Beschlüsse der der LINKEN Brandenburg zur Energiepolitik

Einschätzung der GRÜNEN LIGA Umweltgruppe Cottbus

Der brandenburgische Landesparteitag der LINKEN hat sich am 18.2.2012 mit deutlichen Beschlüssen gegen den Neubau eines Braunkohlenkraftwerkes ausgesprochen und bringt damit die Landesregierung unter Druck.
Auf einen Antrag der AG Umwelt der Partei hatte die Fraktionsspitze mit einem eigenen Antrag zur Energiepolitik reagiert. Überraschend stimmte der Parteitag am Sonnabend dann beiden Anträgen zu. Beide bekennen sich zum Ausstieg aus der Braunkohleverstromung, sind aber unterschiedlich konsequent formuliert.
In seinem Schlusswort am Ende des Parteitages stellte der neu gewählte Landesvorsitzende Stefan Ludwig klar, dass die Partei damit keine Aufkündigung des Koalitionsvertrages beschlossen habe. Man werde bei der weiteren Arbeit in der Koalition die Intentionen der Beschlüsse aufnehmen.
Das ist soweit unumstritten. Den bisherigen Entwurf der Energiestrategie unverändert im Kabinett zu beschließen, wäre nun allerdings eine klare Missachtung des Willens der Parteibasis.
In dem von der Fraktionsspitze selbst eingebrachten Beschluss heißt es etwa „Mit der Energiestrategie 2030 muss der notwendige Ausstieg aus der Verstromung einheimischer Braunkohle begonnen werden.“ Bereits das dürfte nicht damit verträglich sein, sich zum Neubau eines Braunkohlenkraftwerkes zu bekennen, wie es der bisherige Strategieentwurf tut. Durch den Antrag der AG Umwelt bekräftigte die Partei zudem deutlich ihre Ablehnung der CCS-Technologie und stellte in Frage, ob ein möglichst hoher Stromexport Ziel der Energiepolitik sein kann. Da der Koalitionsvertrag einen geplanten Tagebau Jänschwalde-Nord an keiner Stelle erwähnt, kann die LINKE nicht gezwungen werden, einer Festlegung dieses Braunkohletagebaues in der Energiestrategie des Landes zuzustimmen.
In den nächsten Tagen und Wochen dürfte sich entscheiden, ob die Landesregierung die Signale von der Basis verstehen und darauf reagieren wird, oder ob ihr der sture Kohlekurs wichtiger ist als die Beschlüsse der eigenen Partei. Angesichts des Aus der CCS-Technologie in Deutschland dürften auch beim Koalitionspartner SPD die Zweifel am bisherigen Kurs gewachsen sein. Der Wortlaut der gefassten Beschlüsse A 2 und A 8 ist beigefügt, aber auch auf der Internetseite der Partei veröffentlicht.

Antrag A2

Einreicher: LAG Umwelt, mit Übernahme einer Ergänzung aus dem Kreisverband Beeskow

Für eine zukunftsfähige Energiepolitik

Der Landesparteitag stellt fest:
Nach dem beschleunigten Atomausstieg und der Festschreibung des Vorrangs erneuerbarer Energien im Koalitionsvertrag zwischen SPD und LINKEn steht die Brandenburger Energiepolitik vor großen Herausforderungen. Energie muss sicher, bezahlbar und ökologisch vertretbar erzeugt werden. Gleichzeitig hat das Bundesland Brandenburg seinen Beitrag zur Erreichung des 2-Grad-Zieles zu leisten und damit seine klimapolitische Verantwortung zu tragen.

Der Landesparteitag beschließt:

  • Die Fortschreibung der „Energiestrategie 2020“ der Vorgängerregierung und die Vorlage einer „Energiestrategie 2030“ werden begrüßt. Sie muss gesellschaftlich breit diskutiert und abschließend im Landtag verabschiedet werden.
  • Die Energiepolitik der Partei  DIE LINKE steht für konsequenten Klimaschutz. Die Energiestrategie 2030 darf  nicht  hinter Klimaschutzzielen der Vorgängerregierung zurückfallen.  Alle realistischen Einsparpotentiale sind zu nutzen.  Der Bau neuer Braunkohlekraftwerke wird abgelehnt.
  • Die CCS-Technologie wird nach wie vor von großen Teilen der Bevölkerung abgelehnt. Die mit ihr verbundenen Risiken und Befürchtungen stehen in keinem angemessenen Verhältnis zu möglichen Chancen im Rahmen der  CO2-Abscheidung bei  der Braunkohleverstromung.  Auf  CCS kann daher  nicht  gesetzt  werden.  (Hier  die übernommene Ergänzung:) Für die LINKE in Brandenburg erwächst aus der entschiedenen Ablehnung von CCS in der Bevölkerung, angesichts ihrer Gefährlichkeit und der Verschwendung des Rohstoffes Braunkohle sowie des hohen Aufwandes dieser Technologie, die ebenso wie der Handel mit Emissionsrechten zu Preissteigerungen von Elektroenergie führen müssen, die Verpflichtung die Anwendung von CCS zu unterbinden und alternativen Wegen zur CO2-Senkung den Vorzug zu verschaffen.
  • Die von Braunkohletagebauen ausgehenden Zerstörungen an Siedlungen und Landschaft sind nicht mehr länger begründbar. Den über der Braunkohle lebenden Menschen wurde bereits mehr als genug zugemutet. Es dürfen keine neuen Tagebaue aufgeschlossen werden.
  • Brandenburg darf sich langfristig nicht als Stromexportland verstehen, sondern muss sich auf die Energieproduktion für die Region Berlin-Brandenburg konzentrieren.

