Krebsfälle beim Rückbau in der Kerntechnik in Deutschland

In Deutschland sind drei Neuerkrankungsfälle von Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) bei Arbeitern, die im Rückbau kerntechnischer Anlagen beschäftigt waren, aufgetreten. Darüber berichtet das Zentralblatt für Arbeitsmedizin im März auf seinem Online-Portal.1 Die betroffenen Arbeiter erkrankten an einem B-Zell-Lymphom im Alter zwischen 46-52 Jahren. NHL sind in dieser Altersgruppe nur sehr selten zu erwarten. Alle drei Patienten waren mit Abrissarbeiten u.a. bei derselben ehemaligen Brennelementefabrik beschäftigt, wo neben Uran auch Plutonium verarbeitet wurde. Beides spricht gegen ein spontanes oder zufälliges Auftreten der Lymphome. Inkorporiertes Uran wurde in zwei Fällen, inkorporiertes Plutonium in einem Fall nachgewiesen. Allgemein wird das Knochenmark bei Lymphomen als Risikoorgan angesehen, NHL gehen jedoch vornehmlich von peripheren Lymphozyten aus. Aus der Literatur folgt, dass sich Uran- und Plutoniumverbindungen in den Lymphknoten anreichern. Dort führt die kurzreichweitige Alphastrahlung zu einer lokal hohen Strahlenexposition. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die unzureichende Berücksichtigung von Plutonium sowie das gängige Stoffwechselmodell mit Knochenmark als Risikoorgan die berufliche Strahlendosis unterschätzt. Die Dosis aufgrund der amtlichen Personendosimetrie kann daher in den drei Fällen lediglich eine untere Grenze für die berufsbedingte Strahlenexposition sein. Inkorporierte Radionuklide durch Stäube beim Abriss kerntechnischer Anlagen sollten daher bei der Anerkennung von Berufskrankheiten stärker in Betracht gezogen werden.

PM des Sachverständigen für Strahlenschutz Roland Wolff (DGuSV)
rwstrahlen@online.de
https://wolff-roland.dgusv.de/


  1. Frentzel-Beyme, R., Schmitz-Feuerhake, I. & Wolff, R. Non-Hodgkin-Lymphome bei strahlenexponierten Arbeitnehmern. Zbl Arbeitsmed (2020). https://doi.org/10.1007/s40664-020-00391-w