FriedensaktivistInnen sagen Blockade ab –

Tornados fliegen weiter!

Am 16. Juli, dem Jahrestag der ersten Detonation einer Atombombe, hielten internationale Friedensaktivisten im Rahmen der Kampagne Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt1 eine Mahnwache vor dem Fliegerhorst Büchel.

Seit 2016 organisieren Friedensaktivisten jedes Jahr am 16. Juli eine Blockade vor den Toren des Luftwaffenstützpunktes Büchel. In diesem Jahr haben sie sich aufgrund der Hochwassertragödie und aus Mitgefühl mit den Menschen vor Ort entschieden, ihre Pläne abzusagen und stattdessen eine Mahnwache in der Nähe des Haupttores abzuhalten. Der 16. Juli 1945 ist der Tag, an dem die erste Atombombe in New Mexico (USA), auf dem Alamogordo Testgelände, gezündet wurde. Die Bewohner New Mexicos wurden vor dem Test nicht gewarnt und auch nicht über die Gefahren nach dem Test informiert. Es gab eine hohe Rate an Kindersterblichkeit in den Gebieten in Windrichtung des Tests.

Tornado IDS der deutschen Luftwaffe, Foto von Master Sgt. Kevin J. Gruenwald, U.S. Air Force – http://www.defenseimagery.mil

Brian Terrel aus Iowa, USA, sagte:

„Während wir unsere Blockade aufheben, damit die Polizei frei ist, um Flutopfern zu helfen, fliegt die Luftwaffe weiter ihre Tornados und übt die Zerstörung des Planeten.“

Auf dem Luftwaffenstützpunkt Büchel befinden sich 20 B61-Atombomben, von denen jede die vierfache Zerstörungskraft der auf Hiroshima abgeworfenen Bombe hat. Sie sollen ab 2022 von einer neuen Generation präziserer Bomben abgelöst werden. Aus Sicht der Aktionsgruppe könnte so die Hemmschwelle für den Einsatz dieser Atomwaffen sinken. Sie fordert den sofortigen Abzug aller Atombomben.

Außerdem sollten die hunderte Millionen an Euros für die neuen Waffen und die „Ertüchtigung“ des Fliegerhorstes in den nächsten Jahren besser für den Klimaschutz eingesetzt werden.

„Ich komme aus einem Land, in dem aktuell riesige Waldbrände das Leben vieler Menschen bedrohen und komme hierher in eine Region, in der Hochwasser unendliches Leid verursacht. Es hängt alles zusammen. Wir müssen die Klimakatastrophe stoppen und mein Beitrag ist es, den Wahnsinn der Atomwaffen mit ihrem sinnlosen Ressourcenverbrauch zu stoppen, auch durch diese Tornadoflüge,“

so Susan Crane aus Kalifornien, USA. Susan van der Hijden aus Amsterdam, Niederlande, sagte:

„Tornados stoßen pro Stunde 12.317 kg CO2 aus. Es ist empörend, dass sie weiterfliegen, wenn es eine Katastrophe gibt, die durch den Klimawandel verursacht wird. Das muss aufhören.“

gewaltfreie Aktion und Verhaftung

Am 19. Juli 2021 begannen sechs Friedensaktivist*innen aus den USA, Niederlanden und Deutschland ab 11 Uhr im Rahmen einer gewaltfreien Aktion unter dem Motto „Stop the next catastrophe: NoNukes! Stoppt die nächste Katastrophe – Atomwaffen abschaffen!“ die Grabungen für einen Tunnel. Ziel war es, so auf die Startbahn des Fliegerhorsts Büchel zu gelangen, um den Flugbetrieb zu stoppen. Begleitet wurden sie von mehreren Unterstützer*innen mit Bannern, die ihre Aktion mit Liedern und kurzen Ansprachen verstärkten. Vor Ort waren Polizei- und Militärkräfte vor dem Zaun am Nordende der Startbahn des Fliegerhorsts präsent, um den Erfolg der Aktion zu verhindern. Nach mehrmaliger Aufforderung, die Grabungen zu stoppen, nahmen sie drei Aktivist*innen fest, die entschlossen waren, ihre Grabungen nicht zu beenden. Dies waren Frits ter Kuile aus Amsterdam, Susan Crane aus Kalifornien/USA und Sigrid Eckert-Hoßbach aus Deutschland, die mit ihrem Rollstuhl festgenommen wurde. Die drei Aktivist*innen wurden zur Polizeiwache in Cochem gefahren und dort wieder auf freien Fuß gesetzt. Während der Aktion starteten dicht über den Köpfen der anwesenden Menschen in kurzen Abständen mit ohrenbetäubendem Getöse mehrere Tornadoflugzeuge.

