Windkraftausbau

Hiermit führen wir die Diskussion über den Windkraftausbau weiter.

Kommentare und Diskussion zum Offenen Brief

der Volksinitiative “Rettet Brandenburg” und Waldkleeblatt-Natürlich Zauche e.V.

27.10.2014

Lieber Wolfgang Borchardt,

es ist nicht so, dass wir die Probleme der Tagebauregionen ignorieren – ganz im Gegenteil! Der Ausbau der Windkraft wird nur keinen Quadratzentimeter Tagebau weniger mit sich bringen! Deutschland hat 24.000 Windkraftanlagen im Betrieb und Brandenburg davon 3.400. Auch das große Ziel von ca. 73.000 Anlagen wird uns nicht die sichere Versorgung bringen, wenn kein Wind weht, denn “0 x 73.000 = 0”.
Speicher sind nicht in Sicht!! Sie sind nur ein Traum bisher, der sehr weit entfernt von der Realität ist. Der Kapitalismus zwingt uns aber, jede Minute der Realität ins Auge zu sehen.
Es ist auch unverantwortlich, die Bürger mit angeblicher Wertschöpfung bestechen zu wollen, denn diese hat Karl Marx ganz eindeutig definiert. Mit Subventionen jeglicher Art gibt es keine Wertschöpfung, sondern nur geschöpfte Bürger und ein paar wenige “Bereicherte”. Das ist gegen die Philosophie der Partei DIE LINKE. Fragen Sie bitte den Genossen Christoffers nach seinem eigentlichen Ziel beim weiteren Ausbau.
Dann ist da noch die Frage offen, wo, meinen Sie, wollen die Bürger künftig leben? In total zerstörter Natur, ohne schützende Wälder, zwischen lärmenden Rotoren? Rechnen Sie mal aus, wie viele Windräder Deutschland bräuchte für sein so leicht ausgesprochenes Klimaziel, die zusätzlich zum Tagebau sein müssen.
Als Grundlastsicherung wird weiter Kohle, Öl oder Gas gebraucht, wenn keiner AKW will. Die Forschungen für die nicht radioaktive Kernfusion sind allerdings recht weit fortgeschritten, sie kann eine Lösung werden.

Mit freundlichen Grüßen
Waltraud Plarre

27.10.2014

Lieber Wolfgang Borchardt,

ich versichre Ihnen, dass ich ihre Position akzeptiere, aber den Apell von Waltraud Plarre sehr ernst zu nehmen bitte!
In der Regionalversammlung werde ich WKA-Wildwuchs widersprechen.
Wird TTIP so eingeführt wie befürchtet, haben wir mit der Nachordnung des Umweltministeriums unter einem Landwirtschaftsministerium in Brandenburg umweltpolitisches Chaos und müssen zudem als Stromnettoexporteur völlig unnötig Katstrophen im Mikroklima bei weiterem ungeregelten WKA-Ausbau befürchten! Hier kann ganz schnell eine ehemals richtige Entscheidung durch Anhäufung von Quantitäten zu einer neuen, nicht gewollten Qualität werden.
Was wir aber brauchen, ist eine NEUE LINKE!!!!

