EU-Wasserstoff-Strategie

Von Politikern und Medien wird Wasserstoffwirtschaft oft als DER Schlüssel zur Energiewende dargestellt. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für die EU. Die Konföderale Fraktion THE LEFT (Vereinte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke GUE/NGL) wollte diese von vielen akzeptierte Annahme auf den Prüfstand stellen und hat eine entsprechende Studie in Auftrag gegeben.

Wasserstoff und die sozial-ökologische Transformation.
Folgerungen für die EU Wasserstoffstrategie

Im Vorwort schreibt Cornelia Ernst:

Deckblatt der Broschüre "Wasserstoff und die sozial-ökologische Transformation"[…] sind die großen Hoffnungen, die auf das Wundermittel Wasserstoff gesetzt werden, berechtigt? Wir müssen bedenken, dass Wasserstoff keine Energiequelle ist, sondern lediglich ein künstlich hergestellter Energieträger. Er kann entweder durch Elektrolyse von Wasser unter Nutzung von elektrischem Strom oder durch Reformierungs- oder Vergasungsprozesse von fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Erdgas erzeugt werden. Derzeit werden über 90 Prozent des Wasserstoffs aus fossilen Quellen gewonnen. Kein Wunder, dass die großen fossilen multinationalen Unternehmen ihn als Lösung für den Klimawandel anpreisen. Immerhin könnten sie so „alten Wein in neuen Schläuchen“ verkaufen und den Status quo im Machtgefüge von Produktion und Distribution von Energie innerhalb einer zentralisierten Struktur aufrechterhalten.

Die Linksfraktion im Europaparlament hat deshalb diese Studie in Auftrag gegeben, um die Potenziale von Wasserstoff auf Herz und Nieren zu prüfen. Es wurde untersucht, in welchen Anwendungsbereichen Wasserstoff sinnvoll ist und wie er sich in das Energiesystem der Zukunft, das auf erneuerbaren Energien basiert, einordnen lässt. Ein Ergebnis: Wasserstoff kann in Bereichen, in denen keine direkte Elektrifizierung durch erneuerbare Energien aus Wind und Sonne möglich ist, eine wichtige aber nicht die entscheidende Rolle beim Umstieg zukommen. Dieses Ergebnis sollte die derzeitige Euphorie um Wasserstoff dämpfen. Die Pläne, mit voller Kraft die Entwicklung eines Wasserstoffmarktes zu forcieren, müssen kritisch hinterfragt werden. Besser wäre es, wenn sich die Wasserstoffproduktion nachfrageorientiert entwickelt und nur dort zum Einsatz kommt, wo es keine effektiveren Möglichkeiten zur Dekarbonisierung gibt.

Zusammenfassung der wichtigsten Studien-Erkenntnisse

  1. Wasserstoff sollte immer mit Blick auf die Effizienz und Emissionen des Gesamtsystems und somit systemdienlich geplant werden: So wenig wie möglich, so viel wie nötig.
  2. Der Wasserstoffbedarf kann durch die Ausschöpfung von Suffizienz- und Effizienzpotenzialen wesentlich reduziert werden. Aus ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten sollten diese Potenziale zuerst ausgeschöpft werden.
  3. Nur Wasserstoff aus zusätzlich installierten erneuerbaren Stromerzeugungsanlagen weist keine direkten Treibhausgasemissionen auf und kann somit Teil eines klimaneutralen Energiesystems sein. Damit steht der konsequente Ausbau von erneuerbaren Energien an erster Stelle. Kernenergie ist hierbei keine Option.
  4. Um Lock-In Effekte und stranded assets zu vermeiden, muss die Klimawirkung von Erdgas bereits jetzt vollumfänglich berücksichtigt werden. Daraus folgt, dass ein konsequenter Ausstieg aus der Erdgasförderung und –verbrennung notwendig ist. CCTS darf nicht als lebensverlängernde Maßnahme für fossile Energieträger eingesetzt werden und kann aufgrund von Restemissionen sowie ungeklärter technischer und ökonomischer
    Herausforderungen kein Teil der Lösung sein.
  5. Da Wasserstoffimporte aus Drittländern nur unter Berücksichtigung klimaethischer Aspekte infrage kommen dürfen und somit zunächst ethische, soziale, organisatorische und ökonomische Fragen beantwortet werden müssen, sollte die EU sich auf die Wasserstoffproduktion in Europa konzentrieren, wodurch auch gleichzeitig positive Arbeitsplatzeffekte erzielt werden könnten.
  6. Das erneuerbarer Wasserstoff in Europa nur begrenzt verfügbar sein wird, und damit ein wertvolles Gut darstellt, ist eine Priorisierung von Einsatzbereichen notwendig, um den Wasserstoff wirksam einzusetzen und auch Investitionen in neue, langlebige Technologien anzureizen.
  7. Die Infrastrukturplanung des Energiesystems muss vom Zielsystem ausgehend gedacht werden. Ausgehend von gerechten 1,5°C konformen Pfaden und unter Beteiligung aller Akteursgruppen und der Zivilgesellschaft kann die Akzeptabilität des Transformationsprozesses gesteigert werden, was wiederum die Chancen eines erfolgreichen Aufbaus einer klimaneutralen EU entscheidend erhöht.

Download der Studie

Broschüre_Wasserstoff_web

1 Gedanke zu „EU-Wasserstoff-Strategie“

  1. Danke, dass ich hier auf die Studie aufmerksam gemacht werde. Die Einleitung würde ich noch präziser formulieren. Es sind die Lobbyisten der Gasindustrie, die Politik und Medien dazu bringen, Wasserstoff als die Lösung für unserer Klimakrise in den Himmel zu loben. An vorderer Stelle war der MdB (CDU) Jochen Pfeiffer unterwegs. Er ist zwar jetzt weg vom Fenster, doch die Lobby wirkt nach.
    Die Studie sollte auch unseren MdBs Sahra Wagenknecht und Klaus Ernst unter die Nase gehalten werden. Beide singen auch das Loblied auf den Wasserstoff ohne die physikalischen Gesetzte zur Energieeffizienz zu bedenken.

Kommentare sind geschlossen.