einseitige Berichterstattung + Kommentare

Wer am 1.8.2016 die von 21:45 bis 22:15 ausgestrahlte ARD-Sendung verpasste, sollte sich meines  Erachtens der Mediathek bedienen.

War bisher schon speziell der NDR an Einseitigkeit in Sachen Fracking-Propaganda kaum zu überbieten, so setzte gestern die ARD mit ihrem „Kampf GEGEN Windräder“ einen drauf. Von der vorgeschriebenen Ausgewogenheit der Berichterstattung keine Spur.

Beispiele:

  1. Es kamen fast ausschließlich Gegner der WEA zu Wort. Ihr Hauptargument: Politische Entscheidungsträger, vor allem Bürgermeister, hätten sich auf Kosten der Allgemeinheit immens bereichert, weil sie zuließen, dass WEA auf ihrem privaten Grund und Boden errichtet wurden und sie Millionenbeträge an Pachteinnahmen erzielen. Einige dieser Bürgermeister stellten sich, aber gesendet wurden nur solche Aussagen, in denen sie zu dem Befangenheitsvorwurf Stellung nahmen. Dadurch kam die verfälschende Botschaft bei uns Zuschauern an: Es geht nur um Absahnen, um das große Geld. Und wir, die Stromkunden, werden abkassiert.
  2. Den Vogel schoss ein gewisser Dr. Michael Fuchs ab, MdB und Sprecher der CDU-Mittelstandsvereinigung, ausgewiesener Vertreter der Atom- und Braunkohlenindustrie, einflussreicher Fürsprecher der Frackingindustrie obendrein. Dieser Abgeordnete durfte von der Allmacht der Windradlobby schwadronieren, ohne dass ihm in der Sendung irgendjemand widersprach – widersprechen durfte.
  3. Die Kontroverse um Windräder geht inzwischen selbst mitten durch den BUND. In der Sendung kam das so ‚rüber, dass viele „einstmals aufrechte Naturschützer“ die Seite gewechselt hätten, mit Euro-Zeichen in beiden Augen. Denn sie seien unmittelbare Nutznießer, weil sie Windräder auf ihre eigenen Grundstücke stellen ließen – dass dabei seltende Vogelarten, z.B. Bussard, Roter Milan, aber auch Unmengen an Fledermäusen ihr Leben ließen, fiel den Profitinteressen der BUND-Funktionäre zum Opfer. Die sich als einzig echte Naturschützer gebenden BUND-MitgründerInnen seien inzwischen ausgetreten.
  4. Zehntausende WEA-SympathisantInnen demonstrierten im Juni vor dem Bundeskanzleramt gegen das Abwürgen der Energiewende. Zu Wort kamen AUSSCHLIESSLICH lohnabhängig Beschäftigte der Windradindustrie, die in die Mikrofone sagen durften, dass sie von ihren Arbeitgebern Sonderurlaub bekommen hätten und sogar kostenlos in den vom Chef bezahlten Bussen nach Berlin reisen durften. Dass sie für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpften – weit über 100.000 Arbeitsplätze in der Branche sind durch EEG-2017 unmittelbar bedroht -, wurde ebenfalls nicht gesendet (vermutlich herausgeschnitten). – Wieder kein einziger Hinweis auf die Braunkohleindustrie in der nahen Lausitz.

Es ging nur um Profite der WEA-Branche. Dass es sich viele BUND-Aktive überhaupt nicht leicht machen bei ihrer Entscheidung: hie Naturschutz, dort Eindämmung des Klimawandels, das wurde mit nicht einer Silbe erwähnt. Überhaupt war mit keiner einzigen Silbe vom Pariser Klimavertrag die Rede.

Außerdem wurde teilweise lausig recherchiert (oder soll ich stattdessen schreiben: manipuliert?). Es stimmt zwar, dass in den Anfangsjahren der Windradbranche viele Fehler gemacht wurden, z.B. kannte man bis in die frühen 1990er noch keine Abstandsregeln zur Wohnbebauung. Es stimmt auch, dass viele Bürgermeister u.a. aus genannten persönlichen Profitgründen einen Wildwuchs an WEA zuließen. Dass aber inzwischen viele zuständige Gerichte Ordnung in diesen Wildwuchs brachten, z.B. das OVG Schleswig am 15.1.2015, durch dessen Urteil jetzt ausschließlich das Land SH für die Ausweisung neuer WEA-Flächen zuständig ist, fiel ebenfalls unter den Tisch. Wie auch die heute gängige Rechtspraxis mit ihrer Unterscheidung von absoluten WEA-Tabuzonen, weichen WEA-Tabuzonen und sonstigen Flächen. (Zum Vergleich: Im Hunsrück nehmen Windräder wegen bisherigen Wildwuchses bis zu 4,4% der Gesamtfläche ein, das OVG Schleswig hat durch sein Urteil die zulässige Fläche für WEA in SH auf ca. 1,7 % der Gesamtfläche nahezu verdoppelt.) Von solchen „Feinheiten“ keine Spur!

