Klimakrise – eine Zerreißprobe für die Ökologen der LINKEN?

Kommentar zur bereits angekündigten Gründung einer Bundesarbeitsgemeinschaft Klimagerechtigkeit

Gestern wurde folgende E-Mail an einen nicht näher definierten Kreis von Mitgliedern der Partei DIE LINKE. versandt:

—–Ursprüngliche Nachricht—– Von: Nina Treu <******@*****.de> Gesendet: Samstag, 12. Oktober 2019 19:37 An: Verborgene_Empfaenger: Betreff: BAG Klimagerechtigkeit in der LINKEN – Einladung zur Gründung am 26.10. in Leipzig Gründung einer Bundesarbeitsgemeinschaft Klimagerechtigkeit in und bei der Partei DIE LINKE Diese Einladung richtet sich an alle, die sich für eine progressive linke Klimapolitik einsetzen wollen – also Menschen aus Partei und Bewegungen sowie alle, die noch nicht organisiert irgendwo mitarbeiten.

Wie auch schon bei der bereits am 3.9.19 auf unserer Seite erfolgten Ankündigung1 richtet sich die aktuelle Einladung nicht an Mitglieder der Ökologischen Plattform, die in dieser BAG eine Spaltung der Ökologen in der LINKEN sehen. So lässt sich zumindest dieser Satz interpretieren: „die noch nicht organisiert irgendwo mitarbeiten.
Während er im damaligen Kontext noch zu verstehen war als Bestrebung, möglichst viele Menschen zu gewinnen, wird jetzt deutlich, dass die in der Ökologischen Plattform organisierten und mitarbeitenden Mitglieder mit dieser Einladung nicht angesprochen werden.
Dass es sich hierbei nicht um eine Fehlinterpretation handelt, sehe ich daran, dass sich in die Mailingliste2 der in Gründung befindlichen BAG zwar jede*r eintragen kann, aber deshalb noch lange nicht die zu erwartenden Informationen von den Gründer*innen bekommt. So geschehen bei den Mitgliedern unseres Sprecher*innenrates Marcus Otto und Wolfgang Borchardt, die bereits seit Anfang September in die Liste eingetragen sind, aber in dieser Zeit nicht eine einzige E-Mail bekommen haben – auch nicht die obige E-Mail von Nina Treu. Beim Versuch, die Liste zu adressieren, kommt die Meldung:

„Es handelt sich hier um einen reinen Infoverteiler, der nur von der BAG selbst beschickt werden soll. Wir bitten um Verständnis dafür, dass hier weder Diskussionen geführt werden können noch eigenständig durch Empfänger*innen Termine oder andere Hinweise kommuniziert werden sollen. Bitte wendet euch für weitere Fragen an die Kontaktadresse der BAG.“

Der exakte Text der Einladung, sich in die Mailingliste3 einzutragen, müsste also lauten:

Wenn ihr informiert bleiben möchtet, tragt euch einfach […] auf unserem Info-Verteiler ein.
Ob wir euch dann informieren, entscheiden wir allein.

Dient diese Vorgehensweise dazu, zwar Adressen zu sammeln, dabei aber eine Diskussion über diese Doppelstruktur4 zu vermeiden? Transparenz sieht anders aus.

Und warum übernimmt die zu gründende BAG neuerdings von der Ökologischen Plattform den Namensbestandteil „bei“ der Partei DIE LINKE“? Im ursprünglichen Ankündigungstext war er nicht enthalten:

*Von:* DIE LINKE – BAG Klimagerechtigkeit *Betreff:* VORMERKEN: Gründung der LINKE.BAG Klimagerechtigkeit am 26. Oktober in Leipzig /* * * Gern weiterleiten – bitte entschuldigt Doppelsendungen * * */ Liebe Genossinnen, liebe Genossen, liebe Interessierte und Aktivist*inne in der Klimagerechtigkeitsbewegung, mit dieser Mail laden wir euch ein zur Gründung einer Bundesarbeitsgemeinschaft Klimagerechtigkeit in der Partei DIE LINKE. Wir sind der Überzeugung, dass es einen solchen Raum in diesen Zeiten dringend braucht und wollen ihn gemeinsam mit euch schaffen!

 

Fazit:

Ich verstehe die Einladung, von der eingetragene, kritische Interessenten bestenfalls indirekt erfahren, so, dass Kritik an dieser Doppelstruktur unerwünscht ist.

