Umweltverschmutzung hat direkte Auswirkung auf die Wirtschaft

Mussenbrock & Wang, nach eigener Darstellung der  „führende Anbieter von Rekrutierungslösungen im europäisch-chinesischen Kontext“, hat in seinem Stellenportal Sinojobs eine Umfrage unter Europäern und Chinesen durchgeführt und nach den Auswirkungen der akuten Luftverschmutzung in China auf Karriere und Lebensplanung gefragt. An der Online-Befragung nahmen 2439 Nutzer des Portals teil.

Über das Ergebnis berichtet das Unternehmen auf seiner Internetseite: Fast die Hälfte (45%) der in China lebenden Europäer will wegen der Luftverschmutzung den Aufenthalt verkürzen und 13% wollen an einen anderen Ort umziehen. (42% der in China lebenden Europäer haben keine Probleme.)
Von den Europäern, die (noch) nicht in China leben, können sich 62% eine zeitlich begrenzte Tätigkeit in China vorstellen, 23% nicht (wegen der Luftverschmutzung) und 15% ist das egal.
Offenbar ist dieses Ergebnis durch die eigene Erfahrung beeinflusst.

Bei den befragten Chinesen ist das Bild ähnlich: 41% der in China lebenden plant, auszuwandern oder hat einen zeitweiligen Auslandsaufenthalt vor. Insbesondere aus den Großstädten wollen viele umziehen (40% der Befragten). Bei den restlichen 18% hat die Luftverschmutzung keine Zukunftsauswirkung.

Mussenbrock & Wang stellen fest:

„Die grundsätzliche Verunsicherung bezüglich der Schadstoffbelastungen in der Luft spüren aktuell insbesondere ausländische Unternehmen. Diese sehen sich zunehmend mit Problemen konfrontiert, Positionen in China zu besetzen. Insbesondere im Falle von jungen Kindern ist man nicht gewillt, die Gesundheit des Kindes der Karriere des Vaters oder der Mutter zu opfern.“

Die Ergebnisse der Studie stellen Mussenbrock & Wang auf ihrer Seite zum download bereit. Dort findet sich auch ein Link  zu aktuellen Feinstaubwerten in China mit Erläuterungen und weiteren Informationen, über die wir zum Online-Reiseführer und dort zur Seite Luftverschmutzung in China gelangen. Auf der Seite wird unter anderem die Problematik der verschiedenen Messmethoden diskutiert:

„Auch wenn zwischenzeitlich in einigen Städten in China die Luftverschmutzung nach PM2.5 gemessen wird, sind Chinas Feinstaubrichtlinien noch immer auf der Basis von PM10 ausgelegt. Chinas Umweltministerium bezeichnet PM10 als gerechtfertigte Grundlage, da noch immer 26 Städte die Feinstaubrichtlinien zu PM10 nicht erfüllten. Wissenschaftlich ist es jedoch erwiesen, dass es viel wichtiger ist, die PM2.5-Feinstaubdichte zu messen, da die wesentlich kleineren Teilchen tiefer in die Lunge gelangen.“

Dennoch – die PM2,5-Daten werden gemessen und aktuell angezeigt [1].

Das brachte mich auf die Frage, wie denn die Werte in Berlin sind?

Also Internetseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt und dort das BLUME-Messnetz aufgerufen und dem Wert für PM2,5 gesucht.

  • Erstes Problem: In welchem Messcontainer wird PM2,5 gemessen? Versuchen wir MC174 (Verkehrsschwerpunkt Frankfurter Allee): PM2,5 wird nicht gemessen, desgleichen an allen anderen Messstellen an Verkehrsschwerpunkten (115, 117, 124, 143, 220) – aber wo?
  • Also den Jahresbericht 2012 heruntergeladen und in der PDF-Datei PM2,5 gesucht und auf S. 17 gefunden. Dort stehen nicht nur die Jahresmittelwerte, sondern auch die verwendeten Messstellen (MC010, MC042 und MC171).
  • MC010 (Innenstadtbereich): PM2,5 wird seit 2008 gemessen, aber wie auch bei allen anderen Messungen:
    Für die einzelnen Messcontainer gibt es keine Angaben der aktuellen Messwerte. Diese finden Sie nur über den Link „Aktuelle Werte“ – doch keinen PM2,5.

Es ist auch möglich, die Tageswerte der letzten 7 Tage aufzurufen – ebenfalls ohne PM2,5., statt dessen aber unter Hinweis – Bewertung der Luftverschmutzung die Information:

„Partikel- PM10 entspricht dem Schwebstaubanteil am Gesamtschwebstaub mit aerodynamischen Partikeldurchmesser bis 10 µm. Der PM10-Staub ist für die Gesundheit relevant, da er dem Anteil der einatembaren Partikel entspricht.

 Zum Schutz der menschlichen Gesundheit beträgt der ab dem 1.1.2005 einzuhaltende, über 24 Stunden gemittelte Immissionsgrenzwert für Partikel PM10 50 µg/m³. Dieser Immissionsgrenzwert darf im Kalenderjahr bis zu 35 mal pro Messstelle überschritten werden.

Alle Angaben unter Vorbehalt. Die Messwerte unterliegen weiterhin der Qualitätskontrolle und können – falls erforderlich – korrigiert werden.“

Fazit

  1. Starke Luftverschmutzung kann sich wirtschaftlich auswirken – wenn die Menschen mehr auf ihre Gesundheit achten.
    Manch einer muss aber erst eigene Erfahrungen machen.
  2. In China werden – obwohl noch nicht in den Richtlinien berücksichtigt – die Feinstaubwerte nach PM2,5 gemessen und publiziert (sonst könnten sie wohl nicht auf der Reiseführer-Seite erscheinen).
  3. In Berlin werden die PM2,5-Werte in der Innenstadt gemessen, nicht aber an Verkehrsschwerpunkten.
    PM2,5-Werte werden nicht publiziert.
    Für die Bewertung der Luftverschmutzung wird der überholte PM10-Wert herangezogen.
  4. Der Vorbehalt der „Qualitätskontrolle aller Angaben“ ist das Gegenteil von Transparenz. Bürger, die sich dafür interessieren, haben keine Möglichkeit, die Jahresberichte nachzuvollziehen.
    Diese Art der Berichterstattung öfnnet Schönfärberei Tür und Tor.

W. Borchardt
1.8.2013


[1↑] Während ich das schreibe (17:30) beträgt die Ortszeit in Peking 23:30 und der Wert von 22:00 wird gezeigt. Aktualität 1,5 Std.