Freundliche Grüße
H.J. Börner

27.10.2014

Liebe Waltraud Plarre,

aus dem Offenen Brief geht Ihre Ablehnung der BK-Verstromung nicht hervor; was Sie sozusagen im Hinterkopf haben, konnte ich daher nicht beurteilen.
Was Flauten (und Wolken bzw. Nächte – da gibt es auch noch Fotovoltaik) angeht, so haben Sie bereits Speicher ins Gespräch gebracht. Allerdings teile ich Ihre Auffassung nicht, dass Speicher bisher nur ein Traum sind – ihre energiewirtschaftliche Bedeutung ist aber noch VIEL zu gering. Daher ist unser Ansatz (der Ökologischen Plattform), mit der Speicherkonferenz einen (uns möglichen) Beitrag zur Beschleunigung des Speicherausbaus zu leisten.
Zu der Realität, der wir ins Auge sehen müssen, gehören übrigens auch die Gefahren des Klimawandels – auch wenn sie erst in einigen Jahr(zehnt)en ihre volle Wucht entfalten werden. Deshalb gehören die Förderung der Energiewende – und hier zur Zeit insbesondere der Speicherausbau – und die Ablehnung weiterer BK-Verstromung unmittelbar zusammen. Mit DIESER Argumentation den Koalitionsvetrag abzulehnen, damit bin ich völlig einverstanden.
Was ich nicht verstehe, ist Ihre Replik zu Subventionen und Wertschöpfung – auch wenn mir das Wortspiel der „gesch(r?)öpften Bürger“ gefällt. Von welchen Subventionen ist hier die Rede?
Im Übrigen ist unbestritten, dass sich im Kapitalismus immer wenige auf Kosten Vieler bereichern. („It’s the Economy, stupid!“ stand mal auf einem Plakat, das wir in der Tarantel 56 abgebildet haben.) Das ist aber kein Problem der Windenergie, sondern der Gesellschaftsordnung, die zu kritisieren ist.
Von Ralf Cristoffers erwarte ich auf ökologischen Gebiet nichts, genauer gesagt: nur Schlechtes. Ihn zu fragen bringt m.E. nichts. Er ist wohl eher der klassischen ehemaligen real-sozialistischen und damit eng verwandten kapitalistischen Wirtschaftsförderung mit dem Ziel „höherer Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit“ verfallen.
Ja, wo wollen wir leben, aber vor allem WIE wollen wir leben? Wie viel Energieverbrauch (Strom, Wärme, Mobilität) gestehen wir uns selbst zu? Trotz aller bisherigen Bemühungen komme ich nicht auf weltweit gerade noch akzeptable ca. 2.000 kg CO2-Ausstoß pro Jahr… Wie ist das bei Ihnen?
Übrigens: Dass als Grundlastsicherung weiterhin (=auch in Zukunft) Kohle, Öl oder Gas gebraucht werden, ist eine inzwischen widerlegte Behauptung. Schauen Sie sich ruhig mal den Energiewenderechner des SFV an.
Und als Physiker muss ich sagen: Dass die Fusion in den nächsten Jahrzehnten einen nennenswerten Beitrag zur Energieversorgung leisten wird, halte ich für eine Ente im Interesse derer, die meinen oder so tun, die Wirtschafts- und Lebensweise müssten nicht RADIKAL verändert werden, der Material- und Energiedurchsatz in Deutschland müsse nicht auf 10-20% gesenkt werden.

Mit ökologischen und sozialistischen Grüßen
Wolfgang Borchardt

27.10.2014

Liebe Genossinnen und Genossen,

ich halte den Ausbau der Windenergie für dringend notwendig.
Den Aufruf der Volksinitiative “Rettet Brandenburg” und Waldkleeblatt-Natürlich Zauche e.V. halte ich nicht nur für einseitig, sondern er geht 180 Grad in die falsche Richtung.
Ein Argument, was von Vogelschützern kommt, ist dass z.B. Greifvögel beim fliegen nur nach unten schauen (z.B. weil sie Mäuse suchen) und dann gegen einen Masten fliegen und sich das Genick brechen. Hier macht es Sinn unter einem Windrad eine Vegetation zu haben, bei der Greifvögel keine Beute erkennen können (hohes Gras, Büsche, dichter Wald).
Wenn man so rigorose Vorgaben macht, dass man kaum noch Windradstandorte findet, dann ist der Effekt nicht, dass kaum noch Standorte findet und die CO2-Zunahme ungebremst fortschreitet.

