Atomwaffen und Klimawandel

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Das Leben auf der Erde wird konfrontiert mit zwei existenziellen Gefahren: Der Klimakrise und den Atomwaffen. Beide Gefahren sind eng miteinander verbunden und begünstigen sich gegenseitig. Angesichts einer brennenden Welt würde man davon augehen, dass die Klimakrise nun nicht einmal mehr von den hartnäckigsten Verleumdern ignoriert werden kann. Nichtdestotrotz ignoriert die große Mehrheit die Tatsache, dass die aktuelle Situation einen Atomkrieg immer wahrscheinlicher macht und dass eine nukleare Abrüstung nun wichtiger denn je ist.

Klima und die nuklearen Konsequenzen

Laut dem Bericht „De Ojivas a Molinos“1 von Amerikas Agentur für Umweltschutz2 beliefen sich die Kosten, die durch Klimakatastrophen verursacht wurden in Amerika allein 2018 auf 400 Milliarden Dollar. Schätzungen nach zu urteilen werden diese bis 2050 auf 3 Billionen ansteigen. Die Kosten der Luftverschmutzung, die jährlich durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen hervorgerufen werden, belaufen sich Prognosen zufolge auf rund 176 Milliarden Dollar pro Jahr und werden bis 2050 insgesamt auf 5,2 Billionen ansteigen.

Die Investition in grüne Technologien ist nun auf der ganzen Welt essentiell, insbesondere in den Ländern, die am meisten zur Umweltverschmutzung beitragen. Gerade weil die direkten und indirekten Kosten der Umweltschäden immens sind, wird klar, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis grüner Technologien hoch ist. Dennoch rührt die politische Kurzsichtigkeit und die konsequente Demagogie vom Stillstand der Mehrheit der Politiker her. Tatsächlich werden viele politische Ressourcen und wissenschaftliches Talent, die zur ökologischen Innovation dringend gebraucht werden, für die Entwicklung nuklearer Aufrüstung verschwendet. Auf diese Weise wird gegen das Leben auf unserem Planeten vorgegangen, statt alarmierende Probleme auf eben diesem zu lösen.

Insbesondere die nuklearen Waffen sind aus militärischer und politischer Sicht obsolet und selbstmörderisch. Der mangelnde Weitblick dieser Rüstungslaune ist sehr kostspielig, da nukleare Waffen in ihrer Erhaltung sehr teuer sind: Die aktuelle Investition in nukleare Waffen liegt bei 126 Milliarden Dollar pro Jahr und nimmt weiter zu.

Das Risiko eines Atomkrieges

Die Klimakrise begünstigt einen Atomkrieg. Der Zeiger der Weltuntergangsuhr, eine symbolische Uhr, die das Risiko einer kompletten Zerstörung durch einen Atomkrieg misst, steht aktuell 2 Minuten vor Mitternacht und verzeichnet somit das höchste Risiko seit 1947. Dies lässt sich primär auf 3 Faktoren zurückführen:

  1. auf die instabile politische Führung in den Nuklearstaaten,
  2. auf das große Risiko einer ungewollten nuklearen Detonation duch Cyberterrorismus. Dieses Risiko wird durch die zunehmende Abhängigkeit von automatisierten Systemen überhaupt erst ermöglicht.
  3. auf den Klimawandel.

Der Klimawandel vervielfacht die Wahrscheinlichkeit kriegerischer Auseinandersetzungen aufgrund von Ressourcen, Trinkwasser und Lebensmitteln und erhöht den Druck der Migration. Der politische Kollaps hingegen führt dazu, dass extremistische Führer die Kontrolle über nukleare Waffen erlangen. Somit ist das Risiko eines Atomkrieges in Regionen mit politischer Spannung höher.

Die Auswirkungen nuklearer Waffen auf die Umwelt

Insbesondere jetzt in diesen Zeiten kann eine einzige nukleare Detonation einen signifikanten und irreparablen Umweltschaden auslösen.

Einerseits löst eine nukleare Detonation einen elektromagnetischen Puls (Abkürzung EMP im Englischen) aus. So kann ein einziger EMP in großer Höhe – ohne dass die nukleare Bombe sonderlich stark sein muss – alle elektrischen Systeme auf einem Kontinent ausfallen lassen. Ungeachtet ob dieser EMP in Nordamerika oder Europa augelöst wird. Der EMP hätte massive Auswirkungen auf das elektrische Netz, auf die Kommunikation, auf Autos und Krankenwägen und würde das ziviliserte Leben wie wir es kennen komplett verändern. Gleichzeitig würde ein EMP mehrere Dutzend nukleare Explosionen in Atomkraftwerken auslösen. Denken wir einen Moment an den Schaden, der durch nur einen nuklearen Unfall ausgelöst wird: Die Welt leidet immer noch unter den Folgen des nuklearen Unfalls in Fukushima 2011 – und dass bei nur einem Atomkraftwerk. Multiplizieren wir die Folgen von Fukushima nun um einige Dutzend und wir haben das Ergebnis mehrerer nuklearer Unfälle. Wir können schon lange nicht mehr nur von Hypothesen sprechen. Vor Kurzem drohte bereits Kim Jong Un Amerika wohlwissend, dass das nordkoreanische Waffenarsenal, ein winziger Bruchteil des amerikanischen Arsenals, ausreicht, um das Leben für den gesamten Subkontinent von Nordamerika zu verändern.

