IT- und Kommunikationstechnik auf dem Weg zum größten Energieverbraucher

screenshot CO2-Emissionen unserer Internetseite
am 9.10.2019 waren es noch 1,83 g CO2-Emissionen pro Seitenaufruf

steigende Emissionen der Informations- und Telekommunikationstechnologie

Der Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen steigen weiterhin an. Einen wachsenden  Anteil hat daran die Informations- und Telekommunikationstechnologie (ITK; engl. ICT). Während die Studie des französischen Think-Tanks „The Shift Project“ vom März 20191 noch 3,7% der globalen Treibhausgasemissionen angegeben hat, ergab eine neuere Untersuchung2 bereits einen Anteil 4% bei einem jährlichen Wachstum von 9%.
Die Emissionen der Digitaltechnologien sind jetzt schon höher, als die der Zivilluftfahrt. Ihr Anteil könnte sich bis 2025 verdoppeln, und 8% aller Treibhausgasemissionen erreichen – so viel, wie aktuell die Autos emittieren.

einige Vergleiche

  • Videostreaming
    Wenn Sie ein Video zehn Minuten lang online in der Cloud ansehen, ergibt sich ein Gesamt-Stromverbrauch, der dem Eigen-Verbrauch eines Smartphones über zehn Tage entspricht. Mit anderen Worten, der energetische Aufwand des Betrachtens eines Videos ist etwa 1.500-mal höher als der einfache Stromverbrauch eines Smartphones, d.h. dem, was direkt beobachtet werden kann.
    Diese beiden Arten des Verbrauchs ermöglichen es, die Bedeutung der Auswirkungen des Netzwerks auf den digitalen Fußabdruck zu verstehen: „Virtuelle“ Aktionen verwenden Infrastrukturen auf globaler Ebene, die Cloud, und ihr Betrieb erfordert viel Energie und damit natürliche Ressourcen.
    Sie müssten 5 Stunden damit verbringen, ohne Unterbrechung E-Mails zu schreiben und zu senden, (d.h. 100 kurze E-Mails und ein angehängtes Dokument von 1 Megabyte), um so viel Strom zu verbrauchen, wie beim Ansehen eines 10-minütigen Videofilms.
    Wenn Sie 10 Minuten damit verbringen, ein hochauflösendes Video per Streaming auf einem Smartphone anzusehen, entspricht dies der Verwendung eines 2.000-W-Elektroofens bei voller Leistung für 5 Minuten.
  • Smartphones
    Die Herstellung eines Smartphones verursacht 400-mal mehr Emissionen als seine Verwendung (in Frankreich – länderabhängig).
    Wenn man bedenkt, dass eine Person in Frankreich ein Smartphone im Alter von 10 bis 80 Jahren verwendet und dass es alle zwei Jahre ausgetauscht wird, entstehen etwa zwei Tonnen Treibhausgase, d.h. das Äquivalent von 200.000 km mit dem Zug oder dem täglichen Pendeln eines Bewohners der äußeren Pariser Region während seines gesamten Berufslebens.
    Entwicklung des CO2-Fußabdrucks verschiedener Apple-Geräte
    CO2-Fußabdruck verschiedener Apple-Geräte

    Darüber hinaus gibt der Trend der letzten Jahre Anlass zur Sorge, da die Kohlenstoffintensität von Smartphones gestiegen ist und sich jedes Mal erhöht, wenn eine neue Generation auf den Markt kommt, wie in der Grafik dargestellt:
  • Berücksichtigt man bei Smartphones, Laptops und angeschlossenen Fernsehgeräten Lebensdauern von 2, 4 und 5 Jahren, so ist der Energieverbrauch aufgrund der Nutzung proportional zum Energieverbrauch direkt während des gesamten Lebenszyklus des Peripheriegeräts, 6% für ein Smartphone, 11% für einen Laptop und 33% für einen Fernseher. Dieser Anteil ändert sich natürlich, wenn wir die Energie einbeziehen, die indirekt durch die Verwendung des Peripheriegeräts verbraucht wird und die mit dem im Netzwerk erzeugten Datenverkehr und den in Rechenzentren ausgelösten Vorgängen verknüpft ist. Bei Smartphones liegt sie im Bereich von 50% (Ercan, 2013).
    Anders ausgedrückt, der tatsächliche Energieverbrauch während des Lebenszyklus eines Smartphones ist 33-mal höher als der jährliche Stromverbrauch. Dies ist der einzige Verbrauch, den der Benutzer heute möglicherweise messen kann.
  • Die Herstellung eines Smartphones mit einem Gewicht von 140 Gramm erfordert ungefähr 700 MJ Primärenergie, während laut ADEME etwa 85 GJ für die Herstellung eines benzinbetriebenen Autos mit einem Gewicht von 1.400 kg erforderlich sind. Daher benötigt die Produktion von „ein Gramm Smartphone“ 80-mal mehr Energie als „ein Gramm Auto“. Es ist bemerkenswert, dass mit der Miniaturisierung auch der Energieverbrauch beim Recycling zunimmt, da die zum Trennen der Metalle benötigte Energie in Abhängigkeit von der Komplexität der Baugruppe wächst.