Gruss
Daniel Weitbrecht

27.10.2014

Lieber Wolfgang Borchardt,

danke für Ihre Antwortzeilen.
Wir scheinen die gleichen Ziele zu haben, wenn auch nicht die gleichen Wege. Auf jeden Fall ist der Reduzierung des Energieverbrauchs der Vorrang zu geben. Das ist aber in der Praxis kaum zu realisieren. Dem LTA unseres Wahlkreises hatte ich mal vorgeschlagen, im Landtag durchzusetzen, dass in der Stadt Potsdam für z.B. 14 Tage alle Leuchtreklamen und unnötige Lichter von 0.00 Uhr – 4.00 Uhr ausgeschaltet werden. Die eingesparten kWh könnten eine Basis für weitere konkrete Entscheidungen sein. Ich fürchte allerdings, dass dann die Stadtwerke sich wegen der entgangenen Gewinne empören würden! Das ist doch das Problem: dieses System ist nicht gemacht für wirkliches Sparen.
Speicher sind nicht für wirtschaftlichen Einsatz verfügbar, das ist leider so. Sie werden es auch in 10 Jahren nicht sein. Am 27.08. haben wir in der BRB-Landesvertretung den Dr. Müller, von Enertrag über Speicher reden hören – das war desillusionierend, wenn es auch anders gemeint war. Die Speicherkonferenz in Paaren wird von uns auf jeden Fall besucht, sie wird aber auch nur wieder theoretische Möglichkeiten abhandeln. Es ist nur die Rechtfertigung für weiteren hemmungslosen Ausbau der Windindustrie.
Heute habe ich das riesige Poster von der angeblich autarken Gemeinde Feldheim am U-Bahnhof Alexanderplatz gesehen – das ist absurd. Der Batteriespeicher ist kein richtiger Speicher, das wissen Sie sicher, und wegen seiner Kosten und des Verbrauchs an Seltenen Erden auch nicht für alle Gemeinden Deutschlands eine Lösung.
Autark heißt: es darf nichts rein und nichts raus. Das ist in Feldheim meines Wissens nicht so.
Was ist mit dem Klimawandel? Das ist die Horrordarstellung schlechthin, von der die Politik alle ihre Entscheidungen zur Energiepolitik ableitet. Es ist eine Modellrechnung und nicht wenige Klimaexperten haben deren Auslegung schon relativiert. Wir wissen beide nicht, wie das Wetter in Zukunft sein wird, aber wir wissen, dass es uns besser gehen würde, wenn wir der Natur wieder mehr Wertschätzung einräumen würden. Dazu gehört die Reduzierung des Tagebau genauso wie der Schutz des Waldes – die einzig nachhaltige Ressource!
Der Weltklimarat rät u.a. zur Aufforstung im Kampf gegen den Klimawandel. Was aber machen unsere Politiker – sie lassen für den Klimawandel riesige Wälder fragmentieren für Windparks. Durch Unwissenheit und Dummheit der Menschen wurden im Mittelmeerraum und Afrika die Wälder vernichtet, und die Böden sind ausgetrocknet. Sie haben sich nie mehr erholt. Auch Ihr Energiewenderechner geht von Waldverbrauch für Windräder aus – welch ein großer Irrtum. Wald ist nicht nur ein natürlicher CO2-Speicher, er ist unser Leben.
Eine Klimapolitik, die den Wald opfert, ist nicht logisch – sie ist eine Lüge. Wir haben die Bäume gezählt, die für eine WKA fallen müssten: ca. 700 Stück!
Was habe ich gemeint mit Wertschöpfung? Die LINKE in BRB propagiert mit Vorliebe die Beteiligung der Kommunen vor Ort an der sogenannten „Wertschöpfung“ aus Windenergie.
Die Windparks arbeiten nicht wirklich wirtschaftlich, sie haben ihre festen Einspeisevergütungen fast unabhängig vom Wind für 20 Jahre. Jeder Haushalt muss dafür zahlen. Es entsteht keine wirkliche Wertschöpfung – schon gar nicht, wenn das Produkt (Strom) bezuschusst werden muss, damit es bei Starkwind (Überangebot) Abnehmer findet.
Die LINKE findet diese Verteilung offensichtlich gerecht. Die Kommunen sollen mit Bürgergenossenschaften noch einen Teil des Risikos übernehmen und haben in der Regel kaum Aussicht auf Einnahmen. Ca. 7 Jahren sind Kredittilgungen und Zinsen zu zahlen und gestatten kaum Gewerbesteuereinnahmen in dieser Zeit. Welche Risiken noch auf die gutgläubigen und der Politik vertrauenden Bürger lauern (bestätigt durch eine Vielzahl von Insolvenzen) , kann ich Ihnen gern mal zur Kenntnis geben. Fakt ist, dass es einer Partei, wie DIE LINKE es sein will, nicht gut zu Gesicht steht, wenn sie zum Vorteil der Investoren, die Bürger ohne Anlagenschutz zur Beteiligung animiert.
„Geschöpfte“ Bürger habe ich nur geschrieben, weil es besser klingt. Aber abgeschöpft wird ohnehin nur von uns, den Bürgern, und sicheren Strom haben wir trotzdem nicht – wenn Sie das auch gerne glaubhaft machen wollen.
Die LINKE wird an dieser Energiepolitik zerbrechen, denn die Widersprüche zu ihrer Philosophie sind zu gravierend. Der Mindestlohn wird als Erfolg gefeiert und gleichzeitig seine Inflation durch die Strompreiserhöhung. Das nehmen die Menschen übel. Dann werden bald die zerstörerischen Folgen für die Umwelt immer sichtbarer, obwohl – die Umwelt wollten wir doch eigentlich erhalten? Kann es sein, dass DIE LINKEN nur noch die ein bisschen besseren Sozialdemokraten sind?
Nun habe ich genug für heute gestritten.
Mit freundlichem Gruß

