Grund- und Trinkwasserversalzung durch die Laugenversenkung ist belegt

Behörden müssen Märchenerzählungen ein Ende bereiten.

Der Sprecher von K+S, Ulrich Göbel, hat im Hessischen Rundfunk behauptet, dass durch die
Laugenversenkung noch kein einziger Brunnen versalzen worden sei.

Dazu erklärt Torsten Felstehausen, umwelt- und verbraucherschutzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:

„Durch die Versenkung von salzhaltigen Abwässern aus der Produktion von K+S sind bereits zahlreiche Trinkwasserbrunnen versalzen. Es ist Aufgabe des Umweltministeriums, den Märchenerzählungen von K+S zu widersprechen und die entstandenen Schäden durch die Laugenversenkung durch den Konzern aufzuzeigen. Erschreckenderweise leugnet auch Hessens Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) – wie erst gestern im Umweltausschuss – die durch die Laugenversenkung entstandenen Umweltschäden. Allerdings: Würde sie entstandene Schäden am Grundwasser eingestehen, müsste sie auch zugeben, dass die unter ihrer Fachaufsicht erteilten Genehmigungen rechtswidrig sind.

Bereits kurz nach Beginn der Salzabwasserversenkung in den 1920er Jahren sind ‚mehrfach Salzwasseraustritte und Beeinträchtigungen von Trinkwassergewinnungsanlagen festgestellt worden, die dadurch nicht mehr genutzt werden konnten‘, wie die ehemalige Umweltministerin Silke Lautenschläger auf Anfrage der LINKEN im Jahr 2010 erklärte (Drs. 18/1593<http://starweb.hessen.de/cache/DRS/18/3/01593.pdf>).“

Das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie habe die zunehmende Versalzung vom Brunnen mehrfach untersucht. Als öffentlich wurde, dass Trinkwasserbrunnen aufgrund der Laugenversenkung versalzen, sei die Wasserentnahme der betroffenen Brunnen so gedrosselt worden, dass der Salzgehalt unter den Grenzwerten für Trinkwasser bleibe, so Felstehausen.

„Diese Brunnen gelten offiziell nicht als versalzen, der Schaden besteht aber eindeutig in der nicht mehr ausschöpfbaren Fördermenge. Es bleibt dabei: Zum Schutz unseres Trinkwassers muss Umweltministerin Hinz dafür sorgen, dass die Versenkerlaubnis zurückgenommen wird. Sie muss Umweltschäden an Grundwasser, Flüssen und Boden durch die Abfallentsorgung durch K+S endlich anerkennen.“

Was K+S versucht, zu vertuschen:

In dem Schreiben der Staatsanwaltschaft Meiningen (13.4.2021) heißt es zur Versalzung von Trinkwasserbrunnen u.a.:

„Der durch den Salzaufstieg notwendigerweise als Transit- und Zirkulationsraum fungierende Buntsandstein-Grundwasserleiter bildet aber zugleich auch das Hauptreservoir für die Trinkwassergewinnung. Tiefbrunnen zur Trinkwassergewinnung befinden beziehungsweise befanden sich unter anderem im Werratal zwischen Heringen und Bad Salzungen, in den unmittelbar angrenzenden Seitentälern sowie im Bereich des nördlichen Salzhangs in den Gemeinden Ronshausen, Friedewald und Kathus. In diesen Bereichen mussten in den vergangenen Jahrzehnten Trinkwasserbrunnen wegen zunehmender Versalzung sukzessive stillgelegt, saniert oder in ihrer Förderung gedrosselt werden, um ein Vordringen von Salzwasser in den Förderstrom zu vermeiden.“ [S. 6]

Zu der schon 2008 von K+S aufgestellten Behauptung, dass es keine versalzenen Trinkwasserbrunnen gäbe, führt die Staatsanwaltschaft Meiningen aus:

