Mit Fracking ist zu rechnen

Das Hamburger Abendblatt veröffentlichte einen Artikel unter dem Titel: Die Ölsuche in Nord- und Ostsee kann beginnen, in dem gezeigt wird, in welchem Umfang im erdölreichsten Bundesland Schleswig-Holstein mit Fracking zu rechnen ist. Einen Überblick gibt die dort veröffentlichte Karte des Umweltministeriums.

Ernstzunehmende Wissenschaftler erklären Fracking „bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt“ für beherrschbar. Das ist ein echtes Problem für viele Antifrac-AktivistInnen – siehe die neuste Veröffentlichung (4. September) des Acatech-Projekts  unter der Leitung eines der profiliertesten Experten Europas, Prof. Rolf Emmermann (Jahrgang 1940).

Jetzt hat sich Prof. Emmermann im Inforadio des RBB zu Wort gemeldet (bis 14.11. wird das Gespräch im Netz sein).

Wie damit umgehen? Nicht wenige Frac-AktivistInnen neigen dazu, solche Beiträge für „fehlerhaft“ oder  „von der Ölindustrie gekauft“ zu erklären – und merken nicht, wie lächerlich sie sich und die BI’en, die sie vertreten, damit in der Öffentlichkeit machen. Es gibt sicherlich im Interview mit Rolf Emmermann Punkte, über die wir diskutieren müssen. Zum Beispiel kann Methan AUCH frac-bedingt an die Oberfläche gelangen. Unter bestimmten Bedingungen können AUCH Erdbeben in spürbarer Größenordnung durch Fracking entstehen, wie z.B. die 4,5 Einheiten auf der Richterskala im Oktober 2004 bei Rotenburg/Wümme. Dass die Behandlung des Flowback ein bislang nicht gelöstes Problem darstellt, gibt auch das acatech-Projekt zu. Und damit auch dessen Leiter Prof. Emmermann. Er reduziert solche Probleme, wie in der bürgerlichen Wissenschaft üblich, auf die „Einmaligkeit von Vorfällen“, deren Ursachen entweder „nicht abschließend geklärt“  oder „durch menschliches Versagen“ entstanden seien. Und hier beginnt für mich die eigentliche Dimension:

„Menschliches Versagen“ gibt es stets unter gesellschaftlichen Bedingungen, die reflektiert werden müssen. Emmermann und seinesgleichen sind Naturwissenschaftler und als solche zu respektieren. Ich glaube ihnen kein Wort, wenn sie sich auf andere Gebiete begeben, z.B. die ökonomische oder politische Dimension. Hier zeigt sich für mich, dass es nicht ausreicht, nur die naturwissenschaftliche Seite des Frackings zu reflektieren. Fracking ist z.B. sehr kostenintensiv – Exxon und Chevron haben z.B. ihr Engagement in Polen (!) aufgegeben. Ihre Begründung: Angesichts der hohen Kosten lohne es nicht. (Ob sie dies nur sagten, um die Umweltschutzauflagen zu drücken, vermag ich nicht zu sagen.) Aus den USA ist bekannt, dass die Erdöl- und Erdgaskonzerne ihre Frac-Investitionen dramatisch zurückgefahren haben, weil der Gaspreis wegen des frac-bedingten Überangebots auf die Hälfte des früheren Niveaus sank, sodass die Kosten höher sind als die Einnahmen. Da ist größtes Misstrauen angebracht, ob in Konfliktsituationen auch alle staatlich vorgeschriebenen Auflagen eingehalten werden. Das ist für mich eine Frage des Gesellschaftssystems. Daher verbinde ich mein Engagement gegen Fracking mit dem sozialökologischen Gesellschaftsumbau, wie er z.B. im Programm der Linkspartei propagiert, aber leider noch kaum umgesetzt wird.

Einen erfolgreichen Start in die neue Woche wünscht
Hajü
16.9.2014