politische Entscheidung nötig

Zusammensetzung des Internet-Datenverkehrs
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Mit 80% des weltweiten Datenverkehrs sind Videos der absolute „Spitzenreiter“. Sie stellen inzwischen eine echte Gefahr für die restlichen Dienste dar, so dass die Studie zu dem Ergebnis kommt:

Vom Standpunkt des Klimawandels und anderer planetarer Grenzen, ist es keine Frage des „für“ oder „Gegen“ Pornografie, Telemedizin, Netflix oder E-Mails: Die Herausforderung besteht darin, eine Verwendung, die als wertvoll erachtet wird, vor einer Beeinträchtigung durch die übermäßige Nutzung einer anderen, weniger wichtigen, zu schützen. […]

Da wir durch die Klimakrise und die endlichen Rohstoffe des Planeten eingeschränkt sind, bedeutet keine Entscheidung, möglicherweise Pornografie zu erlauben und die für die Telemedizin verfügbare Bandbreite einzuschränken oder die Verwendung von Netflix zulassen und den Zugriff auf Wikipedia zu beschränken.

Im 21. Jahrhundert ist keine Entscheidung keine praktikable Option mehr.

20% des globalen Datenverkehrs durch nicht-Video-Nutzung

Die anderen (Nichtvideo-) Daten sind extrem unterschiedlich: Websites, E-Mails, Sofortnachrichtendienste, Speicherung von Fotos und anderen Daten, Firmennetzwerke, usw. Sie betreffen auch Nutzungen, die mit dem Videos zusammenhängen können, aber in der Studie werden Peer-to-Peer-Dienste (die erlauben, Dateien einschließlich Videos auszutauschen) und Videospiele gesondert betrachtet.

Für unsere Internetseite bedeutet das unter anderem, Videos kaum noch zu verlinken. Aber das war nur der erste Schritt.

Auf den Chaos Communication Congress 2019 hat Niklas Jordan mit einer „Milchmädchenrechnung“ demonstriert, wie allein durch eine optisch unbemerkbare Verkleinerung des Wikipedia-Logos 15.232 kWh Elektroenergie und damit mehr als 7t CO2-Emissionen eingespart werden können3.

Entscheidend ist dabei die große Anzahl der Seitenaufrufe. Davon ist unsere Internetseite natürlich weit entfernt. Dennoch:

Durch systematisches „Abspecken“, Identifizieren und Ausmerzen ressourcenfressender Programmbestandteile haben wir die CO2-Emissionen pro Seitenaufruf in fünf Monaten auf 4,4% des Ausgangswertes gesenkt (s. Screenshot oben).

Wie wäre es mit einem Wettbewerb zwischen den Umweltverbänden um den sparsamsten Internetauftritt?


  1. https://web.archive.org/web/20190327212005/https://theshiftproject.org/wp-content/uploads/2019/03/Lean-ICT-Report_The-Shift-Project_2019.pdf 

  2. „Klimakrise: Die nicht nachhaltige Nutzung von Online-Videos“, Juni 2019; https://theshiftproject.org/en/article/unsustainable-use-online-video/ 

  3. https://noti.st/niklasjordan/vg8d1N/warum-unser-web-nachhaltiger-werden-muss-und-wie-wir-das-anstellen