künftige Herausforderungen und Strategie der LINKEN

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Ökologie & Linke Termine Veranstaltung
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Einladung

Liebe Genossinnen und Genossen,

wir möchten euch einladen, mit uns über künftige Herausforderungen und die Strategie unserer Partei zu diskutieren. Bitte bringt Eure Überlegungen zu Papier und schickt Sie uns. Gemeinsam mit euch wollen wir sie auf einer Strategiekonferenz diskutieren. Die Wahlergebnisse bei den Europawahlen, in Sachsen und Brandenburg waren schmerzhaft. In Bremen konnten wir Zugewinne realisieren, in Thüringen machen uns die Umfragen Hoffnungen auf einen Wahlerfolg. Bei den Kommunalwahlen überwogen bei wenigen Ausnahmen starke Einbrüche. Diese Ergebnisse und Tendenzen beschäftigen viele Mitglieder unserer Partei. Wir müssen Schlüsse daraus ziehen und uns verständigen, was zu tun ist. Wir sollten uns also versammeln: aus Stadt und Land, aus Ost wie West, aus der Basis wie aus den Kommunen und Parlamenten – wir, DIE LINKE.

Linkssein heißt immer über den eigenen Tellerrand zu gucken: Was die Gesellschaft bewegt, was sie verändert und wie wir als Linke eingreifen können. DIE LINKE wächst im Westen, schrumpft aber im Osten. In bundesweiten Umfragen haben wir verloren oder stagnieren. Andere Parteien werden stärker, manche explodieren förmlich nach oben oder werden dramatisch schwächer. Die Zeit der alten klassischen Volksparteien ist vorbei. Wir müssen unsere Rolle neu bestimmen. Die jüngsten Klimastreiks brachten das katastrophale Versagen der Großen Koalition auch für den Klimaschutz auf den Tisch. Die kommenden Bundestagswahlen werden ein Volksentscheid über die Zukunft unseres Landes sein mit einer entsprechenden politischen Polarisierung. Wir müssen also unsere Funktion und unseren Gebrauchswert klar benennen. Darüber und über noch viel mehr müssen wir reden.

Profil schärfen

Vor diesem Hintergrund müssen wir unser Profil schärfen: Bei Einführung der „Agenda 2010“ und mit der Wirtschaftskrise ab 2008 formierten wir uns als Partei der linken Alternative zur herrschenden Alternativlosigkeit des Neoliberalismus. Wir waren und sind auch die Partei, die für Ostinteressen und für ein verlässliches Nein zum Krieg steht. Wir waren und sind der Stachel, der Armut, Ausbeutung und Ausgrenzung immer wieder zum Thema macht. Der Kampf um soziale Gerechtigkeit mit jenen und für all jene, die tagtäglich vom Kapitalismus untergebuttert werden, ist das Wesen unserer sozialistischen Partei. Es ist völlig richtig, dass Klimakrise und ökologischer Umbau zentrale gesellschaftliche Fragen von sozialer Gerechtigkeit sind. Es ist aber noch längst nicht für alle selbstverständlich, dass die Klimafrage wie auch die Friedensfrage eben auch Gerechtigkeits- und Klassenfragen sind.

Die Gesellschaft ist aufgewühlt und neue Klüfte haben sich aufgetan. Hetze durchzieht unser Land, der Rechtsruck polarisiert. Mehr denn je beschäftigt die Menschen ihre persönliche Zukunft: die Änderungen in der Arbeitswelt, die Digitalisierung und die Form des Arbeitens, die Klimafrage und der damit einhergehende Strukturwandel, die Herausforderung der weltweiten Migrationsbewegung. Uns treiben die sozialen Fragen um, wie wir wohnen und wie eine gute Bildung für alle möglich ist. Die öffentliche Daseinsvorsorge ist ausgehungert, spürbar unter anderem in der Pflege und Gesundheitsversorgung oder beim öffentlichen Nahverkehr. Nicht zuletzt ist offensichtlich: Viele grundlegende Fragen lassen sich nur noch international und kooperativ lösen. Wir spüren die Auswirkungen der Kämpfe alter und neuer globaler Akteure um die Neuordnung internationaler Einflusssphären.

Wir fragen euch:

  • Wie beschreibt ihr den aktuellen gesellschaftlichen Umbruch und wie seht ihr hierbei unsere Rolle als Partei?
  • Wie können wir die Gesellschaft verändern? Wie ist eure Vision, mit der ihr Menschen ansprecht?
  • Wie setzen wir Veränderungen durch? Und können wir das – mehr oder weniger – mit einer Stimme tun?
  • Wie sieht heute eine realistische und an die Wurzel der Probleme gehende linke Politik für Klimagerechtigkeit und anderes Wirtschaften, für Frieden und globale Solidarität aus?
  • Wie können wir der Verfestigung der gesellschaftlichen Rechtsentwicklung und dem Erstarken der extremen Rechten entgegenwirken?

Die gesellschaftlichen Umbrüche haben auch Umbrüche in der politischen Öffentlichkeit und der Parteienlandschaft zur Folge. Die Aufgabe der Linken war es und sollte es wieder stärker sein, Verbindungen zu stiften und Brücken zu bauen. Wir müssen als LINKE immer für alle jene da sein, die gerne überhört werden. Wir müssen soziale wie kulturelle Spaltungen überwinden – ob zwischen Ost und West, prekären und Kernbelegschaften, Erwerbslosen und Beschäftigten, zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, verschiedenen Geschlechts, mit und ohne Behinderung.