Waltraud Plarre

28.10.2014

Lieber Wolfgang,

um verstanden zu werden habe ich möglicherweise zu sehr abstrahiert und weiß nicht ob ich verstanden worden bin?
Bestimmt habt ihr es längst getan und es ging nur an mir vorbei, aber ich würde der Plattform dringend eine breite Diskussion anraten, inwiefern unter den Bedingungen von TTIP linke Umweltpolitik überhaupt noch glaubwürdig zu vermitteln ist, wenn die LINKE in Regierungsverantwortung TTIP mitträgt?
Oder wenn wir mit dieser Frage sachkundiger in die Tiefe unserer Arbeit gehen wollen, müssen wir fragen: Was wird aus NATURA 2000? Wie soll sein europäisches Folgeprogramm aussehen, wenn schon heute ALF die Interessen europäischen Naturschutzgedankens dem Bedarf der Landwirte (Großagrarier) nachordnet? Was, wenn der gesamte Umweltschutz einem Landwirtschaftsministerium untergeordnet wird, das morgen unter dem geheim verhandelten Transatlantischen Handels- und Investitionsschutzabkommen (TTIP), alle Schutzrechte zu schleifen bereit sein muss?
Wer ist denn da mit wem Partner (im Sinne von Partnership)? Die LINKE mit MONSANTO?
Aus meiner Sicht sollte sich DIE LINKE BRANDENBURG vor der Wahl sich heute zu ihrem BUNDES-Parteiprogramm bekennen, das unvereinbar mit einer politischen Akzeptanz von TTIP ist und daraus die Schlussfolgerung ziehen: auf eine Regierungsbeteiligung zu verzichten. Entscheidet sie sich für eine Regierungsbeteiligung wird sie ihre eigene Partei spalten, sofern es noch Menschen und Genossen gibt, denen ihr Gewissen näher als ihr Apparat ist.
Wird diese Entscheidung länger auf die lange Bank geschoben, wird es der Partei so gehen, wie einst dem großen KARTHAGO, in Brechts Gedicht.

Herzliche Grüße
Euch allen, Dein H.-J. Börner

19.11.2014

Hallo,

es gibt auch Subventionen, die im öffentlichen Interesse liegen. Ich bin dafür, dass zum Beispiel in Kommunen eigene Schwimmbäder, öffentliche Kultur- und Jugendeinrichtungen oder Bibliotheken subventioniert werden, weil sie gesellschaftlich notwendig und sinnvoll sind – aber seltenst kostendeckend arbeiten. Dafür zahle ich gerne meine Steuern!

Mit roten Grüßen,
Wolfgang Huste