fünf Fragen an Dr. Dagmar Enkelmann

Mit einer Konferenz zum sozial-ökologischen Umbau starten DIE LINKE. im Bundestag und die Rosa-Luxemburg-Stiftung in das Jahr 2017.
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In der Zeche Zollverein in Essen wollen wir mit ExpertInnen, AktivistInnen und PolitikerInnen aus Umwelt- und Klimabewegung, aus Wissenschaft und Gewerkschaften diskutieren, wie wir die gesellschaftliche Transformation vorantreiben können.

Im Vorfeld der Konferenz haben wir Fragen zu Ziel und Anliegen der Veranstaltung gestellt an:

Dr. Dagmar Enkelmann, Vorstandsvorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS), Foto Dr. D. Enkelmann

1. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung ist Mitorganisatorin einer zweitägigen Konferenz zum sozialökologischen Umbau. Das letzte große Treffen zu diesem Thema – zu der Zeit noch unter dem Titel „Plan B“ – liegt schon einige Jahre zurück. Jetzt planen RLS und die Fraktion DIE LINKE im Bundestag eine Neuauflage unter dem Titel „Genug für Alle – Sozial.öko.logisch“. Geht es darum, die Arbeit „nur“ fortzusetzen oder um ökologische Neuprofilierung ?

Die letzte Konferenz ist tatsächlich schon einige Jahre her. Viele sind sich der Dramatik gar nicht bewusst, wie dringend notwendig es ist, sich mit der sozialökologischen Transformation zu beschäftigen, mit der Veränderung der Gesellschaft, der Wirtschaft, des Lebens, der Verkehrspolitik, der Stadtplanung und vielem anderem mehr. Auch sind sich viele nicht darüber im Klaren, welche Folgen die Entscheidungen, die wir heute treffen, haben.

Da kann es nicht einfach eine Fortsetzung der bisherigen Arbeit geben, sondern es muss um eine Neuausrichtung unseres sozialökologischen Profils gehen – in der Gesamtstrategie der LINKEN wie auch der Gesamtstrategie der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

2. Mit dem ersten globalen Klimavertrag von Paris hat die Öko-Bewegung Ende 2016 einen großen Erfolg errungen. Ist dieser politisch schon verpufft oder erleben wir eine Renaissance von Umwelt- und Klimaschutz?

Was den Erfolg betrifft, so sage ich Ja und Nein. Es gab in Paris tatsächlich noch Veränderungen am Vertrag, unter anderem bei der Definition des Ziels für die Reduktion der schädlichen Treibhausgase, so dass man unter dem Zwei-Grad-Ziel bleiben will. Es ist auch gut, dass inzwischen sehr viele Staaten den Weltklimavertrag ratifiziert haben. Er kann in Kraft treten.

Die Frage bleibt aber, was jetzt in den nationalen Klimaschutzprogrammen passiert. Was die Bundesregierung mit dem Klimaschutzprogramm 2050 bisher vorgelegt hat, trifft bei weitem nicht das, was notwendig wäre und in Paris verabredet worden ist. Das heißt: Da ist ein Erfolg erreicht worden, aber eine ernsthafte Umsetzung, eine stringente Gesamtpolitik für den Klimaschutz ist in Deutschland gegenwärtig nicht erkennbar. Da werden wir alle in Deutschland noch hart arbeiten.

3. Auf der Konferenz will die Stiftung auch „harte Brocken“ wie den Kohleausstieg, die Verkehrswende und das Wachstumsdogma ansprechen. Das sind teilweise recht umstrittene Themen. Wie kann die Linke grüner werden und sollte sie das überhaupt?

Zunächst: Es geht nicht darum, dass die LINKE grüner werden soll, sie muss von ihrer gesamten Ausrichtung her genauer auf diese Themen schauen. Wie halten wir es mit dem Wachstum? Folgen wir weiter dessen Logik. Wie sieht es wirklich mit dem Umgang mit fossilen Rohstoffen aus? Wie betrachten wir die Energiewende und wie weit wollen wir da gehen? Und was hat soziale Gerechtigkeit mit alledem zu tun?

Insofern geht es nicht darum, ökologischer zu werden, sondern darum, die Forderungen und Themen, die mit dem Begriff sozialer Gerechtigkeit zusammenhängen, weiter auszudehnen. Und da müssen wir globaler werden. Ich habe den Eindruck, dass die LINKE Probleme und Folgen der sozialökologischen Transformation noch sehr rational und regional betrachtet und zu wenig die globale Sichtweise einnimmt.

4. Kann denn zum Beispiel der Kohleausstieg gerecht sein?fünf Fragen an Dr. Dagmar Enkelmann

Auch der ist nicht nur eine ökologische, sondern eine zutiefst soziale Frage. Natürlich geht es um Arbeitsplätze, aber im Kern auch um die Zukunftsfähigkeit dieser Gesellschaft. Hier ist vieles verschlafen worden in den letzten Jahren, vor allem, einen solchen Strukturwandel langfristig auf den Weg zu bringen und darüber nachzudenken, wie die erneuerbaren Energien ausgebaut und genutzt werden können.

Wir als Stiftung müssen uns, wenn wir ernst genommen werden wollen, solchen Fragen wirklich zuwenden und das mit allen Konsequenzen, die es hat. Das tun wir noch zu wenig, insbesondere auch dort, wo die LINKE in Regierungsverantwortung steht und wo sie starke Fraktionen in den Landesparlamenten hat. Da müssen wir mehr tun. Und das soll die Konferenz leisten.

Quelle: LIMA