staatliche Umweltschweinerei

Seit über einer Woche muss – wenn Sie es einzeln kaufen – für jedes Brötchen oder auch jede Streichholzschachtel ein Kassenzettel gedruckt werden. Der Steuerexperte des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Ralph Brügelmann sagte:

„Im Einzelhandel in Deutschland rechnen wir mit mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr.“

sinnlos

Die Händler kostet das neben dem Aufwand für die Bonrollen 300-500 € für neue zertifizierte Sicherheitseinrichtungen. Da die Kassenbons aus Thermopapier bestehen, welches chemische Stoffe enthält, die das Recycling ver- oder zumindest behindern, darf es nicht im Altpapier entsorgt, sondern muss verbrannt werden.
Diese mit der Bonpflicht verbundene staatlich vorgeschriebene, zusätzliche Umweltschweinerei wird damit begründet, dass dem Fiskus zehn Milliarden Euro durch Kassenbetrug verloren gehen sollen. Die Frage ist allerdings, ob die Bonpflicht daran etwas ändert, zumal der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft lt. RP Online1 verkündete, dass es nicht vorgesehen sei,

„dass Finanzbeamte jetzt losziehen und im Außendienst Einzelhändler kontrollieren“,

und bei Verstößen gegen das Kassengesetz auch

„keine Bußgelder“

zu erwarten seien. Wer betrügen will, kann das also auch weiterhin mit relativ geringem Risiko tun.

Der Fiskus gewinnt nicht, aber die Umwelt leidet.

Die Großen

Dabei sind die zugrundegelegten 10 Mrd. € eher „peanuts“ im Vergleich zu dem, was die größeren Unternehmen EU-weit an Steuern hinterziehen. Am 7.1.2019 berichtete das ifw Kiel unter der Überschrift „EU hat hohen Handelsüberschuss mit sich selbst: ein Grund offenbar Umsatzsteuerbetrug im großen Stil„,2:

Selbst-Handelsüberschuss

Die EU hat mit sich selbst einen Handels­über­schuss von 307 Mil­liar­den Euro, bei einer korrek­ten Erfas­sung aller Im- und Exporte müsste dieser aber null sein. Mess­fehler alleine können diese systema­tische Abwei­chung nicht erklären. Vielmehr scheint massiver Umsatz­steuer­betrug eine Ursache, der die EU-Staaten 30 bis 60 Milli­arden Euro pro Jahr kostet. Dies zeigt eine Daten­analyse des Instituts für Welt­wirt­schaft Kiel (IfW Kiel) und des ifo Instituts in München.

„Wenn Unternehmen Umsätze als Exporte deklarieren, sind diese von der Umsatzsteuer befreit. Werden diese Umsätze aber gar nicht im Ausland erzielt, sondern im Inland, fehlen sie in der Importstatistik des angeblichen Handelspartners und bleiben damit unversteuert“,

erklären die Autoren, IfW-Präsident Gabriel Felbermayr und ifo-Forscher Martin Braml.

Sie empfehlen einen digitalen, automatisierten Datenabgleich von Importen und Exporten innerhalb der EU, um Bilanzfehler künftig zu verringern und Betrug zu erschweren.3

Das würde sich lohnen:

Die EU bilanziert seit Gründung des Binnenmarktes 1993 einen Handelsüberschuss mit sich selbst, der mit der EU-Osterweiterung deutlich anstieg und sich über die letzten zwölf Jahre auf insgesamt 2,9 Billionen Euro summiert.

wie immer

Gejagt werden vor allem die Kleinen (Händler), die die Hauptlasten tragen; die Großen…


  1. https://rp-online.de/wirtschaft/steuergewerkschaft-zur-bon-pflicht-wird-keine-bussgelder-und-systematische-kontrolle-geben_aid-48144097 

  2. https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/medieninformationen/2020/eu-hat-hohen-handelsueberschuss-mit-sich-selbst-ein-grund-offenbar-umsatzsteuerbetrug-im-grossen-stil/ 

  3. ganze Studie lesen:
    The EU Self-Surplus Puzzle: An Indication of VAT Fraud?; https://www.ifw-kiel.de/de/experten/ifw/gabriel-felbermayr/the-eu-self-surplus-puzzle-an-indication-of-vat-fraud-0/ 

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