Ökologie auf dem Bielefelder Parteitag DER LINKEN

Dokumentation:

Unser Änderungsantrag zum Leitantrag an die dritte Tagung des vierten Parteitages der LINKEN

Antragsteller/innen: Ökologische Plattform, BAG Umwelt, Energie, Verkehr, Johanna Scheringer-Wright, Mitglied des Parteivorstandes; Eva Bulling-Schröter, MdB; Sabine Leidig, MdB; Petra Beck, Mitglied des Parteiausschusses; Gesine Franke, Mitglied des Sprecherrates der ÖPF; Wolfgang Methling; Hubertus Zdebel, MdB; Ralph Lenkert, MdB; Ralf Henrichs, Sprecher der ÖPF-NRW

Antrag an die 3. Tagung des 4. Parteitages der Partei DIE LINKE
6./7. Juni 2015 in Bielefeld

Der Parteitag möge beschließen:

Die Zeilen 454 – 506 (Abschnitt „Kompetenz für bezahlbare Mieten und Energie: Gesellschaft sozial und ökologisch umgestalten.“) werden durch den folgenden Text ersetzt:

Kompetenz für die sozial-ökologische Umgestaltung der Gesellschaft

Die weiterhin maßgeblich auf Wirtschaftswachstum gerichtete Politik der Bundesregierung dient vor allem den Profitinteressen der Banken und Konzerne sowie der Sicherung ihrer Machtansprüche in der Europäischen Union und weltweit. Sie dient nicht den Interessen der Menschen, zerstört unsere natürlichen Lebensgrundlagen und trägt damit bei zur Gefährdung von Leben und Umwelt weltweit. Deshalb muss dieser Politik energisch Einhalt geboten werden. Die Gesellschaft ist in allen ihren Bereichen umgehend auf einen sozialen und ökologischen Entwicklungspfad zu führen.

Eine der wichtigsten Aufgabe dabei bleibt, den Eintrag von Treibhausgasen in die Atmosphäre drastisch zu senken, um den Klimawandel zu bremsen. Dafür ist in Deutschland endlich der Kohleausstieg einzuleiten, den Bundesregierung und Energieversorger bislang verhindert haben. Die nun vom Bundeswirtschaftsministerium vorgesehene Klimaabgabe für besonders schmutzige Kraftwerke kann ein Einstieg in den Kohleausstieg sein – wenn sie nicht verwässert wird. Außerdem setzen wir uns gegen das Fracking-Ermöglichungsgesetz der Bundesregierung ein. Fracking für die Erdgas- und Erdölgewinnung ist eine Gefahr für Mensch und Natur; die Klimabilanz von gefracktem Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten ist aufgrund des unkontrollierbar austretenden, immens klimaschädlichen Methans miserabel. Deshalb fordern wir ein Fracking-Verbot ohne Ausnahmen. Gleichzeitig ist die Energie- und Effizienzwende zu beschleunigen.

Die Bundesregierung hat zu lange auf Atomenergie und Kohle gesetzt und sich an der Marktmacht der Energiekonzerne und deren Profitinteressen orientiert. Erst 2021/22 sollen die letzten Atommeiler abgeschaltet werden. Bis dahin besteht das Risiko schwerer Atomunfälle und wird weiter Atommüll erzeugt, dessen dauerhaft sichere Lagerung bis heute nicht gelöst ist. DIE LINKE fordert deshalb den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie.

Auch gegenwärtig ist ein konsequentes Umsteuern hin zu einem sozial-ökologischen Wandel kaum zu erkennen. Das Agieren der Koalition schützt bei zentralen Konflikten vor allem die großen Unternehmen zu Lasten der Bevölkerung. Das zeigt sich beispielhaft bei der Durchsetzung des Verursacherprinzips für die weiteren Kosten bei der Atommülllagerung. Nach jahrzehntelangen Gewinnen wollen sich die Stromkonzerne jetzt mittels einer „Bad Bank fürs Atom“ aus der Verantwortung für die wachsenden Kosten bei der Atommülllagerung stehlen. DIE LINKE fordert daher von der Bundesregierung, endlich einen öffentlich-rechtlichen Fonds einzurichten, in dem diese Rückstellungen der Atomkonzerne gesichert werden! Außerdem müssen die Unternehmen und ihre möglichen Rechtsnachfolger auch in Zukunft in der Haftung für die Kosten beim Rückbau der Atommeiler und der dauerhaften Atommülllagerung bleiben. Der Grundsatz der Verursacherhaftung muss in jedem Fall durchgesetzt werden!

