Stellungnahme des BUND

zum „Umweltbericht im Rahmen der Strategischen Umweltprüfung – Nationales Aktionsprogramm zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat – Teilprogramm zur Verordnung zur Neuordnung der guten fachlichen Praxis beim Düngen“

Vorwort

Der BUND hat seit vielen Jahren mehrfach auf die notwendigen Verbesserungen des Düngerechts hingewiesen und kritisiert, dass die dringende Novellierung des Düngerechts so lange verschleppt wurde. Die gegenwärtig geltende Düngeverordnung weist massive Umsetzungsdefizite auf, wie der Klageschrift der EU-Kommission vom Oktober 2016 zu entnehmen ist.

Die Verpflichtungen Deutschlands, die sich aus der EU-Nitratrichtlinie, der EU-Wasser-Rahmen-Richtlinie (WRRL) und der NERC-Richtlinie ergeben, sind nur durch deutliche Verbesserungen des Düngerechts erreichbar. Die in der EU-Nitratrichtlinie formulierten Ziele zur Reinhaltung der Gewässer vor zu hohen Stickstoffeinträgen werden nicht ausreichend umgesetzt. Daher hat die EU-Kommission Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Aus der Klageschrift wird deutlich, dass die EU-Kommission davon ausgeht, dass die Novellierungsvorschläge der Dünge-Verordnung und des Dünge-Gesetzes vom Dezember 2015 ebenfalls nicht ausreichend sein werden, um die EU-Nitrat-Richtlinie einzuhalten.

Aus Sicht des BUND ist eine ambitionierte Novellierung des Düngerechts absolut unerlässlich. Der Umweltbericht im Rahmen der Strategischen Umweltprüfung unterstreicht diese Notwendigkeit. Nur so könnten Vertragsverletzungsverfahren z.B. im Bereich der WRRL und der NERC-Richtlinie vermieden werden. Da der größte Teil der Nährstoffe aus der intensiven Landwirtschaft kommt, stellt die Düngeverordnung aus Sicht es BUND das wichtigste Instrument zum Schutz der Gewässer dar. In vielen Regionen ist der Stickstoffüberschuss durch intensive Tierhaltung und Biogasanlagen deutlich angestiegen. Ein Teil der Überschüsse gelangt in das Wasser und die Luft. Dadurch werden das Grundwasser belastet, sowie Flüsse, Seen und die Nord- und Ostsee verunreinigt. Eine deutliche Verschärfung des Düngerechts ist dringend geboten, um das Trinkwasser, sowie Natur und Umwelt besser zu schützen. Zentraler Baustein muss die verbindliche Einführung der Hoftorbilanz für alle Betriebe sein. Wir verweisen auf unsere Stellungnahmen vom 22. Juni 20151 und vom 9. März 20162.

Eine geänderte Düngegesetzgebung entbehrt jedoch nicht von der Notwendigkeit, die Tierhaltungsdichte der real vorhandenen, regionalen Fläche anzupassen und die Tierhaltung wieder an die Fläche zu binden. Anstatt die Gülle überregional zu verteilen, sollte die Tierhaltung wieder an die Fläche gebunden und Freilandhaltung gefördert werden. Neben den bekannten Problemen im Bereich der Haltungsbedingungen, Bestandsbetreuung und Tierzucht, trägt die Tierdichte an einigen Standorten und Regionen dazu bei, dass die Nutztierhaltung gesellschaftlich immer weniger akzeptiert wird. Hinzu kommt, dass insbesondere in den intensiven Tierhaltungsregionen die Wasserqualität durch die hohe Nitratbelastung gefährdet wird.

Darüber hinaus könnten die Anforderungen im Bereich der NERC-Richtlinie dazu führen, dass die Tierbestände in einigen Regionen Deutschlands reduziert werden müssten. Als zusätzliches dynamisch wirkendes marktwirtschaftliches Instrument neben dem Ordnungsrecht hält der BUND eine Abgabe auf Stickstoffüberschüsse für erforderlich. Diese Abgabe gibt einen Anreiz zur Verminderung der Stickstoffdüngung und fördert indirekt den betriebseigenen Eiweißpflanzenanbau. Sie würde den organischen Dünger konkurrenzfähiger machen, und hätte auch eine steuernde Wirkung zum möglichst gleichmäßigen Verteilung der organischen Dünger.