Darauf, dass es sich um eine bewusste Doppelstruktur handelt, deutet die Namenswahl, mit der außerhalb der „Eingeweihten“ weitere Konfusion über „BAG Klimagerechtigkeit“ und „Ökologischer Plattform“ erzeugt wird. Einen möglichen Grund sehe ich darin, dass die Ökologische Plattform in dem Vierteljahrhundert ihres Bestehens konsequent entsprechend ihres Gründungskonsens‘ betont hat:

Die bisherige Produktions- und Konsumtionsweise der Industrieländer hat die Welt an den Abgrund gebracht. Die hemmungslose Verschwendung von Rohstoffen und Energie in einem Drittel der Welt, die durch Kriege und ein gigantisches Wettrüsten enorm verschärft wurde, beruht auf einer ungeheuren Ausplünderung der anderen zwei Drittel sowie der gesamten Biosphäre und vernichtet die Existenzgrundlage heutiger und kommender Generationen.
Die Ökologische Plattform erklärt die Abkehr von dieser Entwicklung zum Ziel ihres Wirkens .5

Mit so einer Position war die PDS und ist DIE LINKE natürlich für potentielle Koalitionspartner „nicht regierungsfähig“. Denjenigen, die davon träumen, die Gesellschaft auf parlamentarischem Weg zu ändern, muss die Ökologische Plattform daher ein Dorn im Auge sein.

Dennoch soll das pdf-Flugblatt nicht unterschlagen werden: Gründung BAG Klimagerechtigkeit (klick)

Wolfgang Borchardt
13.10.2019

 


  1. https://www.oekologische-plattform.de/2019/09/klimagerechtigkeit/ 

  2. siehe https://www.oekologische-plattform.de/2019/09/klimagerechtigkeit/#mailingliste 

  3. siehe https://www.oekologische-plattform.de/2019/09/klimagerechtigkeit/#mailingliste 

  4. https://www.oekologische-plattform.de/2019/09/klimagerechtigkeit/#comment-131 

  5. https://www.oekologische-plattform.de/uber-uns-seite/grundungserklarung-der-okologischen-plattform-bei-der-pds/ 

4 Gedanken zu „Klimakrise – eine Zerreißprobe für die Ökologen der LINKEN?“

  1. Der hier vorliegende „Kommentar“ spricht ja durch seinen Tonfall und die darin vorgenommenen Unterstellungen für sich und bedarf insofern eigentlich keiner weiteren Kommentierung. Damit fehlender Widerspruch nicht als Zustimmung missverstanden wird, hier dennoch einige kurze Richtigstellungen.
    Am 26. Oktober gründet sich in Leipzig eine Bundesarbeitsgemeinschaft Klimagerechtigkeit. Welchen Namen sie konkret tragen wird, entscheidet die Gründungsversammlung. Die positiven Rückmeldungen von Mitstreiter*innen, die bisher nicht Mitglieder der LINKEN sind, haben uns in der Vorbereitungsgruppe darin bestärkt, die Offenheit der neuen Struktur auch für ihren Namen vorzuschlagen.
    > „Einladung, von der eingetragene, kritische Interessenten bestenfalls indirekt erfahren“
    Einladungen zur Gründung wurden in den zurückliegenden Monaten von vielen Leuten über viele Kanäle geschickt und wir freuen uns über die vielen Weiterleitungen. Gründungsaufruf und Termin finden sich außerdem seit mehreren Wochen auf der Webseite der LINKEN, sie wurden im Bundesnewsletter der Partei verschickt und sind zudem auf unseren Social Media-Kanälen für alle Interessierten einsehbar. Es gibt viele Möglichkeiten uns zu kontaktieren und Fragen zu stellen, wir freuen uns, dass viele dies auch wahrnehmen und bemühen uns um zeitnahe Rückmeldungen.
    Auch mit Blick auf die anderen inzwischen aufgebauten Informationswege ist der Infoverteiler bisher in der Tat noch nicht beschickt worden – er hatte in den vergangenen Wochen schlichtweg noch nicht genug Leser*innen. Mittlerweile ist die anvisierte Dreistelligkeit erreicht und wir werden uns zeitnah melden.
    Was an der Zielgruppenbeschreibung „Menschen aus Partei und Bewegungen sowie alle, die noch nicht organisiert irgendwo mitarbeiten“ sich so interpretieren lässt, dass Mitglieder der Ökologischen Plattform dabei nicht auch gemeint wären, verstehen wir nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Wir freuen uns über die ÖPF-Aktiven, die bereits ihr Mitarbeit in der BAG Klimagerechtigkeit erklärt haben und freuen uns auf alle Genoss*innen, die noch zu uns stoßen!
    Wer glaubwürdig „Zerreißproben“ verhindern möchte, sollte sie nicht immer wieder gezielt herbei schreiben.

