linke ist an der Regierung beteiligt und schon ist der `Mainstream` angesagt. Hauptsache regieren!
Das sind keine guten Perspektiven. Denn so wird die Linke nicht mehr gebraucht und damit nichts bewirken.
Es wird mir unheimlich, wenn ich an eine Beteiligung der Linken an der Bundesregierung denke!
Ich finde das alles ziemlich frustrierend.
Solidarische Grüße
Uschi Kappeler
9.3.15
[1↑] Der Nachhaltigkeitsbeirat wurde im März 2007 unter der rot-schwarzen Regierung berufen. Seine Internetseite besteht (am 9.3.15) nach wie vor. Dort steht mit Stand vom 9.9.14:
„Ein zukunftsfähiges Brandenburg braucht eine Politik, die sich am Leitbild einer Nachhaltigen Entwicklung orientiert. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bedarf es auch des Sachverstands von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Region. „
Das scheint für die neue rot-rote Regierung nicht mehr zu gelten. Oder war die auf der gleichen Seite formulierte Kritik an der bisherigen rot-roten Politik zu unbequem?
„Nach Auffassung des Beirats für Nachhaltige Entwicklung sollte die Landespolitik einen grundlegenden Perspektivwechsel vornehmen, um den Herausforderungen vor allem des Klimawandels und der demografischen Entwicklung begegnen zu können und die Lebensqualität für die Menschen in Brandenburg zu verbessern. Dazu bedarf es einer klaren Neuorientierung der Politik am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung. Erste Anhaltspunkte für die Ausrichtung der Landespolitik am Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung liefern die in der Landesnachhaltigkeitsstrategie entwickelten vier Kernfragen:
- Werden die natürlichen Lebensgrundlagen so genutzt, dass die ökologische Tragfähigkeit der Erde bewahrt bleibt?
- Dienen das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Handeln dazu, die Wohlfahrt und das Wohlbefinden zu erhöhen?
- Tragen die internationalen Beziehungen Brandenburgs zu einer größeren Solidarität und Entwicklungsstabilität in der Einen Welt bei?
- Fördert das Handeln von Politik, Verwaltung und Unternehmen die Teilhabe Aller an den Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen und damit die Demokratie als Lebensform?“