Zwar geht der Ausbau der regenerativen Erzeugung weiter, wird jedoch durch die Neugestaltung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes insbesondere bei den Bürgerenergien gebremst. Dabei ist der Systemwechsel von garantierten Einspeisevergütungen hin zu Ausschreibungen die größte Gefahr. Zudem werden im EEG weiterhin Industriebetriebe großzügig zulasten privater Haushalte privilegiert.

Die Strompreise haben sich seit dem Jahr 2000 verdoppelt, viele können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Hunderttausenden wird jährlich der Strom abgeschaltet, eine stille soziale Katastrophe. Eine LINKE Energiewende mit Sozialsiegel sieht anders aus. DIE LINKE will eine Energiewende, die neben dem Effekt für den Klimaschutz auch sozial und demokratisch ist:

  • Sozial, um die Kosten gerecht zu verteilen. Stromsperren müssen verboten werden. Um Energiearmut zu vermeiden, streiten wir für ein kostenloses Grundkontingent an Strom für jeden Privathaushalt. Es sind finanzielle Anreize für die Reduzierung des Stromverbrauches zu schaffen. Um die Strompreise insgesamt senken zu können, müssen die Industrierabatte bei der EEG-Umlage auf wirkliche Härtefälle begrenzt, und eine öffentliche Strompreisaufsicht für den Endkundenbereich eingeführt werden. Energetische Sanierungen sollen gezielter gefördert werden. Energiearmut wollen wir durch ein Klimawohngeld verhindern.
  • Demokratisch, um die Macht der vier großen Energiekonzerne zu brechen. Die Energieversorgung gehört als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge in die Hände der Bevölkerung. Stadtwerke und genossenschaftliche Versorger wollen wir stärken, Privatisierungen stoppen, Rekommunalisierungen vorantreiben sowie eine weitgehend dezentrale und verbrauchernahe Energieerzeugung fördern.

Um die Erderwärmung zu stoppen, braucht es zudem eine Wende im Verkehrsbereich. Dafür ist vor allem Verkehr zu vermindern und auf Verkehrsarten mit geringem Energie- und Kraftstoffverbrauch zu verlagern. Unnötige Transporte kann die Gesellschaft. u.a. dadurch reduzieren, dass sie mehr Dinge des täglichen Bedarfs, etwa Lebensmittel, in der Region produziert und verbraucht. Der ÖPNV soll in Pilotprojekten gratis und flächendeckend so preiswert angeboten werden, dass der private Autoverkehr merkbar reduziert wird. Die Politik der Bundesregierung, ist hier jedoch nach wie vor eine Politik für die Automobilindustrie.

Es erweist sich, dass die Bundesregierung nicht willens ist, die Gesellschaft auf einen sozial-ökologischen Entwicklungspfad zu führen. Notwendig dafür wäre, über einen intelligenten Mix von Ordnungsrecht mit Instrumenten der Preis- und Mengensteuerung die Wirtschaft dazu anzuhalten, mit stetig sinkendem Ressourcen- und Energieverbrauch und unter Beachtung hoher Umweltstandards zu produzieren. Die Mehrzahl der bisher eingesetzten Instrumente der Regierung, die angeblich der Verbesserung der Umwelt dienen sollen, haben jedoch kaum ökologische Wirkung gezeigt, dafür aber der Wirtschaft zusätzliche Milliarden an Profiten beschert. Beispiele dafür sind die Ausgestaltung von „Öko-Steuer“ oder der Handel mit den „Verschmutzungsrechten“. Ebenso werden die vorgesehenen Freihandelsabkommen großen Schaden für Umwelt und Verbraucherschutzbringen und werden auch deshalb von uns entschieden abgelehnt.

Auch auf sozialem Gebiet betreibt die Bundesregierung Symbolpolitik: Die „Mietpreisbremse“ verdient ihren Namen nicht. Es gibt zu viele Ausnahmen: Sie greift nicht bei neu geschaffenem Wohnraum und bei sanierten Wohnungen. Hier können die Vermieter weiter verlangen, was der Markt hergibt, was die ortsübliche Vergleichsmiete wiederum nach oben treibt. Zwei bis drei Prozent der Mieter sollen nach Schätzungen des Mieterbundes überhaupt von der Mietpreisbremse profitieren. Wohnen bleibt weiterhin ein Armutsrisiko für die einen und ein Spekulationsobjekt der anderen. DIE LINKE unterstützt die zahlreichen Initiativen in deutschen Großstädten gegen die Spekulation mit Wohnraum, gegen Verdrängung und Zwangsräumungen, für bezahlbare Mieten und ein „Recht auf Stadt“. Daher würde eine LINKE Mietpreisbremse,