Bitte schaut Euch das dreißigminütige Video an – es wird ein Jahr lang im Netz stehen.

Energethische Grüße von Hajü

Kommentare

  • Hallo,
    beim Thema BUND Verstrickungen wiederholt die Sendung nur alte Unwahrheiten, die vom BUND schon im Sommer 2015 widerlegt wurden. Ich finde es eine Frechheit, dass der SWR diese widerlegten Behauptungen noch einmal wiederholt.
    Daran sehe ich allerdings auch, welchen großen Einfluss die Lobby gegen Windkraft in unserer Gesellschaft hat. Gerade in der CDU gibt es zahlreiche MdBs wie Dr. Joachim Pfeiffer (http://www.joachim-pfeiffer.info/) und Norbert Barthle, beide aus dem Rems-Murr-Kreis, die alles daran setzen die Energiewende zu torpedieren. Bei Pfeiffer ist die Sendung schon auf seiner Homepage verlinkt!
    Leider ist die Sendung in der Mediathek zur Zeit weder unter Win10 noch unter Android erreichbar.
    Folge ich dem Link von Dr. Pfeiffers Homepage, ist der Beitrag in der Mediathek nicht mehr verfügbar. Hat da jemand anderes schon Einfluss genommen?
    Mit solidarischen Grüßen Reinhard Muth
    BUND Mitglied und Mitglied der ökologischen Plattform BW
  • Es passiert nicht zum ersten Mal, dass Beiträge der ARD nicht einmal eine Woche lang in der Mediathek mit der Begründung zu finden sind:
    „Der Verfügbarkeitszeitraum dieses Beitrags ist abgelaufen, daher dürfen wir ihn nicht mehr in der ARD Mediathek anbieten.
    Die Verweildauer von Inhalten wird durch rechtliche und redaktionelle Vorgaben bestimmt.
    Informationen zu den Hintergründen sowie Details zur Verweildauer einzelner Beiträge finden Sie auf unserer FAQ-Seite.“
    Die FAQ-Seite existiert aber nicht:

    Für uns gibt es keinen Grund, die ARD aus ihrer Verantwortung für eine sachliche und ausgewogene Berichterstattung zu entlassen oder gar der Kritik an deren Mangel und an der Intransparenz der „rechtlichen und redaktionellen Vorgaben“ den Boden zu entziehen.
    Sehen Sie den Beitrag hier.

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  • Stellungnahme des BUND-Bundesverbandes zur ARD-Sendung „Exclusiv im Ersten: Der Kampf um die Windräder – Die Auswüchse der Boombranche“Liebe BUND-Aktive,
    vielleicht haben Sie mitbekommen, dass die ARD an diesem Montag in der Reihe „Exclusiv im Ersten“ einen Beitrag über die angebliche Verquickung des BUND mit der Windkraftlobby gesendet hat. Dieser Beitrag war einseitig, tendenziös und hat eine Reihe von Vorwürfen gegen den BUND erhoben, die allesamt vollkommen haltlos sind. Der Bundesverband hat deshalb eine Stellungnahme zu der Sendung erstellt.Leider können wir solche Beiträge nicht verhindern, sondern im Vorfeld nur alle Fakten zur Verfügung stellen und auf eine ausgewogene Berichterstattung hoffen. Das hat der BUND getan. Er hat den Journalisten u.a. ausführlich schriftlich sowie in zwei jeweils einstündigen Interviews persönlich Rede und Antwort gestanden. Nur ca. 30 Sekunden davon wurden gesendet. Alle Aussagen, die das Engagement des BUND für eine naturverträgliche Energiewende einordneten, wurden weggelassen.Die Stellungnahme des Bundesverbands stellt daher die in dem Beitrag erhobenen Vorwürfe gegen den BUND richtig. Und sie betont, dass der BUND ein inhaltlich und finanziell unabhängiger Verband ist, der sich sowohl für den Natur- als auch für den Umweltschutz einsetzt.
    Klick zur Stellungnahme zu dem ARD-Bericht
    Viele Grüße aus BerlinMartina Löw (klick öffnet E-Mail-Fenster)
    BUND-Freiwilligenmanagement

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