Wir fragen euch:

  • Wie verbinden wir über die Spaltung von Klassen hinweg und spielen nicht die einen gegen die anderen (Gruppen, Milieus, Beschäftigtengruppen) aus?
  • Welche Kämpfe lassen sich in den Vordergrund stellen, in denen reale und symbolische Gemeinsamkeiten deutlich werden – ist z.B. die Auseinandersetzung um bezahlbares Wohnen eine solche?
  • Wie kann es gelingen, gemeinsam Ziele zu erreichen und Erfolge zu organisieren, die einen Unterschied im Leben machen? Womit habt ihr gute Erfahrungen gemacht (oder schlechte)?

Die Parteigründung der LINKEN war einer der wenigen Momente in der linken Geschichte, der nicht durch Spaltung, sondern durch Zusammenkommen verschiedener Traditionslinien und linker Perspektiven bestimmt war. Die Vielstimmigkeit war für uns immer eine Herausforderung und sie ist zugleich unsere Stärke und unser Stolz – als demokratische Sozialist*innen.

Vor dem Hintergrund von „Agenda 2010“ und Wirtschaftskrise hatten wir schnelle Wahlerfolge und versuchten beim Aufbau von Basis und Organisation mitzuhalten. In den letzten Jahren haben wir uns breiter aufgestellt und in neuen Bereichen verankert: mit organisierenden Projekten in einkommensarmen Nachbarschaften, mit Jobcenter-Gesprächsoffensiven, mit verstärkter Ansprache von Beschäftigten im Niedriglohn, z.B. in der Pflege. Wir haben DIE LINKE als aktive, eingreifende Mitgliederpartei weiterentwickelt und sind heute auch eine „Partei in Bewegung“.

Doch zu selten gelingt es uns, neuen Mitgliedern längerfristig ein politisches Zuhause zu geben. Wir sind gewachsen und wir sind geschrumpft. Der Osten hat eine andere linke Kultur als der Westen. Die Provinz tickt anders als die Großstadt. Wir haben viele junge Mitglieder gewinnen können und haben zugleich auch alte verloren. Ein linker Stadtverband steht oftmals vor anderen Herausforderungen als ein linker Kreisverband im ländlichen Raum. Wir sollten die Reichhaltigkeit unserer Erfahrungen und Hintergründe wieder mehr als Stärke linker Politik und der LINKEN erkennen.

Wir fragen euch:

  • Wie können wir beides sein: plural und mit klarem Profil? Wo seht ihr Probleme?
  • Was schlagt ihr vor für die Verankerung und Stärkung der Partei?
  • Mit welchen Ansätzen und Projekten habt ihr gute (oder schlechte) Erfahrungen gemacht, was zieht ihr für Schlussfolgerungen daraus? Gibt es etwas aus eurer Praxis, von dem andere lernen könnten?
  • Wie kann das Parteileben mehr Spaß am Widerstand vermitteln – auch wenn die Sache ernst ist –, wie hättet ihr eure LINKE gern? Wie sehen Versammlungen, Sitzungen, Parteitage aus, an denen ihr gerne teilnehmt? Was würdet ihr gern ausprobieren?

Strategiekonferenz

Wir laden euch deshalb ein, die aufgeworfenen Fragen in eurer Parteibasis bzw. mit anderen Interessierten zu diskutieren und eure Überlegungen bzw. Ideen aufzuschreiben und sie uns bis zum 10.1.2020 an die Adresse strategiedebatte@die-linke.de zu schicken (bitte max. 10.000 Zeichen). Gemeinsam wollen wir die verschiedenen strategischen Überlegungen diskutieren – vor Ort in den Kreisverbänden und auf einer Strategiekonferenz am 29.2./1.3.2020 in Kassel, die konkrete Anregungen für den nächsten Parteitag geben kann. Dabei wollen wir auf die Ansätze und Themen der vergangenen Jahre zurückblicken – und den Blick nach vorn wenden. Schließlich haben wir alle zusammen die Pflicht, gesellschaftlich wirkungsmächtiger zu werden.

Mit solidarischen Grüßen,

Katja Kipping, Bernd Riexinger, Jörg Schindler, Harald Wolf

2 Gedanken zu „künftige Herausforderungen und Strategie der LINKEN“

  1. Der im Anhang enthaltene Beitrag zur Strategiedebatte (https://www.oekologische-plattform.de/wp-content/uploads/2019/10/Kein-Klimaschutz-ohne-Umstellung-auf-100-regenerative-Energieversorgung.pdf) setzt u. a. voraus, dass sich DIE LINKE für Verzicht der Gewerkschaften auf Sozialpartnerschaft mit Konzernen der Rüstungsindustrie und Energiewirtschaft einsetzt.
    Zur Befreiung der Abhängigkeit Beschäftigter von Konzernen der Energieversorgung und Rüstungsindustrie sollten Solidaritätsfonds für gleichwertige Arbeitsplätze in der Industrie für regenerative Energien eingerichtet werden.
    Das Ziel muss im Machtverlust der Rüstungsindustrie und der Wirtschaft mit nuklear/fossilen Energien besehen.

    Erster Beitrag dafür ist die öffentliche Debatte über ein „Gesetz für autonome Versorgung mit regenerativen Energien“

    Dieter Brendahl

  2. Hallo,
    Carola Rackete wirft der Bundesregierung unterlassene Hilfeleistung vor. In Wahrheit geht es aber weiter, was wir betreiben, ist kollektiver Suizid.
    Der Kapitalismus, dieses immer mehr, immer weiter u.s.w. bedeutet das.

    Trotz allem herzlich
    Hans-Otto

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