    Steffen Kühne

    • Die Ökologische Plattform hat gegenüber den bekannten Gründern der BAG Klimagerechtigkeit mehrfach die Frage nach der Notwendigkeit einer Doppelstruktur aufgeworfen, verbunden mit den Hinweisen auf Spaltung ökologisch Engagierter innerhalb der LINKEN und Verwirrung von Sympathisanten außerhalb.
      Die von Steffen Kühne genannten Gründe für die Notwendigkeit der BAG (siehe https://www.oekologische-plattform.de/2019/09/klimagerechtigkeit/#comment-131) haben nicht überzeugt. Auf die von uns aufgeworfenen Fragen ist er inhaltlich nicht eingegangen. Keine Entkräftung, geschweige denn Widerlegung unserer Überlegungen. Das trifft leider auch auf diesen Kommentar zu. Statt dessen wird uns wieder vorgeworfen, dass wir mit Unterstellungen arbeiteten, im Betreff der Begleitmail zu dem Kommentar war gar von „Verschwörungstheorien“ die Rede.
      Doch was sollen wir davon halten, dass die Gründung der BAG Klimagerechtigkeit bereits am 23. August im Terminplan des Bundesgeschäftsführers stand (Vorlage für die Sitzung des Parteivorstandes am: 1./2. September 2019, Vorlagen-Nr.: 2019/112), aber andererseits niemand vom Geschäftsführenden Parteivorstand Zeit hatte, an der Sitzung unseres Koordinierungsrates im September teilzunehmen, bei der wir gemeinsam über die Umsetzung unseres, vom Bundesausschuss angenommenen Antrag P4 (siehe https://www.oekologische-plattform.de/2019/02/bonner-parteitag/) beraten wollten?
      Wenn auf der Internetseite der LINKEN unter Zusammenschlüsse (siehe https://www.oekologische-plattform.de/wp-content/uploads/2019/10/Zusammenschlüsse.pdf) auch die noch nicht einmal gegründete BAG Klimagerechtigkeit aufgeführt ist, zeigt das, wie „hoch angebunden“ die BAG in der LINKEN ist – und wie unwichtig unser Kampf für ein ökologischeres Profil der LINKEN innerhalb des (Geschäftsführenden) Parteivorstandes angesehen wird. Das ist – trotz aller Lippenbekenntnisse – nicht neu.

      Wenn sich die zu gründende BAG ebenfalls für ein ökologischeres Profil der LINKEN einsetzen sollte, wird uns das trotz aller damit verbundenen neuen Probleme (s.o.) freuen.
      Wenn sich aber herausstellen sollte, dass es sich bei der BAG um ökologisches Mimikry der LINKEN handelt, ist die Auseinandersetzung vorprogrammiert.

  2. Vor Monaten wurde mir von jemandem die Tarantel Nr. 44 (zum Nachlesen: https://www.oekologische-plattform.de/wp-content/uploads/2011/12/tarantel44_maerz2009.pdf) mit einer Anmerkung auf der Titelseite zugesteckt. Erst heute fand ich die Zeit, sie gründlich zu lesen. Und ich bin verblüfft was alles aus unseren Kreisen zum Thema Klimakrise damals veröffentlicht wurde und bis heute, 10 Jahre danach, in unserer Partei nicht angekommen ist.

    Den Autoren möchte ich für ihre Weitsicht ausdrücklich danken. Demjenigen, der mir diese Ausgabe zugesteckt hat würde ich auch gerne danken, aber ich kenne ihn oder sie nicht. Allen anderen und besonders den Initiatoren der BAG Klimagerechtigkeit möchte ich wärmstens ans Herz legen, sich diese Ausgabe der tarantel einmal an zu sehen!

    Mit solidarischen Grüßen
    Reinhard Muth

  3. Wieder ein gutes Beispiel dafür, wie sich die Linke selbst zerlegt, dabei ist der letzte Satz doch so klar und verständlich!
    Vielleicht besinnt sie sich vor dem Abtritt von der Bühne doch noch auf die schon ganz alte Losung:

    „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern und einig woll´n wir handeln!“

    Um zeitgemäß zu sein, darf noch mit „Schwestern“ ergänzt werden.

    Mit solidarischen Grüßen
    Eberhard

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