Mieterstrom – in homöopathischer Dosis

EEG 2017 – Erschwernis für die Energiewende

Das EEG 2017 setzt die Tradition der Erschwerung der Energiewende, die die Novellierungen seit 2012 kennzeichnet, ambitioniert fort, insbesondere durch die Ausweitung des Ausschreibungsverfahrens auf die Windkraft.
Winziger Lichtpunkt war die Verordnungsermächtigung zur Absenkung der EEG-Umlage auf Mieterstrom von 100 auf 40%.

Die EEG-Umlage wurde eingeführt, um die Differenz zwischen den Erzeugungskosten von Grünstrom und den (nierigeren) Erzeugungskosten von Fossil- und Atomstrom auszugleichen und so Marktteilnahme und Ausbau der Eneuerbaren zu ermöglichen. Die elementare Unstimmigkeit in dem Konstrukt liegt darin, dass die bei der Stromerzeugung durch Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschädigung generierten externen Kosten keine Berücksichtigung finden. Bei der fossilen und atomaren Stromerzeugung betragen sie ein Vielfaches der betriebswirtschaftlichen Erzeugungskosten, während sie bei den Erneuerbaren minimal sind.
Ganzheitlich betrachtet sind also die konventionellen Energien nicht billig, sondern exponentiell teurer als die Erneuerbaren. Dass Letztere teuer erscheinen und eine „Förderung“ benötigen, stellt die tatsächliche Lage auf den Kopf.
Bereinigt würde die Situation dadurch, dass die externen Kosten in die Preisbildung der jeweiligen Energieerzeugung einbezogen würden – was allein schon vom „Verursacherprinzip“ her nötig wäre, wonach derjenige für Schäden aufkommen muss, der sie verursacht.
Dass Eigenverbrauch aus PV-Anlagen ab 10 KWp mit (einem Teil) der EEG-Umlage belastet wird, ist vollends sinnwidrig, da die Umlage, die zwecks Ausbauförderung eingeführt wurde, hierbei in eine Ausbaubremse verkehrt wird. Das Gleiche gilt – in verstärktem Maß – für Mieterstrom, wo die Umlage sogar zu 100% verlangt wird, was zusätzlich zur Bremsung der Energiewende auch noch unsozial ist.

Alternative

Bündnis Bürgerenergie e.V., Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie, EUROSOLAR e.V., Solarenergie-Förderverein Deutschland. e.V., Die Freunde von Prokon e.V., Landesverband Erneuerbare Energie Sachsen-Anhalt e.V., MetropolSolar RheinNeckar e.V., Solarverein Goldene Meile e.V. und E-W-Nord haben in einem gemeinsamen Schreiben (13.01.2017) Wirtschaftsministerin Zypries vorgeschlagen, gerade auch im Hinblick auf die in Kanzlerkandidat Martin Schulz personifizierte Besinnung auf die sozialen Kernwerte der SPD, die Verordnungsermächtigung Mieterstrom umzusetzen. Wenn darin der Missbrauch der EEG-Umlage auch nicht beseitigt wird, so wäre die Absenkung auf 40% doch wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung und vor allem auch zeitnah – in dieser Legislaturperiode – umsetzbar.
Es stellte sich allerdings heraus, dass es im Ministerium zwischenzeitlich andere Pläne gab, nämlich statt Absenkung der EEG-Umlage Einführung einer „Förderung“ des Mieterstroms.

In einer Studie hatte das BMWi ermitteln lassen, dass durch Mieterstrom ein Potential von 14 Terawattstunden jährlich erschlossen und 3,8 Millionen Wohnungen (= 18% aller vermieteten Wohnungen) mit preisgünstigem Solarstrom versorgt würden.
Ein Eckpunktepapier (17.02.2017) zur Umsetzung sorgte allerdings für Ernüchterung, denn gar zu deutlich ließ es erkennen, dass man mehr um Begrenzung und Deckelung des Mieterstrom-Ausbaues bemüht ist als um den Ausbau.
Dieser soll nämlich auf 500 MW jährlich begrenzt werden. – Das bedeutet, dass die 14 Terawattstunden erst in  8 bis 10 Jahren erreicht wären.
Damit ja kein Solarpanel zu viel errichtet wird, soll der Mieterstrom zusätzlich in den „atmenden Deckel“ des PV-Ausbaues einbezogen werden (jährlicher Zubau derzeit max. 2,5 GW). Sollte dieser Deckel überhaupt einmal erreicht werden (2016 betrug der Ausbau ca. 1,5 GW), würden sich Mieterstrom und andere PV-Projekte gegenseitig ausschließen.