Andererseits hätte die Nutzung von nuklearen Waffen, wenn auch begrenzt, katastrophale klimatische Konsequenzen. 2012 wurde eine prospektive Studie3 zu einem Krieg zwischen Indien und Pakistan, beides nukleare Staaten die im Konflikt miteinander stehen, veröffentlicht. Mit bereits 100 Bomben, die die Größe derer aus Hiroshima haben und weniger als 0,5% des globalen Waffenarsenals repräsentieren, wäre die katastrophale Auswirkung nicht nur lokal und regional sondern auch global. Die Ozonschicht würde zerstört werden – was widerrum eine Auswirkung auf das Leben derjenigen hat, die von ihr abhängen. Das Klima würde sich so stark verändern, dass sich die Erntezeiten der gängigen Getreidesorten von der viele Bevölkerungen abhängen reduzieren würden. Diese Verringerung der Erntezeiten würde eine Hungersnot auslösen, die 2 Millionen Menschen auf der ganzen Welt insbesondere im Süden töten würde. Dieser Nahrungsmangel würde wiederum mehr Konflikte schüren, die wiederum eine Steigerung der Nutzung nuklearer Waffen nach sich ziehen würden. Betrachtet man das Gesamtbild, so wird klar, dass ein nuklearer Krieg Zerstörung in einem Ausmaß anrichten würde, das für uns nur schwer vorstellbar ist. Ein nuklearer Krieg würde mit dem Tod von Milliarden von Menschen, einer radioaktiven Kontamination riesiger Gebiete und einem nuklearen Winter, der unsere Zivillisation zerstört und möglicherweise sogar unsere Spezies einhergehen.

Lösungen

Die Lösung für den Klimawandel muss eine nukleare Abrüstung beinhalten. Die nuklearen Waffen stellen inakzeptable Risiken dar und untergraben die Fundamente der internationalen Kooperation und den guten sowie essentiellen Willen globale Krisen zu lösen.

Um die Klimakrise zu lindern bedarf es dem Einsatz von massiven Ressourcen. Ein großer Teil dieser Kapitalinvestition könnte direkt durch die Vielzahl an Ressourcen getilgt werden, die bei der nuklearen Abrüstung frei werden. Statt sich mit nuklearen Waffen zu beschäftigen könnten die wissenschaftlichen Talente und politischen Ressourcen für die Suche nach ökologischen Innovationen genutzt werden.

Weiterhin muss die Klimakrise und die nuklearen Waffen betreffend die ganze internationale Gemeinschaft mobilisiert werden. Es ist notwendig die Kraft der Menschheit zu kanalisieren, um eine Kultur des Friedens zu bilden und das multilaterale System zu stärken.

Ja, natürlich sehen wir, wie bilaterale Vereinbarungen kolabieren (wie auch die zwischen den nuklearen Kräften Amerikas und der russischen Federation). So gesehen, befinden wir uns auch mitten in einem Paradigmenwechsel in dem das Prestige eines Landes nicht länger von der militärischen oder wirtschaftlichen Macht ausgeht, sondern von ihrer Dialogfähigkeit Vereinbarungen zu treffen und Frieden zu stiften. Das Friedensabkommen zum Verbot nuklearer Waffen (TPAN), das in der UNO im Juli 2017 mit 122 Ländern geschlossen wurde, ist das Ergebnis dieses Wechsels. Das Aufsetzen dieses Abkommens bedurfte mehrerer politischer Schritte, die die Kooperation vieler Nationen beinhaltete. Dabei war dessen Verhandlung komplett konstruktiv und partizipativ und integrierte Experten der zivilen Gesellschaft auf eine Art, die zuvor in einem Prozess dieser Art noch nie dagewesen war. Die Universalisierung und Umsetzung des Abkommens zum Verbot nuklearer Waffen (TPAN) werden das multilaterale System stärken, den Glauben an die Wissenschaft erhöhen und die internationale Diplomatie fördern – alles unabdingbare Elemente im Kampf gegen den Klimawandel. Des Weiteren müssen die Unterschrift und Ratifizierung des Abkommens als wichtige Schritte im Rahmen der Klimakrise betrachtet werden.

Die Zeit der Rhetorik ist zu Ende. Angesichts dieses existenziellen Binoms steht die Menschheit am Scheideweg: Entweder wir haben Erfolg oder wir zerstören uns selbst. Mehr als jemals zuvor benötigt die Welt Dialog, pragmatische Führer, die dazu bereit sind mutige Entscheidungen zu treffen und konstruktive Politik einzuführen. Es ist obligatorisch dem Frieden eine Chance zu geben.

28.09.2019 – Carlos Umaña4 – Pressenza-Redacción Madrid5

 


  1. http://www.nuclearban.us/w2w/ 

  2. https://www.yaleclimateconnections.org/2019/04/climate-change-could-cost-u-s-economy-billions/ 

  3. Nuclear Famine: https://www.ippnw.org/nuclear-famine.html 

  4. Carlos Umaña: Arzt und Übersetzer, ist Mitglied von ICAN und regionaler Vizepräsident für Lateinamerika von IPPNW, einer der Organisationen, die sich seit Jahrzehnten für die nukleare Abrüstung einsetzt. 

  5. Textübernahme von Pressenza – https://www.pressenza.com/de/2019/09/atomwaffen-und-klimawandel/ 

1 Gedanke zu „Atomwaffen und Klimawandel“

  1. Kann ja sein, daß das mit den Atomwaffen nicht gelingt, den Menschen
    kollektiv auszulöschen, weil irgendwo versteckt einsam auf einem Atoll
    Überleben möglich sein wird.
    Kann auch sein, daß der jetzige Mensch gemeinsam verschwindet,
    kollektiver Suizid hieße das dann.
    Sehr gut möglich. was dann?

    Herzlich Hans-Otto

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