Eisen statt Kohle

Diagramm: relative Häufigkeit der Elemente in der Erdkruste
relative Häufigkeit der Elemente in der Erdkruste (Wikipedia; CC BY-SA 4.0)

Nach Silizium und Aluminium ist Eisen mit 5,6% das dritthäufigste feste Element in der Edkruste. Eisenpulver ist oxidierbar, es brennt. Bei der Verbrennung wird –  wie auch bei der Kohleverbrennung – Energie frei. Eisen könnte daher in Zukunft die Kohle ersetzen. Der Vorteil gegenüber Kohle: Das Verbrennungsprodukt1 entweicht nicht wie CO2 in die Atmosphäre, sondern kann mittels Wasserstoff wieder reduziert werden, wodurch ein Kreislaufprozess möglich wird.

Dass das keine nur theoretische Möglichkeit ist, beweist eine Industrieanlage im niederländischen Lieshout. Die Prozessenergie einer Brauerei der Swinkels Family Brewers wird aus Eisenverbrennung bereitgestellt. Forscher und das Studententeam SOLID der TU Eindhoven haben zusammen mit dem Metal Power-Konsortium die Anlage bis zur Praxisreife entwickelt.2

„Das Schöne an Eisenbrennstoff ist, dass Sie die in Eisenbrennstoff gespeicherte Energie freisetzen können, wann und wo Sie sie benötigen“,

sagt Philip de Goey, Professor für Verbrennungstechnologie an der TU Eindhoven.

„Wenn Sie Eisen zu einem Pulver zermahlen, wird es leicht entflammbar und diese Verbrennung setzt viel Energie in Form von Wärme frei. Diese Wärme kann den Energiebedarf der Branche decken.

Wir sind sehr stolz darauf, als erstes Unternehmen diesen neuen Kraftstoff im industriellen Maßstab zu testen, um die Energiewende zu beschleunigen“,

sagt Peer Swinkels, CEO von Royal Swinkels Family Brewers.

„Als Familienunternehmen investieren wir in eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft, weil wir in Generationen und nicht in Jahren denken. Diese Denkweise verbinden wir in Zusammenarbeit mit dem Metal Power-Konsortium mit qualitativ hochwertigem Wissen. Mit dieser innovativen Technologie wollen wir unseren Brauprozess weniger von fossilen Brennstoffen abhängig machen. Wir werden weiterhin in diese Innovation investieren.“

„Während wir stolz auf diesen großen Meilenstein sind, schauen wir auch in die Zukunft“,

sagt Chan Botter, der das Studententeam SOLID leitet.

„Es gibt bereits ein Folgeprojekt zur Realisierung eines 1-MW-Systems, in dem wir auch an der technischen Verbesserung des Systems arbeiten. Wir planen auch ein 10-MW-System, das 2024 fertig sein soll. Unser Ziel ist es, die ersten Kohlekraftwerke bis 2030 in nachhaltige Eisenkraftwerke umzuwandeln.

Neben dem Verbrennungsprozess sind wir auch damit beschäftigt, das Restprodukt – Rostpulver – über den sogenannten Regenerationsprozess wieder in Eisenbrennstoff umzuwandeln. Dies ermöglicht es uns, nachhaltige Energie in Eisenbrennstoff zu speichern und den Eisenbrennstoffkreislauf abzuschließen. Wir untersuchen verschiedene Technologien, sowohl vorhandene als auch nicht vorhandene, um dies zu realisieren. Die ersten Ergebnisse werden Anfang nächsten Jahres sichtbar. “

Auch in der TU Darmstadt wird an chemischen Energiespeichern geforscht. Dort ist man überzeugt, dass vorhandene Kohlekraftwerke zur Eisenverbrennung umgerüstet werden können.3

„Dieser Weg ermöglicht einen schnellen Umstieg, gewährleistet Versorgungssicherheit und spart Kosten für den Aufbau gänzlich neuer Infrastrukturen ein“,

sagt Professor Andreas Dreizler, Leiter des Fachgebiets Reaktive Strömungen und Messtechnik und Sprecher des DFG-Sonderforschungsbereichs/Transregio „Turbulente, chemisch reagierende Mehrphasenströmungen in Wandnähe“.

 


  1. = Rost 

  2. https://www.tue.nl/en/news/news-overview/29-10-2020-tue-demonstrates-iron-fuel-at-brewery-bavaria-a-new-circular-and-co2-free-fuel-for-the-industry/ 

  3. https://www.tu-darmstadt.de/universitaet/aktuelles_meldungen/einzelansicht_291968.de.jsp 

4 Gedanken zu „Eisen statt Kohle“

  1. Die wasserstoffbasierte Eisenproduktion fand ich in dem Kontext schon deshalb nicht erwähnenswert, weil es bei ausreichend Wasserstoff energetischer Unsinn wäre, den Umweg über Eisen zu nehmen und den Wasserstoff nicht selbst als Brenngas zu nutzen. Abgesehen davon ließen sich existierende Kohlekraftwerke auch als Speicherkraftwerke umnutzen. Da gab es mal ein Projekt des DLR. Hatte dazu mal im nd vom 23.2.2019 einen Artikel geschrieben.