Antrag A8

EinreicherInnen: Thomas Domres, Stefan Ludwig, Landesvorstand u.a., mit beschlossener
Ergänzung von Thomas Nord

Energiewende in Brandenburg gestalten – versorgungssicher, ökologisch, nachhaltig, sozial gerecht

Energiepolitik ist eine zentrale Säule zukunftsfähiger Wirtschafts- und Klimaschutzpolitik, somit von gesellschaftspolitischer Bedeutung. Brandenburg war, ist und bleibt Energieland mit einer in Veränderungen begriffenen Energieträgerstruktur.
DIE LINKE Brandenburg betrachtet  eine nachhaltige Energiepolitik mit  Sicherung der Versorgungssicherheit zu sozial  verträglichen Preisen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Brandenburg wird immer Stromexportland schon allein wegen seiner geographischen Lage bzw. Bedingungen sein.  Dies betrifft insbesondere Berlin und die angrenzenden Bundesländer sowie Polen.
Mit  der  Koalitionsvereinbarung sind der  energiepolitische Rahmen gesetzt  und die Klimaschutzziele, die es zu erreichen gilt, für diese Legislaturperiode festgeschrieben.
Der Anteil der erneuerbaren Energien am Brandenburger Primärenergiemix wird stetig erhöht und soll bis 2020 mehr als 20 % betragen. Das bedeutet zugleich, dass die Nutzung fossiler Energieträger, auch der Braunkohle, als Brückentechnologie so lange Bestand haben wird, bis Deutschland seinen Energiebedarf sicher und zu sozial verträglichen Preisen aus Erneuerbaren Energien decken kann.  Dabei  ist  ein flexibler Kraftwerkspark (vorzugsweise Gas- und Dampfkraftwerke auf Erdgas- oder Biogasbasis) notwendig, um die fluktuierende, damit nicht versorgungssichere  Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu ergänzen.
Brandenburg steht mitten in der Diskussion der Energiestrategie 2030. Die öffentlichen Debatten der letzten Wochen haben Erwartungen und Hoffnungen an DIE LINKE auf der einen aber auch an die Energiestrategie 2030 auf der anderen Seite deutlich gemacht.
Die künftige Energie- und Klimaschutzpolitik für das Land Brandenburg muss einer Reihe von Ansprüchen gerecht werden, die teilweise in Konkurrenz bzw. auch im Widerspruch zueinander stehen und somit auch neue Herausforderungen für die Politik der LINKEN darstellen.
Nach der „Doppelten Energiewende“ durch die Bundesregierung – erst Verlängerung der Kernenergienutzung über die vereinbarten Laufzeiten der Kraftwerke hinaus und dann die unvermittelte Beendigung der Kernenergienutzung – im Jahre 2011 und der daraus resultierende Neuorientierung des gesamten deutschen Energieversorgungssystems steht auch Brandenburg innerhalb des föderalen Systems aber  auch im europäischen Maßstab vor  neuen Herausforderungen. Ebenso sind nicht abschließend Konsequenzen neuer oder fehlender  gesetzlicher Regelungen abzuschätzen. Dies betrifft u.a. die Folgen der Veränderungen im Energierecht  (z.  B.  Einspeisevergütung,  Instanzenwechsel  bei  der  Genehmigung von Höchstspannungsleitungen,  Einführung von Erdverkabelung),  bis zu 16 Änderungen in Bundesrecht sind für 2012 angekündigt.
Ebenso ist die Finanzierungs- und Kostenfrage der Energiewende nicht geklärt und stellt somit ein großes Risiko für das gesellschaftspolitische Gelingen der Energiewende generell und für die Entwicklung der Strompreise im Besonderen dar.
Für Brandenburg und für die Politik der LINKEN bedeutet das, die sozialen Auswirkungen der Energiewende im Blick zu behalten und darauf hin zu wirken, dass Energie für alle bezahlbar bleibt.
Dies betrifft  auch die Defizite,  die es zu beseitigen gilt, um die Zielstellung „100 % Stromversorgung aus Erneuerbaren Energien“ zu erreichen.

