Offener Brief

der Volksinitiative “Rettet Brandenburg” und Waldkleeblatt-Natürlich Zauche e.V.

Sehr geehrtes Mitglied der Partei DIE LINKE,

in diesen Tagen müssen Sie eine schwerwiegende Entscheidung treffen. Sie stimmen über den Koalitionsvertrag zwischen Ihrer Partei und der SPD ab.

Wir bitten Sie, diesen Vertrag abzulehnen.

Sicher gibt es viele Gründe, die für den Vertrag sprechen. Auch wir sind für mehr Lehrer, mehr Sicherheit und bessere Straßen.

Doch es gibt auch einen gravierenden Grund, der gegen den Vertrag spricht: der Ausbau der Windenergie soll ungebrochen fortgesetzt werden.

Zwar werden in dem Vertrag die Akzeptanzprobleme angesprochen, doch Entscheidungen werden auf die Regionalplanungen verlagert. Diese können aber kaum anders als bisher handeln, wenn die Landesregierung bei ihren bisherigen Vorgaben bleibt. So werden weiter Windräder in Wäldern geplant und dann auch gebaut werden. So werden weiter Windräder gegen den Widerstand von Bürgern und Kommunen gebaut. Wir glauben nicht, dass das eine Politik ist, die Sie wollen.

Windräder im Wald bedeuten für uns eine zusätzliche Brandgefahr in den brandgefährdetsten Wäldern Deutschlands. Diese Gefährdung von Leib und Leben wiegt für uns alle anderen Vorteile des geplanten Koalitionsvertrages auf! Was nutzen uns diese, wenn im ungünstigsten Fall ein nicht zu löschender Brand eine halbe Stunde bis zu unseren Wohnungen braucht. Für die Ausdehnung des Ausbaus der Windkraft in unsere Wälder kann es keine Aktzeptanz geben.

Mit der Privilegierung der Windkraft, die es für keine anderen Bauwerke gibt, werden die Basisanforderungen der Energiewende wie Umweltschutz, Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit nicht erreicht.

Wir fordern die Rücknahme des sogenannten Tack-Erlasses, der Windräder im Wald ermöglicht. Aus Gesprächen mit zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern und deren über 3.000 Einwendungen allein in unserer Region wissen wir, dass es in unserer Region vorrangig dieser Erlass war, der Ihrer Partei einen großen Teil der Stimmen gekostet hat. Die Bürger wissen um die CO2-speichernde Funktion des Waldes und lehnen die zum Klimaschutz kontraproduktive Vorgabe der Politik berechtigt ab, die zudem ihre Gesundheit und Lebensqualität negativ beeinflusst.

Wir fordern einen landesgesetzlich festgeschriebenen Mindestabstand vom Zehnfachen der Höhe, mindestens aber von 2.000 Metern.

Um diese Forderungen mogelt sich der ausgehandelte Koalitionsvertrag aber herum. Die wenigen angesprochenen Maßnahmen gegen eine weitere Politik gegen uns Bürger, wie die Stärkung des Mitspracherechts kleiner Kommunen, sind schwammig und brauchen vor allem Zeit. Das im Wahlkampf öffentlich diskutierte Moratorium für den weiteren Ausbau der Windenergie, bis diese und andere Probleme geklärt sind, findet im Koalitionsvertrag keine Erwähnung.

Deshalb bitten wir Sie, stimmen Sie gegen den Koalitionsvertrag. Stimmen Sie gegen eine Fortsetzung der Politik gegen Bürger und Kommunen. Auch wir sind „schutzwürdige Belange“. Stimmen Sie gegen weitere Waldvernichtung, die nur den Profiten der Windindustrie dient. Bei Windkraftanlagen geht es schon lange nicht mehr um Klimawandel oder Energiewende.

Stimmen Sie für einen wirklichen Dialog über die Energiewende, für einen Dialog auf Augenhöhe mit uns Bürgern.

Mit freundlichen Grüßen

Waltraud Plarre
für die Volksinitiative “Rettet Brandenburg”,
für Waldkleeblatt-Natürlich Zauche e.V.

PS:
Bitte haben Sie dafür um Verständnis, dass wir diesen Brief als öffentlichen Brief schreiben. Wir hätten sonst keine Chance, Sie zu erreichen. Sie erinnern sich sicher daran, wie schwer es ist, in seiner Freizeit und mit privaten Mitteln gegen die herrschende Politik zu kämpfen.

Kommentar

Der Sprecherrat sieht den Koalitionsvetrag sehr kritisch – gerade auch auf dem Gebiet der Energieversorgung (siehe „Kritische Bemerkungen zum Brandenburger Koalitionsvertrag…„). Dennoch rufen wir nicht zu seiner Ablehnung auf, weil wir meinen, dass das die Brandenburger Mitglieder der LINKEN selbst entscheiden können und sollten.

Die Stoßrichtung des Offenen Briefes GEGEN den weiteren Windkraftausbau halte ich – weil darin die umweltschädliche Braunkohleverstromung ignoriert wird – für einseitig.
Die Forderung nach Beteiligung der Bevölkerung und kleineren Kommunen ist allerdings dringend notwendig und müsste ein originäres Anliegen der LINKEN sein. Was ich aber selbst an Rechtfertigungen der bisherigen Brandenburger LINKEN-Politik auf ökologischem Gebiet erlebt habe, erinnert dagegen an ein längst vergessen geglaubtes Lied: „Die Partei, die Partei, …“

Wolfgang Borchardt