  2. Ich glaube das grundsätzlich jeder geschlossene Kreislauf nachhaltig ist und jede in die Praxis umgesetzte Forschung einen erheblichen Erkenntnisgewinn mit sich bringt. In so fern bravo.
    In der Praxis macht dieser Prozess der Eissenverbrennung mit Sicherheit nur Sinn wenn das selbe Eisen einmal gewonnen, diesem Prozess quasi unendlich oft zur Verfügung steht und dieser Prozess jedes mal lohnenswert überschüssige Energie liefert. Und genau da hätte ich Zweifel von denen ich hoffe das die Forscher sie jetzt oder bald nicht mehr haben … denn: Auch die Energie vermehrt sich in einem Kreislauf nicht. Die Maschinen die wir für Prozesse einsetzen verbrauchen erstmal Energie … und diese sowie die Energie die wie gewinnen also entnehmen wollen muss irgendwo herkommen. Es erscheint unlogisch das in diesem Kreislauf zwei exotherme Reaktionen möglich sind ohne eine endothermische. Ich hoffe sehr das ich mich täusche, aber es erscheint unlogisch das diese Forschung mit nur Ernegiegewinnprozessen darin chemisch und technisch möglich ist.

  3. Selten eine so dumme Idee gelesen. Gediegenes Eisen kommt in der Natur praktisch nicht mehr vor. Und die Eisengewinnung aus Erzen (ob oxidisch oder sulfidisch) verbraucht immense Energiemengen. Zudem dient bisher fast ausschließlich Steinkohlenkoks als Reduktionsmittel. Umweltbundesamt: „Im Jahr 2018 wurden z.B. 31,4 Millionen Tonnen (Mio. t) Kohlendioxid von berichtspflichtigen PRTR-Betrieben der Roheisen- und Stahlerzeugung in die Luft abgegeben. Dies entspricht einem Anteil von 6,4 % an der Gesamtmenge der im PRTR berichteten Kohlendioxid-Emissionen in die Luft.“
    Da wäre vermutlich selbst Müllverbrennung als Energiequelle klimafreundlicher.

    • Das stimmt und ist das, was sofort ins Auge fällt – aber bei weitem nicht alles.
      Gesetzt den Fall, dass regenerativ erzeugter Wasserstoff im Überschuss vorhanden ist, könnte dieser natürlich zur Reduktion von Erz verwendet und seine Energie auf diese Weise (nahezu) unbegrenzt gespeichert und problemlos – zum Beispiel aus Afrika – transportiert werden. Das würde zwar Steffens Einwand entkräften – aber schon jetzt wächst der Eisen-/Stahlbedarf unaufhörlich. Nach Schätzungen der World Steel Association wird die Stahlnachfrage im Jahr 2030 auf etwa 2 Milliarden Tonnen ansteigen. Somit würde Eisen als Energieträger deutlich mit dem Stahlbedarf konkurrieren.
      Ein weiterer Pferdefuß besteht in der Umrüstung vorhandener Kohlekraftwerke zur Eisenverbrennung. Zwar stimmt der Satz von Professor Dreizler – wenn genügend Eisen und regenerativ erzeugter Wasserstoff zur Verfügung stehen! Doch gleichzeitig würde damit die bisherige zentrale Energieversorgung zementiert. Diese steht im Widerspruch zu Stabilität des Stromnetzes (siehe z.B. Netzstabilität – zentrale Stromtrassen oder dezentrale, vermaschte Netze?) und Demokratisierung der Energieversorgung (siehe z.B. Manifest für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit).
      Bei allen bisherigen Konzepten für eine langfristige Energiespeicherung stoßen wir auf das Problem, dass die Ressourcen knapp sind oder mit anderen Anwendungen konkurrieren und für ein unbegrenztes Wirtschaftswachstum nicht reichen. Somit wird es Zeit, endlich nicht nur von absoluter Senkung des Energie- und Ressourcenverbrauchs zu reden (Parteiprogramm: „Zukunftsfähiges Wirtschaften erfordert die Reduktion des Verbrauchs fossiler Ressourcen um 90 Prozent.“), sondern auch ernsthaft die dafür notwendige Suffizienz (siehe Solidarität ist unteilbar: Für eine konsequente linke Ökologiepolitik) auf die Tagesordnung zu setzen.

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