  • die Mieten flächendeckend und ohne Ausnahmen begrenzen und zum Beispiel Mieterhöhungen allein aufgrund einer bloßen Wiedervermietung der Wohnung ausschließen. Ansonsten müssen Mieterhöhungen auf die Höhe der Inflation beschränkt bleiben.
  • die Spekulation mit Wohnraum bekämpfen und weitere Privatisierungen verhindern. Umwandlung und Zweckentfremdung von Miet- in Eigentums- und Ferienwohnungen müssen gestoppt werden.
  • Mieten bezahlbar machen und einen Neustart im sozialen Wohnungsbau einleiten. Zusätzlich müssen mindestens 150.000 Mietwohnungen pro Jahr – nicht allein über Neubau – eine Sozialbindung erhalten.
  • Die Regelungen zur Kündigungsmöglichkeit im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes (Zwangsräumungen) müssen rückgängig gemacht werden, die Kündigungsmöglichkeit wegen wirtschaftlicher Verwertbarkeit muss erheblich eingeschränkt werden.
  • Ökologische Sanierung vorantreiben und für Mieterinnen und Mieter sozial flankieren.

Um die Hegemonie kämpfen

Die LINKE versteht sich als Motor einer gesellschaftlichen Opposition gegen die Politik der Großen Koalition. Ein grundlegender Politikwechsel ist nur möglich, wenn sich die Kräfteverhältnisse in der Gesellschaft verändern. Dafür braucht es eine starke parlamentarische Verankerung ebenso wie einen Aufschwung sozialer Bewegungen und Proteste.

Die LINKE weiß sich in ihrem Eintreten für eine soziale und ökologisch nachhaltige Politik in Deutschland und der Europäischen Union einig mit dem überwiegenden Teil der Bevölkerung. Dieser hat längst erkannt: Um friedlich, sozial sicher und zufrieden zu leben, muss die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich ebenso überwunden werden, wie die Vernichtung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Viele wissen, dass ein glückliches Leben nicht von der Anhäufung materieller Reichtümer abhängt, wohl aber von der sorgenfreien Verfügung über das Notwendige.

Darum sind wir an der Seite aller, die sich für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen, für mehr Demokratie und damit für einen grundlegenden Politikwechsel und eine Überwindung des Kapitalismus engagieren. Initiativen gegen TTIP und CETA, die Blockupy-Bewegung, Streiks gegen prekäre Arbeit und Tarifflucht wie bei Amazon oder wie bei den Sozial- und Erziehungsdiensten für die Aufwertung traditioneller Frauenberufe, Proteste gegen Rassismus und für Willkommenskultur, Initiativen gegen den Ausbau des Überwachungsstaates, Initiativen von Mieterinnen und Mietern und Kämpfe um die Wiederaneignung der Städte, die Friedensbewegung und die Initiativen für Klimagerechtigkeit und die Energiewende unterstützen wir und wirken als eine verbindende Kraft in Richtung eines grundlegenden Richtungswechsels.

Begründung:

Die tatsächliche ökologische Kompetenz der LINKEN wird im betreffenden Abschnitt des Leitantrages nicht hinreichend deutlich. Die umweltpolitischen Aspekte sind stärker hervorzuheben. Dem ökologischen Anspruch der Partei würde es nicht genügen, wenn einige ökologische Gedanken lediglich an der berechtigten sozialen Forderung nach bezahlbaren Mieten und bezahlbarer Energie festgemacht sind.


 

Teilübernahme

Durch den Parteivorstand erfolgte eine Teilübernahme des Textes, der dem Parteitag im Abstimmungsheft vorgelegt wurde.

Die Überschrift lautet nach wie vor: „Kompetenz für bezahlbare Mieten und Energie: Gesellschaft sozial und ökologisch umgestalten.“ und auch nach der Teilübernahme bleiben die ökologischen – Menschheitsprobleme – der Mietenproblematik untergeordnet:

„Daher würde eine LINKE Mietpreisbremse:

  • die Mieten …
  • die Spekulation mit Wohnraum …
  • Mieten bezahlbar machen …
  • Die Regelungen zur Kündigungsmöglichkeit …

Eine der wichtigsten Aufgabe dabei bleibt, den Klimawandel zu bremsen. Dafür ist in Deutschland endlich der Kohleausstieg einzuleiten, …“

Hier folgt der weitere, aus unserem Antrag übernommene Text.