Ausbau der Windkraft ist keine Gefahr für den Bestand von Vogelarten

schreibt Hans-Josef Fell auf seiner Internetseite (https://hans-josef-fell.de/)

Im kürzlich vorgelegten Abschlussbericht des von der Bundesregierung im 6. Energieforschungsprogramm geförderten Forschungsprojekts PROGRESS, der bisher umfassendsten Untersuchung über Kollisionsrisiken von Vögeln mit Windkraftanlagen, kann keine Bestandsgefährdung von Vogelarten nachgewiesen werden. Im Endbericht geben die Autoren „Entwarnung für den größten Teil der im Untersuchungsraum vorkommenden Vogelarten, für die auch in Bezug zu dem sehr umfangreichen Ausbau der Windenergienutzung keine Bestandsgefährdung durch Kollisionen zu erwarten ist“ (vgl. Zusammenfassung des Endberichts (klick), S. 20). Die Forschungsnehmer konstatieren trotz der Suche unter einer rekordverdächtigen Zahl von fast 600 Windenergieanlagen „niedrige Fundraten“, d.h. es wurden nahezu von allen Vogelarten entweder keine oder nur sehr wenige Kollisionsopfer gefunden. Die PROGRESS-Studie bestätigt damit mit großem Untersuchungsaufwand lediglich bisherige Ergebnisse anderer Studien.

Für wenige Vogelarten, vor allem für Mäusebussard und Rotmilan, sehen die Autoren Anzeichen dafür, „dass durch den derzeitigen Ausbauzustand bereits Kollisionsraten auftreten, die zu einem Bestandsrückgang führen können.“ Das bedeutet, dass auch bei diesen als windkraftsensiblen geltenden Vögeln keine Bestandsgefährdung nachgewiesen worden ist. Dabei ist die Einschätzung der PROGESS-Studie, dass es Bestandsrückgänge für Mäusebussard und Rotmilan aufgrund des Windkraftausbaus geben könnte, sehr zweifelhaft. Selbst laut PROGRESS sind überhaupt nur unter einem geringen Bruchteil der Windenergieanlagen tatsächliche oder vermutete Kollisionsopfer gefunden worden. Dieses Ergebnis steht nicht nur im Widerspruch zur Interpretation der Autoren, sondern auch zu zahlreichen bisherigen Erkenntnissen. Damit werden gleich mehrere Problemfelder der PROGRESS-Studie augenfällig, z.B. die Hochrechnungen für die Kollisionsopfer. Mit einer GPS-Besenderung für Greifvögel gäbe eine viel präzisere als die PROGRESS-Methode, um verlässlich Todesursachen und damit die angeblich hohe Kollisionsgefahr bei Greifvögeln nachzuweisen.

Auch weitere wissenschaftliche Fehler und Ungereimtheiten der PROGRESS Studie legen nahe, dass sogar die Vermutungen von Bestandsrückgängen (nicht Bestandsgefährdungen) von Mäusebussard und Rotmilan infolge von Windkraftkollisionen nicht tragfähig sind (vgl. O. Kohle: Die größten Fehler der PROGRESS-Studie.

Der Windkraftausbau darf nicht länger durch immer neue Erschwernisse in der Genehmigungspraxis behindert werden. Mit den Ergebnissen der PROGRESS-Studie wird den Windkraftgegnern eines ihrer scheinbaren Argumente – dass die Windräder eine Bestandsgefährdung für Vogelarten seien – genommen.

Der unbestritten notwendige Schutz von Vogelpopulationen ist offensichtlich mit der Genehmigungspraxis der letzten Jahre gewährleistet. Nicht anders ist zu erklären, dass die Gesamtbestände von windkraftsensiblen Vogelarten in Deutschland, wie Rotmilan, Schwarzstorch, Uhu oder Seeadler in den letzten Jahren parallel zum Windkraftausbau zugenommen haben (vgl. O. Kohle: Mäusebussard, Rotmilan und Windkraft – Ein Scheinproblem.

In der Konsequenz sollte der Ausbau der Windkraft beschleunigt werden. Denn er ist unverzichtbar nicht nur für die Energiewende, sondern insbesondere auch für den Klimaschutz. Bekannterweise ist gerade die Erderwärmung die Hauptbedrohung für unzählige Tier- und Pflanzenarten auf der Erde und hat schon viele Arten für immer verschwinden lassen. Anstatt also mit der Opposition gegen die Windenergie eine der tatsächlichen Bedrohungen für den Vogelbestand zu befördern, wäre es zielführender, wenn Artenschützer sich endlich wieder auf den wichtigen Kampf für den Klima- und damit für den Artenschutz konzentrieren.