Der Landesparteitag möge beschließen:

  1. DIE LINKE bekennt sich ausdrücklich zu den Zielen des Wahlprogramms 2009, bis zum Jahr 2040 aus der Braunkohleverstromung auszusteigen und zu den Klimaschutzzielen der Koalitionsvereinbarung (CO2-Reduktion von 40 Prozent bis 2020 und weiteren 35 Prozent bis 2030 gegenüber 1990). Diese Ziele können nur erreicht werden, wenn der vorrangige Ausbau Erneuerbarer Energien und deren Systemintegration gelingt und somit ein entscheidender Beitrag zur Energiewende geleistet werden kann. Je schneller es uns gelingt, unser vordringliches Vorhaben, die Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen so umzusetzen, dass sie grundlastfähig ist und somit Versorgungssicherheit schafft, desto schneller ist  es möglich,  aus der Stromerzeugung mit  Braunkohle auszusteigen. Schnellstmöglicher Ausstieg aus der Braunkohleverstromung bleibt unser Ziel.
  2. DIE LINKE Brandenburg steht für eine sozial und ökologisch verträgliche Energiewende. Es  gilt,  gleichzeitig  Versorgungssicherheit,  Umwelt-  und  Klimaverträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und sozial verträgliche Preise sowie Beteiligung und Akzeptanz zu gewährleisten.
  3. Mit der Energiestrategie 2030 muss der notwendige Ausstieg aus der Verstromung einheimischer Braunkohle begonnen werden. (Hier die beschlossene Einfügung:) Deshalb dürfen weder in der Energiestrategie noch in dem dazugehörenden Katalog strategischer Maßnahmen zu ihrer Umsetzung Projekte stehen, die über den Koalitionsvertrag hinausgehen, in welchem es heißt: „…dass neue Braunkohlekraftwerke ab 2020 nur bei drastischer Reduktion des CO2-Ausstoßes genehmigt werden.“ Dieser Ausstieg ist in Übereinstimmung mit den Beschäftigten und der Region sozialverträglich und nachhaltig zu gestalten. Hierzu bedarf es der vollen Unterstützung des Landes, um den sich seit langem vollziehenden Strukturwandel in der Lausitz auch weiterhin zu unterstützen und für die neuen Herausforderungen die notwendigen Konzepte zu erarbeiten und umzusetzen.
  4. Mit der Energiestrategie 2030 muss der Weg zur Erreichung der Ausbauziele bei den Erneuerbaren Energien und der Klimaschutzzielen aufgezeigt werden. Schwerpunke müssen die Minimierung und Beseitigung der Kerndefizite sein.  Dazu gehören unzureichende Energieeffizienz und Energieeinsparung, der notwenige Netzausbau, insbesondere durch Aus-, Um- und Neubau sowie die Ertüchtigung der Netze. Von besonderer Bedeutung ist die Lösung der Flächenproblematik (Flächenkonkurrenz zu anderen Nutzungsarten), die Schaffung gesellschaftlicher Akzeptanz (Netzausbau, Bau von EE Anlagen) und nicht  zuletzt  die Herstellung von Versorgungssicherheit  durch Erneuerbare Energien mit dem Aufbau von Speicherkapazitäten.
  5. Wir wollen die Rolle und die Verantwortung der Kommunen, ihrer Stadtwerke, der regionalen Versorger und Produzenten stärken. Dazu gehört die Beratung und Begleitung von dezentralen Projekten, die Unterstützung von Initiativen für mehr Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie die Erarbeitung kommunaler und regionaler Energie- und Klimaschutzkonzepten sowie deren Förderung und Umsetzung. Deswegen muss sich die Umsetzung der Energiestrategie im Haushalt 2013/2014 sowie in der kommenden Umsetzung der EU-Strukturfondsperiode ab 2014 im Land abbilden. Dazu sind die Förderprogramme und Richtlinien weiterhin auf Klimaschutz-, Energieeinsparungs- und Energieeffizienzmaßnahmen sowie zur Steigerung der Nachhaltigkeit auszurichten.
  6. Um die Energiewende zu erreichen, bedarf es der Einbeziehung vielfältigster Akteure. So sind z.B. Anwohner, Kommunalpolitiker, Naturschutzverbände, Grundstückseigentümer, Landwirtschaftsverbände, Kirchen und Bürgerinitiativvertreter frühzeitig zur Mitgestaltung in die Planverfahren einzubeziehen. Die Landtagsfraktion wird dabei unterstützt, Initiativen zur Umgestaltung der Planungs- und Beteiligungsrechte zu ergreifen. Ziel muss es sein, diese Rechte transparenter und effektiver zu gestalten. Transparenz und Bürgerbeteiligung sind wichtige Bausteine für die Akzeptanz von Projekten.