Das Förderungsmodell wird damit begründet, dass hiermit sehr genau dosiert werden kann: Große PV-Anlagen (mit niedrigeren spezifischen Kosten) kommen mit weniger Förderung aus als kleine Anlagen. Durch eine für alle gleiche Absenkung der EEG-Umlage wären große Anlagen bevorzugt. – Doch welch wirklichkeitsfremdes und die Menschen gar nicht im Sinn habendes Denken offenbart sich hier! Große Anlagen sind auf großen Mietskasernen möglich, dort, wo die am wenigsten Betuchten wohnen. Wieso kann man diesen, die auch in ihrer ganzen Wohnsituation am meisten benachteiligt sind, nicht einen winzigen Vorteil bei ihren Solarstromkosten gönnen?
Im Übrigen verweist das Eckpunktepapier mehrmals darauf, dass der Mieterstrom deswegen nicht zu arg bevorteilt werden darf, weil das zulasten anderer Stromkunden gehen würde. Welche das sind und worin ihre Benachteiligung besteht, wird nicht verraten.

Es ist ziemlich offensichtlich: Die SPD will sich im Wahlkampf brüsten: Wir sind sozial und fördern den Mieterstrom! Die praktische Auswirkung soll sich aber auf eine homöopathische Dosis beschränken. – Freuen werden sich hierüber die Kohleverstromer, für die das Kleinhalten des Mieterstroms einen Faktor der Bestandssicherung darstellt. – Ja, von hierher wird es klar: sie wären die Benachteiligten bei einer weiten Öffnung der Stadttore für Mieterstrom!

Fazit:

Im Sektor Stromerzeugung lag Deutschland 2015 um 24% über dem Pfad zur Erreichung der geplanten (aber an sich schon zu niedrigen) CO2-Reduktion. Die Chance, eine Aufbruchstimmung für Mieterstrom zuzulassen, riesige Erzeugungspotentiale für Solarstrom ohne jeden Flächenverbrauch und ohne Belastung der Netze zügig zu nutzen für die Begrenzung des Kimawandels und für die Beteiligung von Millionen Mietern an den Vorteilen der Energiewende wird nicht wahrgenommen. Das ist wirtschaftlich dumm, schwächt den schon gefährdeten sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft und ist ein Verrat an den Klimazielen, denen die BRD in Paris lauthals zugestimmt hat.

Der BEE und wichtige Grünstrom-Unternehmen haben einer „Förderung-Lösung“ zugestimmt – vermutlich nach dem Motto „besser Homöopathie als gar nichts“. – Gewiss sind auch wir froh über jede zusätzliche PV-Anlage auf einem Mietshaus und über jeden Mieter, der sich über seinen Sonnenstrom freut.

Dass das „weiter mit klein – klein“ angesichts der sich beschleunigenden Klimaerwärmung absolut unzureichend ist, muss aber auch klar sein. Zur Bundestagswahl muss ein „Energiewende-Beschleunigungsgesetz“ (siehe: https://www.oekologische-plattform.de/energiewende-beschleunigungsgesetz-dringend-erforderlich/) in die Diskussion gebracht werden. Es muss sich u.a. dadurch auszeichnen, dass die ständig zunehmende Bürokratisierung, die schon dazu geführt hat, dass auch Rechtsanwälte, die sich in EEG-Fragen noch auskennen, immer weniger werden und folglich umso mehr Honorar fordern, gestoppt und umgekehrt wird. Die Energiewende braucht wenige und einfache Regeln, damit die Bevölkerung sie wieder als ihr Projekt begreifen und ihre Begeisterung und Kreativität wieder einbringen kann.