Im Interesse der Windenergie und des Schutzes der Vögel müssen eine objektive Aufklärung und Versachlichung der Diskussion im Vordergrund stehen. Wir müssen unseren Blick auf die tatsächlichen Bedrohungen von Wiesenvögeln richten, wie etwa den Verlust von Lebensraum, um Fortschritte für ihren Erhalt zu erzielen.


Kommentar

  • Sehr geehrte Damen und Herren,
    eine alte Erkenntnis lautet, die falsche Dosis, wie z. B. zu viele aktive Windkraftanlagen, am falschen Ort (z. B. Deutschland), zur falschen Zeit (fast immer) machen das Gift (nach Paracelsius). Nicht alle Gebiete sind für die Windkraftnutzung gut geeignet und dort, wo die Eignung gegeben ist, drängeln sich immer mehr Windkraftanlagen. Die Folge davon ist, dass bereits Wälder damit bestückt werden und dass empfohlene Abstände zu Horsten des vom Aussterben bedrohten Schreiadlers unterschritten werden.
    Wenn Deutschland derzeit erst ein Drittel des Energiebedarfs mit erneuerbaren Energien deckt, dann ist absehbar, was auf das Landschaftsökosystem noch zukommen kann und das in einem kapitalistischen System mit seinem Wachstumszwang. Wenn die regenerative Energie ach so grün ist, dann könnte ja der gesamte Energieverbrauch der Menschheit und der Umsatz der miteinander konkurrierend rationalisierenden kapitalistischen Grünenergie-Unternehmen zum Zwecke ihres Maximalprofits und Überlebens fleißig weiter zunehmen. Die Folgen des zunehmenden Zubaus von Kleinwindkraftanlagen für den Artenschutz sind zudem offenbar noch kaum untersucht.
    Ich habe den Verdacht, dass die Landschaftskapazität für den ökologisch nachhaltig zukunftsfähigen Zubau an Windkraftanlagen (siehe Gleiches bei der Biomasse und deren Folgen) in Deutschland bereits (weitgehend) erschöpft ist (siehe auch die Opferproblematik bei Fledermäusen) und dass der noch nicht regenerativ gedeckte Energieverbrauch eingespart werden muss. Ich möchte nur an den extrem verschwenderischen Kraftverkehr, die thermisch meist unzureichend isolierten Gebäude und an den hohen Energieverbrauch in der dominierend nicht ökologischen Landwirtschaft (Dünger- und Tierproduktion) erinnern. Wenn Zubau, dann insbesondere bei Repowering, Fotovoltaik auf geeigneten Flächen und Energiespeicherung. Insgesamt heißt das Nachhaltigkeitsprinzip nicht Maximierung des sektoral kurzfristig Machbaren, sondern ganzheitlich nachhaltige Optimierung im Rahmen des globalen Erhalts der sensibelsten Ressource, der biologischen Vielfalt.
    Es muss beachtet werden, dass man die Wirkung der Windkraftnutzung nicht nur auf einzelne Anlagen oder Parks bezogen und getrennt von den Wirkungen der anderen Landschafts-Nutzungsmodalitäten und hinsichtlich des Artenschutzes nur auf die Vogelwelt beschränkt betrachten kann (siehe auch PROGRESS Hrsg.). Selbst ein dominierender Ökolandbau, wenn er gegeben wäre, müsste zukünftig in einem erhöhten Maße zur Rohstoffversorgung beitragen, so dass nur bei einer hohen Sparsamkeit an Energie und Material die biologische Vielfalt, als eines der wichtigsten Gütesiegel der Zukunftsfähigkeit unserer Lebensweise erhalten werden kann. Denn derzeit ist es so, dass der Rotmilan, für dessen Erhalt Deutschland die weltweite Hauptverantwortung besitzt, im Bestand offenbar nicht zu-, sondern abnimmt, denn er wird nach der neuesten Gefährdungseinschätzung (Rote Liste Deutschlands im Druck, www.nabu.de) nicht mehr als ungefährdet eingestuft, sondern in die Vorwarnliste zur Roten Liste. Dazu tragen die intensive Landwirtschaft, die hohe Intensität des Kraftverkehrs und die steigende Winkraftnutzung kumulativ bei. Stirbt ein Elternvogel ist die ganze Brut gefährdet.
    PROGRESS, als Herausgeber der eingangs genannten Studie hat, wegen der hohen Vegetation, offenbar keine Opfersuche zur Zeit der Jungenaufzucht durchgeführt, dann, wenn die Elternvögel am intensivsten nach Nahrung suchen und die gerade flüggen Jungvögel am unerfahrensten sind. Unklar ist auch, ob und in wie weit Prädatoren, wie z. B. Füchse gelernt haben, systematisch und nicht zuletzt auch nachts nach Opfern von Windkraftanlagen zu suchen und diese zu beseitigen.Mit freundlichem Gruß
    Andreas Ratsch