„Weiterhin präsentierte die Firma Kali und Salz im Mai 2008 eine umfangreiche Untersuchung zur Sicherheit der Trinkwasserversorgung im Werra-Kalirevier. Diese hatte zum Ergebnis, dass eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung durch die Kaliabwasserversenkung ausgeschlossen sei. Jedoch war die Methode dieser Untersuchung darauf beschränkt, das Rohwasser bestehender Trinkwasserbrunnen hydrochemisch auf das Vorhandensein von Kaliabwasser zu beproben. Ein Einfluss von Kaliabwasser kann bei einer solchen Untersuchung prinzipiell aus dem Verhältnis verschiedener Ionen, insbesondere aus einem Übergewicht an Magnesium abgeleitet werden. Je doch ist ein solcher Nachweis a priori, erst ab einer ganz erheblichen Gesamtmineralisation der untersuchten Wasserprobe möglich. Diese für den Nachweis erforderliche Gesamtmineralisation liegt weit oberhalb des Bereichs, in dem eine Nutzung für die Trinkwasserbereitstellung überhaupt in Erwägung gezogen werden könnte. Ein Brunnen mit einer solchen Mineralisation wäre längst stillgelegt worden und wäre bereits aus diesem Grund aus dem Pool der genannten Untersuchung herausgefallen. Erwartungsgemäß war daher in keiner der untersuchten Anlagen ein Nachweis von Kaliabwasser möglich. Es gab aber in der Tat allein auf hessischem Gebiet eine Reihe von Brunnen im Bereich des nördlichen Salzhangs, die zurückliegend wegen Versalzung stillgelegt, saniert oder in ihrer Förderung gedrosselt werden mussten, um den Salzgehalt des Förderstroms auf ein wasserwirtschaftlich zulässiges Maß zu begrenzen. Auch in Heringen sowie auf Thüringer Gebiet östlich von Philippsthal waren Trinkwasserbrunnen wegen Versalzung in der Vergangenheit stillgelegt worden. Die stillgelegten Brunnen waren in der Auswertung nicht vertreten. Wissenschaftlich war und ist überdies anerkannt, dass eine Versalzung von Brunnen aufgrund der Laugenversenkung immer zunächst mit einem Anstieg von Chlorid beginnt. Denn durch die Versenkung wird zunächst natürliches, vor allem chloridbetontes Formationswasser in die Trinkwasserhorizonte hinein verdrängt. Zudem wird das Vordringen von Magnesium (dem markantesten Indikator für Kalilauge) in diese Horizonte durch hydrochemische Umsetzungsprozesse mit dem Gestein stark verzögert. Bei diesen Reaktionen werden Magnesiumionen durch das Gestein gebunden und andere Ionen, vorrangig Kalzium, freigesetzt. Dies hat praktisch zur Folge, dass ein durch die Laugenversenkung betroffener Trinkwasserbrunnen zunächst durch den Zutritt chloridbetonten Salzwassers von hydrochemisch praktisch nicht belegbarer Herkunft unbrauchbar wird. Befindet sich der Brunnen in einer der bekannten Aufstiegszonen der Versenkgebiete, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Versenkung die Ursache der Versalzung ist.

Allein auf hessischem Gebiet verzeichneten zu dieser Zeit mindestens 4 weitere Trinkwasserbrunnen einen langjährigen Trend ansteigender Chloridwerte, die sich jedoch noch weit unterhalb des Grenzwerts der Trinkwasserverordnung bewegten. Jedoch waren diese Brunnen mutmaßlich bereits deswegen wasserwirtschaftlich entwertet, weil die Trinkwasserförderung stark gedrosselt betrieben werden musste, um ein Anziehen weiterer Salzzutritte in die Brunnen zu vermeiden. Allein der Wasserbeschaffungsverband Ostteil des Landkreises Hersfeld-Rothenburg musste mindestens 2 seiner Brunnen mit erheblich reduzierter Förderleistung betreiben. Der Verband hat auch aktuell erhebliche Probleme, die Bevölkerung mit ausreichend Trinkwasser zu versorgen. E r wandte sich daher in den versorgen. Er wandte sich daher in den letzten Jahren wiederholt an das Regierungspräsidium Kassel und an das Umweltministerium.

