Brandenburger Braunkohleplan bedeutet keine langfristige Sicherheit für Wirtschaft und Arbeit

Stellungnahme des Beirats für Nachhaltige Entwicklung (NHB) zum Kabinettbeschluss Braunkohleplan Welzow-Süd II am 03.06.2014

Der Kabinettbeschluss zum Braunkohleplan ist ein rückwärtsgewandtes Signal für die Nachhaltigkeit in Brandenburg und behindert die Entwicklung einer Perspektive für die Lausitz

Die dynamische Entwicklung der erneuerbaren Energien und der bereits rasant Fahrt aufnehmende Klimawandel lassen eine Nutzung der Braunkohle über die Jahrhundertmitte hinaus aus nachhaltiger Sicht nicht zu. Die Ausweisung neuer Tagebaugebiete für den Braunkohleabbau behindert den notwendigen Strukturwandel in der Energieversorgung, zementiert die einseitige Abhängigkeit der Lausitz von der Braunkohle auf Jahrzehnte und verhindert den Aufbau innovativer wirtschaftlicher Strukturen in der Region. Fünf Wochen nach Verabschiedung der Landesnachhaltigkeitsstrategie einen Braunkohleplan diesen Inhalts zu verabschieden, ist aus Sicht des Beirats für Nachhaltige Entwicklung des Landes Brandenburg wirtschaftlich unsinnig sowie energie- und klimapolitisch fatal. Mit der Abbaggerung von über 200 Mio. Tonnen sieht der Plan ab dem Jahr 2027 in der Lausitz eine Erweiterung des Braunkohletagebaus vor und stellt damit die Weichen für eine Braunkohlenutzung mindestens bis 2067.

Der Braunkohleplan bedeutet leider keine langfristige Sicherheit für Wirtschaft und Arbeit in der Lausitz, sondern zementiert vielmehr überkommene nicht zukunftsfähige Strukturen. Mit einem schrittweisen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung z.B. bis 2040 (wie im Gutachten des Landesamtes für Umwelt, Verbraucherschutz und Gesundheit zur Energiestrategie 2030 skizziert) lässt sich parallel mit einer aktiven regionalen Strukturpolitik die Entwicklung zukunftsfähiger Branchen für neue Arbeitsplätze in der Region voranbringen. Die Braunkohlenutzung wäre dann eine fast 150 Jahre spannende Brückentechnologie von der Vergangenheit in die „erneuerbare“ Zukunft der Lausitz.

Die Brandenburger Landesregierung fällt mit dem Braunkohleplan Entscheidungen entgegen ihren eigenen Strategien und Konzepten. So heißt es im Koalitionsvertrag: „Als Beitrag zum Klimaschutz wird sich die Landesregierung für die schrittweise Umstellung auf CO2-arme Kraftwerke einsetzen. Die Koalition strebt an, die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu verändern, dass neue Braunkohlekraftwerke ab 2020 nur bei drastischer Reduktion des CO2-Ausstosses genehmigt werden.“ Davon ist bei den jetzt gestellten Weichen offensichtlich keine Rede mehr. Selbst die in der Energiestrategie 2030 bereits herabgesetzten Klimaschutzziele des Landes sind mit diesen Festlegungen nicht mehr zu halten. Eine so weitreichende Entscheidung zu treffen, ohne zu erklären, wie die Landesregierung das Klimaschutzziel – Reduktion der absoluten CO2-Emissionen um 72 % (auf 25 Mio. t) gegenüber 1990 bis zum Jahr 2030 – zu erreichen gedenkt, ist grob fahrlässig und nimmt Zielkonflikte mit anderen Politiken (Klimaschutz, Natur- und Landschaftsschutz, Gesundheitsvorsorge etc.) bewusst in Kauf.

Wie der aktuelle Bericht des Weltklimarates (IPCC) belegt, an dem das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung beteiligt war, ist es aus Klimaschutzgründen notwendig, die Nutzung fossiler Energieträger zu begrenzen. Deutschland und dabei insbesondere auch Brandenburg ist in der Lage, dabei anderen Ländern mit gutem Beispiel voranzugehen und zu zeigen, dass dies volkswirtschaftlich (unter Einbeziehung aller Kosten) sinnvoll, ökologisch geboten und sozial verträglich zu bewältigen ist. Nachhaltigkeit zum Maßstab der Politik zu machen bedeutet, unter Abwägung der verschiedenen ökonomischen, ökologischen und sozialen Belange zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen. Aus Sicht des Beirats hat die Landesregierung mit der Erweiterung des Braunkohletagebaus einseitige Schlussfolgerungen gezogen, die eine Orientierung der Landespolitik an den Maßstäben der Nachhaltigkeit vermissen lassen. Dies hat eine fatale Wirkung auf viele der engagierten Akteure im Land, die sich u.a. bei der Erstellung der Landesnachhaltigkeitsstrategie eingebracht haben. Mühsam aufgebautes Vertrauen in eine zukunftsweisende Politik des Landes wird hier leichtfertig aufs Spiel gesetzt und untergräbt die Glaubwürdigkeit der Landespolitik.

Potsdam, den 05.06.2014

Beiräte:

Prof. Dr. Manfred Stock (Vorsitz), Prof. Dr. Dr. Martina Schäfer (stellv. Vorsitz), Prof. Dr. Reiner Brunsch
(stellv. Vorsitz), Prof. Dr. Ingo Balderjahn, Prof. Dr. Ing. Udo Becker, Prof. Dr. Gerhard de Haan, Prof. Dr.
Andreas Knie, Prof. Dr. Rolf Kreibich, Prof. Dr. Heike Molitor, Dr. Timothy Moss, Dr. Albert Statz, Prof. Dr.
Wilhelm-Günther Vahrson, Prof. Dr. Hubert Wiggering

Geschäftsstelle NHB:

Karl-Heinrich v.Bothmer (Leiter) bothmer@pik-potsdam.de
Martin Batta-Lochau batta@pik-potsdam.de
Postfach 60 12 03, 14412 Potsdam Tel.: 0331 288-2514/ -20767