Nach einer Meldung im Wochenspiegel Mayen, in der WochenSpiegel-Chefredakteur Mario Zender das eine „unverantwortliche Aktion der Aktivisten“ bezeichnete2, entlud sich ein Shitstorm gegen die Aktivisti. Ihnen wurde u.a. vorgeworfen, „Jeder Einzelne müsste sich schämen und mal was vernünftiges machen“ oder „Respektlosigkeit gegenüber den Opfern der Flutkatastrophe“ usw.

Doch was verbindet Atomwaffen-Verbotsvertrag und Katastrophenschutz?

Bei dem Vorwurf, Polizei- und Bundeswehrkräfte, die für die Flutkatastrophe dringend benötigt werden, diese unverantwortlich gebunden zu haben, wird vergessen, dass das Militär der Hauptverursacher der CO2 Emissionen ist UND bei den Klimaverhandlungen nicht einmal mit einbezogen wird. Allein der Tornado produziert 12.000 kg CO2 pro Flugstunde.3

Während der Buddel-Aktion flogen etwa 10 Mal Tornado Kampfjets dröhnend über die Köpfe, d.h. die Bundeswehr stellte trotz dieser Katastrophe ihre Kriegsübungen nicht ein. Und das, obwohl viele weitere Soldaten im Überschwemmungsgebiet zur Hilfe benötigt wurden und werden. Obwohl das Hochwasser Warnsysteem EFAS bereits 9 Tage vorher vor der extremen Überflutung genauestens gewarnt hatte, stellt die Regierung NUR 1000 Bundeswehrkräfte (von über 150.000) zur Verfügung. Sollen tatsächlich 14 gewaltfreie FriedensaktivistInnen mit einer handvoll pinken Schaufeln mit ihrem einstündigen Protest für diesen Missstand moralisch verantwortlich gemacht werden?!

Die nukleare Aufrüstung – mit neuen Atombomben, neuen Trägerkampfflugzeugen etc. – kosten uns viele Milliarden Euro. Auch das geplante Future Combat Air System ist allein für Deutschland mit 500 Mrd. Euro geplant. Es integriert die nächste Generation von europäischen Atomwaffen-Kampfjets mit künstlicher Intelligenz.

Demgegenüber war von Anfang an klar, dass es sich bei der einstündigen „Grabeaktion mit pinken Schaufeln“ der 14 AktivistInnen, aus den USA, den Niederlande und der BRD, um eine symbolische Aktion handelte. Drei Tage vorher gab es ein Koordinationsgespräch mit der Polizei, der Vertreterin der Kreisverwaltung und der Bundeswehr, u.a. wo genau diese symbolische Grabeaktion am Montag in der Nähe des Zaunes stattfinden darf. Die internationale Gruppe hatte bereits am Donnerstag ihre geplante Blockadeaktion für den Freitag aufgrund der Überschwemmung bei der Polizei abgesagt und und bot spontan einem betroffenen Tagungshaus Hilfe an. Der Polizei machte sie einvernehmlich die Zusage, keine Aktionen bis Sonntagabend durchzuführen, woran sich selbstverständlich gehalten wurde. Da die Bedrohung durch eine jederzeit mögliche nukleare Vernichtung/Katastrophe permanent real und global existent ist, hielt die Gruppe die Montagsaktion weiterhin für gerechtfertigt.

Statt in die Auslöschung der Schöpfung zu investieren sollten gerade Gelder für geächtete Massenvernichtungswaffen besser in Katastrophen- und Klimaschutz, sowie für schnelle Hilfen an die betroffene Bevölkerung fließen.

Wir danken allen PolizistInnen und SoldatInnen und den vielen freiwilligen ZivilistInnen, die im Überschwemmungsgebiet helfen. Die Regierung MUSS Kriegsübungen beenden und die tatsächlich benötigte Menge an Fachkräften zur Hilfe schicken. Diese sind vorhanden!

Von unserer Regierung fordern wir, dass sie endlich den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnet!

Marion Küpker, Trägerin des Achener Friedenspreises 2019 für die bundesweite Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt


  1. www.buechel-atombombenfrei.de 

  2. https://www.facebook.com/wochenspiegel.mayen/posts/4881888535171505 

  3. Das ist ein Mittelwert. Genauere Angaben finden sich in der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage von Dr. Gesine Lötzsch – siehe https://dserver.bundestag.de/btp/16/16081.pdf#P.8187 – Frage 12, Seite 8187 

1 Gedanke zu „FriedensaktivistInnen sagen Blockade ab –“

  1. Von denjenigen, die auf Facebook ihre Entrüstung über die symbolische Aktion abgesondert haben, hat niemand mitgeteilt, selbst an der Ahr bei der Flutkatastrophe zu helfen. Wer solche Doppelmoral pflegt, wird durch Argumente – und seien sie noch so überzeugend – nicht zu beeinflussen sein.

Kommentare sind geschlossen.