Durch die Beschränkung der Untersuchungsmethode auf das Vorhandensein von Kaliabwasser im Förderstrom aktiver Trinkwasserbrunnen der Region war das Ergebnis der genannten Untersuchung vom Mai 2008, wonach eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung ausgeschlossen sei, vorhersehbar, jedoch aus den genannten Gründen aller Wahrscheinlichkeit nach falsch. Die genannte Untersuchung beanspruchte aber allein durch ihren hohen Umfang ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit.“ [S. 11 f., Hervorhebungen A.Lotz]

Grüne Ignoranz

Den von K+S vorgelegten Untersuchungen wurde vom Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) widersprochen. Unter anderem in einer Stellungnahen vom 10.7.2014. Das Hessische Umweltministerium unter Leitung von Priska Hinz, ignorierte die Untersuchungsergebnisse des HLNUG jedoch und orientierte sich weiterhin an den Aussagen von K+S. In dem Protokoll des Umweltausschusses vom 12.03.2015 ist zu einem Dringlichen Berichtsantrag DER LINKEN (Drs. 19/1694) nachzulesen [S. 7 f]:

„Frage Nr. 4: […] Das HLUG legt auf Seite 2 seiner Stellungnahme dar, dass jede Salzabwasserversenkung in den Plattendolomit-Grundwasserleiter unweigerlich nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit in dem zur Trinkwassergewinnung genutzten Buntsandstein-Grundwasserleiter nach sich zieht und den dort bestehenden Grundwasserschaden weiter vergrößert.“

Antwort [Priska Hinz]:

Die zitierte Einschätzung des HLUG wird nicht geteilt. Nach Auffassung der Landesregierung könnte eine Versenkerlaubnis bei Einhaltung der wasserrechtlichen Vorgaben rechtskonform erteilt werden.“ [Hervorhebung A.Lotz]

Ein Glas mit Salz.
Jeder am Hungerstreik in Bischofferode 1993 beteiligte Bergmann erhielt so ein Glas.

K+S – Profit statt Mensch und Umwelt

Vor fast 30 Jahren wurde die Kaliindustrie der DDR zerschlagen und ein lästiger Konkurrent für K+S beseitigt. Die älteren Genossinnen und Genossen erinnern sich an den Kampf der Bischofferöder Kumpel um ihre Arbeitsplätze (siehe Wikipedia: Mitteldeutsche Kali AG und Schließung1 ) Auch jetzt noch sitzt der Zorn tief („Das war eine Riesenverarsche“2 ) – auch, weil nicht wenige Kohls Geschichte von den „blühenden Landschaften“ geglaubt hatten (siehe auch „Helmut Kohls Akten zur Abwicklung der DDR-Kalisalz-Industrie“3 ).

Für K+S stand schon damals der Profit im Vordergrund – anderes ist von einem kapitalistischen Unternehmen auch nicht zu erwarten. Auch das Problem der Werra- und Weserversalzung ist nicht neu. Bereits 2008 hat die Ökologische Plattform einen Antrag an den Cottbuser Parteitag gestellt (siehe „Anträge der Ökologischen Plattform an den Parteitag in Cottbus“ – https://www.oekologische-plattform.de/2008/05/antrage-der-okologischen-plattform-an-den-parteitag-in-cottbus/#G17) und auch die Bundestagsfraktion hat versucht, Alternativen der Werra- und Weserversalzung bekannt zu machen („Die Weserversalzung – ein riesiges Problem“ – https://www.oekologische-plattform.de/2015/02/die-weserversalzung-ein-riesiges-problem/).

Doch die Regierenden in Wiesbaden und Bonn/Berlin haben K+S gegen verbesserten Umweltschutz unterstützt…


  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Kaliwerk_Bischofferode#Mitteldeutsche_Kali_AG_und_Schlie%C3%9Fung 

  2. https://www.mdr.de/zeitreise/preview-bischofferode-doku-100.html 

  3. https://fragdenstaat.de/blog/2019/10/23/kanzleramt-kali-salz/ 

1 Gedanke zu „Grund- und Trinkwasserversalzung durch die Laugenversenkung ist belegt“

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