Hoftorbilanz für alle Betriebe einführen

Ein verbindlicher Nährstoffvergleich auf Berechnungsbasis der Hoftorbilanz ist aus Sicht des BUND unverzichtbar, um die Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie mittelfristig einhalten zu können. Die Einführung der Stoffstrombilanz ab 2018 für viehintensive Betriebe, die mehr als 2.000 Mastschweine halten oder mehr als 3 GVE / Hektar haben, ist zu wenig (Kompromiss zwischen CDU/CSU und SPD von Ende Oktober 2016). Damit würden nach Einschätzung des BUND bspw. in Niedersachen über 90 Prozent aller Betriebe von der Hoftorbilanz befreit werden. Das BMEL geht davon aus, dass es in Deutschland 600 Betriebe gibt, die 2.000 und mehr Mastschweine halten3. Im Jahr 2013 wurden in Deutschland rund 11.400 Betriebe mit einem Viehbestand von mehr als drei GVE pro Hektar laut dem BMEL gezählt (teilweise Überschneidung mit den erstgenannten 600 Betrieben). Im Jahr 2015 gab es laut dem Statistischen Bundesamt 280.800 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland. Somit würden mit der vorgeschlagenen Regelung nur knapp über 4 Prozent aller Betriebe zur betrieblichen Stoffstrombilanz verpflichtet. Angesichts der gravierenden Umweltprobleme, die mit der Düngeausbringung und -lagerung einhergehen, ist das eine nicht akzeptable Regelung.

Der BUND fordert daher erneut, die sofortige Einführung einer verpflichtenden Hoftorbilanz für Stickstoff und Phosphor für alle Betriebe. Die maximal zugelassenen Nährstoffüberschüsse sollten auf 30 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr, statt der jetzt diskutierten 60 bzw. 50 Kilogramm Stickstoff, festgelegt werden.

Lagerung und Einarbeitung von Wirtschaftsdüngern

Der BUND unterstützt die Empfehlungen, die Anforderungen an die Ausbringungstechnik und Einarbeitung von organischen Düngemitteln zu verschärfen, um Nährstoffverluste zu vermindern. Die meisten Ammoniakverluste entstehen unmittelbar nach der Ausbringung. Aus Sicht des BUND müssen ausgebrachte Wirtschaftsdünger unverzüglich in den Boden eingearbeitet werden um die klimaschädigende Auswirkung der Düngemittel zu reduzieren. Eine Einarbeitungszeit von bis zu vier Stunden ist daher inakzeptabel. Der § 6 Absatz 1 (DüV) sollte so geändert werden, dass spätestens nach einer Stunde nach Beginn des Aufbringens auf unbestelltes Ackerland die Einarbeitung erfolgt. Die Sperrzeiten und Lagerkapazitäten haben sich an der Forderung der EU-Kommission von fünf bis sieben Monaten zu orientieren, um das Risiko einer Wasserverunreinigung durch Stickstoffverluste bei der Düngung zu reduzieren.

Rote Gebiete

In den besonders betroffenen so genannten „roten Gebieten“ sollte es ein einheitliches Vorgehen geben um bundesweit die Anforderungen der EU-Nitratrichtlinie und der EU-Wasser-Rahmen-Richtlinie einhalten zu können. Aus Sicht des BUND ist daher ein verpflichtender Maßnahme-Katalog für alle roten Gebiete in allen Bundesländern notwendig.

Festmist nicht benachteiligen

Die Ausbringung von festen Wirtschaftsdüngern (bspw. Festmist oder Kompost) bietet im Gegensatz zu flüssigen oder mineralischen Wirtschaftsdüngern viele Vorteile. Diese Düngung dient sowohl dem Tierschutz, dem Humusaufbau und der nachhaltigen Nährstoffversorgung der Pflanzen. Im Mist befinden sich ein hoher Anteil an organisch gebundenem Stickstoff und ein kleinerer an Nitrat und Ammonium. Durch diese Dünger werden geringere Probleme der Wasserqualität verursacht. Daher sollten Agrarbetriebe, die mit Festmist arbeiten, nicht benachteiligt werden. Festmist sollte nicht mit festen Gärrückständen gleichgesetzt werden (§5 Entwurf DüV).

Weidehaltung nicht benachteiligen

Während geschlossene Stallsysteme mit Gülle bei Durchschnittstemperaturen von 16 bis 22 Grad Celsius betrieben werden und hohe Emissionen aufweisen, emittieren Tierhaltungen im Außenklima wie Weide- bzw. Offenstallhaltung in der Regel weniger Stickstoff aufgrund der niedrigeren Durchschnittstemperaturen. Der BUND spricht sich daher gegen Verschärfungen für die Weidehaltung aus. Beispielsweise durch die Erhöhung der anzurechnenden Mindestwerte in der Anlage 2 der DüV (von vormals 25 Prozent auf 40-70 Prozent).

8.9.2016

Ansprechpartner

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (klick öffnet neues Fenster zur BUND-Seite)
Christian Rehmer
Leiter Agrarpolitik


  1. http://www.bund.net/fileadmin/bundnet/pdfs/landwirtschaft/150722_bund_landwirtschaft_duengegesetz_duengeverordnung_stellungnahme.pdf 

  2. http://www.bund.net/fileadmin/bundnet/pdfs/landwirtschaft/160309_bund_landwirtschaft_duengerecht_bundestag_anhoerung_stellungnahme.pdf 

  3. Mai 2016 Schreiben des BMEL an den BUND vom 15.11.2016